Ein Zweifamilienhaus steht kurz vor der Fertigstellung. Der Bauherr hat den Architekten lediglich für die Basisplanung der Leistungsphasen 1 bis 4 beauftragt. Die detailreiche Ausführungsplanung? Fehlanzeige. Nun soll der Fensterbauer die Fenster einbauen – doch ihm fehlen wichtige Angaben zu Befestigung, Abdichtung und Materialanschlüssen. Ohne die nötigen Details bleibt ihm keine Wahl, als die Planungslücken eigenständig zu füllen, was ihn unfreiwillig in die Rolle des Planers drängt. Das Risiko? Hoch. Denn die Verantwortung für die Ausführungsfehler trägt der Fensterbauer selbst – oft ohne Versicherungsschutz. Ein Szenario, das nicht nur Zeit, sondern auch Geld kostet und in der Branche immer häufiger auftritt.
Aus Gründen der Kostenminimierung werden Architekten im privaten Wohnungsbau oftmals nur mit den Leistungsphasen 1 bis 4 der HOAI beauftragt. Das bedeutet, dass nach HOAI lediglich ein bewilligungsfähiger Bauantrag erstellt wird. Dieser enthält eine Planung im Maßstab 1:100, Grundrisse, Ansichten und Gebäudeschnitte, jedoch ohne jegliche Detailplanung. Die Beauftragung der Leistungsphasen 5 bis 9, welche Ausführungsplanung und Bauabwicklung umfassen, erfolgt nicht oder nur in stark reduzierter Form. In der Praxis bedeutet dies, dass beispielsweise Fenster lediglich im Maßstab 1:50 mit allen optischen Details dargestellt werden. Technische Details wie Anschlüsse, verbaute Materialien oder statische und abdichtende Funktionen fehlen jedoch. Diese unvollständige Planung erhält der Fensterbauer dann zur Erstellung eines Angebots.
Fehlende Details und ihre Folgen
Der Klassiker also: Es fehlen Angaben zur Befestigung, Abdichtung, zu Profilen, Rollläden, Fensterbankanschlüssen und mehr. Was bedeutet das für den Handwerker? Er überprüft die Maße vor Ort und bietet Fensterelemente inklusive Anschluss und Abdichtung an. Beim Einbau gewährleistet er eine einwandfreie Befestigung und Abdichtung, sowohl für Schlagregendichtheit als auch – falls erforderlich – für den Anschluss bodentiefer Elemente gegen stehendes oder drückendes Wasser.
Häufig werden zudem Detailzeichnungen geliefert, ohne dass die Bausubstanz bekannt oder überprüft wurde. Um den Auftrag zu erhalten, muss der Handwerker oft eigenständig planen und schuldet somit den Erfolg. Damit wird er auch zum Verantwortlichen für eine möglicherweise mangelhafte Planung, die seine Betriebshaftpflichtversicherung oft nicht abdeckt.
Aspekte der Planung, die Fensterbauer beachten müssen:
In der Praxis sind diese Anschlüsse häufig unzureichend geplant. Es wird ohne umfassende Kenntnis der Nachfolgegewerke improvisiert. Detaillierte Ausführungspläne könnten die Zuständigkeit und Verantwortung klar definieren und dazu beitragen, dass Mängel seltener auftreten.
In der Regel ist der Fensterbauer für den Einbau und die Abdichtung des Fensters selbst verantwortlich. Dies umfasst die Abdichtung zwischen Fensterrahmen und Mauerwerk, die Fassade sowie den Fußpunkt – erst recht, wenn ihm die Planung des Fenstereinbaus und die Ausschreibung übertragen wurden.
Fatale Folgen für die Haftung
Dies alles kann schwerwiegende Folgen haben: Die meisten Betriebshaftpflichtversicherungen haften in solchen Konstellationen möglicherweise nicht mehr für Schäden an Dritten. Die daraus resultierenden Kosten bleiben dann am Fensterbauer hängen. Falls die Ausführungsplanung für das eigene Gewerk übernommen werden muss, sollte der Auftraggeber eine Entlastung von der Haftung für Drittschäden gewähren. Bislang kommt es häufig vor, dass Planungsleistungen ohne Vergütung erbracht werden und der Fensterbauer zusätzlich für Drittschäden haften muss.
Hier muss klar kommuniziert werden, dass andere Regelungen getroffen werden müssen. Was sagt die HOAI eigentlich dazu?
Proaktive Kommunikation schützt
Wenn ein Architekt oder Sonderplaner vorgeschaltet ist, empfiehlt es sich, beim Kunden den Leistungsumfang hinsichtlich eines HOAI-Vertrags zu klären. Falls der Architekt für die Leistungsphase 5 beauftragt wurde, ist er verpflichtet, dem Fensterbauer Folgendes vorzulegen:
Ausführliche Unterlagen einfordern
Der „Copy & Paste“-Fall aus den 70er Jahren, mit falsch zitierten Normen und Schlagworten wie „Fenster nach Rosenheimer Richtlinien“, sollte von verantwortungsbewussten Auftragnehmern an den Ausschreibenden zurückgesendet werden. Die Bitte um detaillierte Unterlagen im Rahmen der Leistungsphase ist berechtigt und notwendig, um ein qualifiziertes Angebot erstellen zu können.
Wenn der Schadenfall eintrifft
Im Schadenfall fordert der Sachverständige in der Regel die gesamte Werk- und Montageplanung, die Ausschreibung und sämtliche technische Dokumentationen an. Dies umfasst oft auch ein Bautagebuch des bauleitenden Architekten, um ein vollständiges Bild der Ursachen zu erhalten. In Beweisbeschlüssen wird oft gefragt: „Worauf sind die festgestellten Mangel- und Schadhaftigkeiten zurückzuführen und was kostet es, diese zu beheben? Wer ist aus technischer Sicht des Sachverständigen für die Mängel und Schäden verantwortlich?“
Es gilt der Grundsatz: „Wer schreibt, der bleibt.“ Eine Bedenkenanmeldung, ein Hinweis, eine Information, jedes Gesprächsprotokoll und jede Telefonnotiz können im Ernstfall von großem Nutzen sein.