GW – Herr Grönegräs, wer ist bei einer Glasfassade bzw. bei einem Bauprojekt verantwortlich für die Berücksichtigung des Vogelschutzes im Planungsprozess, und wie ist das rechtlich geregelt?
Grönegräs – Es liegt in der Verantwortung des Bauherren, über ein Planungsbüro auch einen Fachplaner/Vogelschutz-Gutachter einzuschalten. In einem idealen Planungsablauf werden von diesem bereits konkrete Glasaufbauten für den Vogelschutz gefordert. Je weniger konkret diese Vorgaben des Fachplaners sind, desto unsicherer wird es, ob der geforderte Erfolg erzielt wird. Bundesweit gilt das Tötungsverbot nach § 44 Bundesnaturschutzgesetz. Diese Paragraf verbietet die Tötung besonders geschützter Arten, und zu denen gehören alle in Europa vorkommenden Vogelarten.

Matthias Rehberger
GW – Was heißt das im Detail?
Grönegräs – Nach allgemeiner Rechtsprechung wird gegen dieses Gebot verstoßen, wenn ein sogenanntes „signifikant erhöhtes Tötungsrisiko“ vorliegt. Zuständig für die fachliche Bewertung, ob das der Fall ist, sind die jeweiligen Naturschutzbehörden. Die orientieren sich in der Regel an einem eingeführten Bewertungsverfahren der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten, das in deren Beschluss 21/01 niedergeschrieben ist. Damit werden Gebäudeteile nach einem Punkteschema eingestuft. Das kann dann auch für verschiedene Flächen des selben Gebäudes zu verschiedenen Anforderungen führen.
GW – Muss denn jedes Vogelschutzglas einzeln getestet werden, wenn ja, warum?
Grönegräs – Normiert ist das wie gesagt nicht, aber in der Praxis werden die Tests von den Behörden als Nachweis verlangt, und das wird in Zukunft nach dem hessischen Gesetz sicher noch zunehmen. Als Bundesverband Flachglas sehen wir das so, dass ein anerkannter Nachweis vorgelegt werden muss, um das Produkt als „Vogelschutzglas“ zu vermarkten.
Für die Hersteller in Deutschland und Europa ist es natürlich keine sehr glückliche Situation, dass Prüfungen hier nur von Hohenau angeboten werden. In den letzten Monaten sind ja etliche Hersteller mit neuen Produkten auf den Markt gekommen, und schon jetzt sind Termine für die Prüfung eines neuen Produkts dort nur mit teilweise mehrjährigen Vorlaufzeiten zu bekommen. Wobei die Biologische Station Hohenau-Ringelsdorf zu dieser Situation nichts kann, das will ich ausdrücklich sagen. Für die Kapazität so eines Prüftunnels gibt es ja natürliche Begrenzungen z. B. durch die Jahreszeit.
Das Interview führte Matthias Rehberger
Auch spannend
Den 1. Teil des Beitrags mit Antworten zu den rechtlichen Bestimmungen zu Vogelschutzglas finden Sie hier.
Den 2. Teil des Beitrags mit Antworten zu den relevanten Tests und den Test-Stellen finden Sie hier.

boraident