In Europa wird die Zahl der Wohnungsfertigstellungen bis 2026 nur noch bei gut 1,5 Mio. Einheiten liegen (-13 %). Deutschland ist fast Schlusslicht, Impulse sind nicht zu erwarten: Die Wohnungsfertigstellungen nehmen bis 2026 immer weiter ab. Dies zeigen Prognosen der Forschergruppe Euroconstruct, der das ifo Institut angehört. „Vor allem wegen der stark gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten ist der Wohnungsneubau in Deutschland oftmals nicht mehr möglich. Die Politik hat die Rahmenbedingungen bislang nicht entscheidend verbessert“, sagt ifo-Bauexperte Ludwig Dorffmeister. „Der im Zuge dessen erfolgte Rückgang der Genehmigungszahlen verheißt nichts Gutes für die kommenden Jahre.“
In den meisten der 19 Euroconstruct-Länder kühlt sich das Wohnungsbauklima weiter ab. Vor Deutschland gibt die Fertigstellungszahl bis 2026 in Schweden am stärksten nach, minus 47 % im Vergleich zu 2023. Auf den weiteren Plätzen folgen Frankreich (minus 22) und Dänemark (minus 19). „Die Bauexperten berichten insbesondere über die verteuerte Kreditaufnahme und die geschrumpften finanziellen Spielräume der Privathaushalte“, sagt Dorffmeister. Der vielerorts eigentlich ausgeprägte Bedarf zusätzlicher Wohnungen gerät dabei erst einmal in den Hintergrund. Gleichwohl kommen aus Irland (plus 16 Prozent), Slowakei (plus 14) und Großbritannien (plus 12) positive Signale.
Insgesamt werden in Europa die Investitionen in neue Wohngebäude 2026 um 6,4 % niedriger ausfallen als 2023. Die Aufwendungen für Instandhaltung und Wohnungssanierungen sinken bis 2026 lediglich um 1,2 %.
Im Gegensatz dazu wird der europäische Tiefbau bis 2026 voraussichtlich um insgesamt 7,5 % wachsen.
Ludwig Dorffmeister analysiert die Euroconstruct-Zahlen: „Die rückläufige Entwicklung des europäischen Bausektors in den Jahren 2023 und 2024 ist ausschließlich auf den Wohnungsbau zurückzuführen. Dieses Bausegment dürfte im vergangenen Jahr um knapp 5 % (Prognose im Sommer 2023: –3,6 %) geschrumpft sein. 2024 ist zudem mit einem Rückgang um 5,4 % (3,2 %) zu rechnen.
Zwar dürfte der Wohnungsbau 2025 wieder ins Plus drehen, mit einem prognostizierten Anstieg von 0,9 % und einem Anstieg um 1,3 % im Folgejahr fällt die mittelfristige Belebung aber nur dürftig aus. Nach den Berechnungen der Bauexperten ist das Wohnungsbauvolumen 2023 in 16 der 19 Mitgliedsländern gesunken. 2025 werden voraussichtlich nur noch Deutschland, Österreich und Italien rückläufige Wohnungsbauaktivitäten aufweisen. In den beiden zuerst genannten Ländern wird aber zumindest der Bestandssektor (weiter) expandieren. Im Jahr 2026 dürfte der Umfang der Wohnungsbauleistungen nur noch in den beiden Ländern Deutschland und Italien zurückgehen, wobei die Einbußen moderat bis gering ausfallen werden.
Tatsächlich hält sich der europäische Markt für Wohnungssanierungen deutlich besser als der Blick auf das Gesamtgebiet vermuten würde – 2024 werden nur drei Ländermärkte ein Minus aufweisen. Daran dürfte auch die in den vergangenen Jahren erheblich erweiterte öffentliche Förderung einen wesentlichen Anteil haben. Daneben wird allerdings auch zunehmender Druck auf die Eigentümer ausgeübt, indem die energetischen Anforderungen kontinuierlich erhöht werden. Im Extremfall wird sogar die weitere Nutzung von schlecht isolierten Wohneinheiten verboten. So regelt etwa in Frankreich das sog. Klima- und Resilienzgesetz („Loi climat et résilience“), dass Wohnungen der Energieeffizienzklassen F und G bis 2028 schrittweise nicht mehr vermietet werden dürfen.“
Ludwig Dorffmeister mit Blick auf Deutschland: „Der im Zuge dessen erfolgte drastische Rückgang der Genehmigungszahlen verheißt nichts Gutes für die kommenden Jahre. 2026 könnten nur noch 2,1 Wohnungen pro 1 000 Einwohner fertiggestellt werden (2023: 3,2 WE). Weniger waren es zuletzt im Jahr 2010 als auch die Bevölkerungszahl ein gutes Stück niedriger lag. Der Durchschnittswert für das gesamte Euroconstruct-Gebiet dürfte zwischen 2023 und 2026 von 3,7 auf 3,2 Fertigstellungen pro 1000 Einwohner sinken.“
Aufsatz: „Europäische Baukonjunktur verliert 2024 weiter an Dynamik – Ausgewählte Ergebnisse der EUROCONSTRUCT-Winterkonferenz 2023“ von Ludwig Dorffmeister, in: ifo Schnelldienst 2/2024
https://www.ifo.de/publikationen/2024/aufsatz-zeitschrift/europaeische-baukonjunktur-verliert-2024-weiter-dynamik