_ Die Befragung von Kunden nach ihrer Zufriedenheit mit einem Produkt oder einer Leistung ist für viele Unternehmen heute ein Standardinstrument im Management.
Fragen wie:
- Waren die Kunden mit unserer Leistung zufrieden?
- Wo gab es Schwächen und was lief gut?
- Werden sich die Kunden wieder für uns entscheiden, werden sie uns weiterempfehlen oder schlecht über uns sprechen?
sind dabei zentrale Themen, welche die Erhebungen abklären sollen. Denn mittlerweile sind sich Wissenschaft und Praxis einig, dass die Zufriedenheit der Kunden ein zentraler Erfolgsfaktor für die positive Unternehmensentwicklung ist (den Wirkungszusammenhang fasst Abbildung 1 zusammen).
Dennoch wird die Möglichkeit, von den Kunden ein direktes Feedback abzuholen, in deutschen Unternehmen sehr unterschiedlich genutzt. In den meisten großen Unternehmen und Konzernen sind regelmäßige Kundenbefragungen fest verankert. Auf Basis der Ergebnisse werden dann systematisch Verbesserungsstrategien erarbeitet und – meist nicht ganz so systematisch – umgesetzt. Aber es finden sich auch Unternehmen, die Kundenbefragungen vorwiegend deshalb durchführen, weil Qualitätsnormen oder Gesetze sie dazu verpflichten. Hier wird einiges an Verbesserungspotenzial verschenkt.
Wie sieht aber die Situation in kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) aus? Hier gibt es viele Firmen, die auf die Befragung der Kunden verzichten. Häufig ist sich die Unternehmensführung sicher, die Kundenwünsche und -bewertungen sehr genau zu kennen. Aber ist dies wirklich der Fall?
Tatsächlich ist zu beobachten, dass die Unternehmensleitung keinen direkten Kundenkontakt mehr hält, sondern vielmehr – bewusst oder unbewusst – gefilterte Informationen von ihren Mitarbeitern erhält (siehe Abbildung 2). Hinzukommende Informationen aus Beschwerden und Reklamationen vermitteln dann das trügerische Gefühl von Sicherheit, die Kunden ausreichend gut einschätzen zu können. Hier kann eine direkte Kundenbefragung ein realistischeres Bild vermitteln.
Es werden aber auch andere Gründe gegen den Einsatz von Befragungen in KMU aufgeführt. Neben dem Aufwand, den eine Befragung bedeutet, ist dies häufig die Angst vor einer hohen Transparenz (von Seiten der Mitarbeiter aber auch der Geschäftsführung) sowie die Erfahrung, dass eine Befragung allein noch keine Verbesserung bedeutet.
Erst wenn die Ergebnisse in einen Kommunikations- und Verbesserungsprozess Eingang finden, können sie ihr Potenzial entfalten. Wichtig ist hierbei nicht nur die Analyse der Ergebnisse, sondern auch das Nachhalten der Maßnahmen samt einer Erfolgsbewertung. Diese kann ebenfalls eine Kundenbefragung liefern, nämlich dann, wenn sie nach einem definierten Zyklus wiederholt wird.
Eine noch weitergehende Steuerung kann eine kontinuierlich durchgeführte Kundenbefragung ermöglichen. Hier werden Kunden nach definierten Ereignissen, z. B. dem Abschluss eines Auftrages oder der Bearbeitung einer Anfrage, zeitnah befragt. Dies bedeutet, es werden laufend Kundenbewertungen erhoben, sodass veränderte Abläufe oder Leistungen sehr schnell aus Kundensicht bewertet werden.
Sollten Sie jetzt der Meinung sein, dass sich ein kleines Unternehmen eine solche Befragung nicht leisten kann, lesen Sie doch bitte das nachfolgende Interview mit Dr. Frank Walter von der Hans Walter & Sohn GmbH. Das Unternehmen fertigt mit seinen ca. 40 Mitarbeitern seit 1937 Fenster und Haustüren am Standort Kassel und führt seit Beginn des Jahres 2016 gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut M+M Management + Marketing Consulting GmbH eine kontinuierliche Kundenbefragung durch, bei der eine Stichprobe an gewerblichen und privaten Kunden ca. 3 bis 4 Wochen nach Rechnungsstellung telefonisch befragt wird.
Inhaltlich geht es dabei um eine Bewertung der gesamten Auftragsabwicklung – von der Beratungs- und Angebotsphase über die Abwicklung des Auftrages bis hin zur Rechnungsstellung. Abschließend werden die Kunden um eine zusammenfassende Gesamtbewertung gebeten.
Zum Thema Kundenbefragung haben wir mit einem der Geschäftsführer von Walter Fenster + Türen, Dr. Frank Walter gesprochen:
GLASWELT – Was war der Auslöser für Ihre Kundenbefragung?
Dr. Frank Walter – In den letzten 10 Jahren haben wir zwei bis dreimal mit der Unterstützung studentischer Hilfskräfte Kundenbefragungen in Eigenregie durchgeführt. Das Problem war aber, dass dies nur sehr sporadisch geschah und es keine Kontinuität gab, sodass eine Betrachtung der Entwicklung über einen längeren Zeitraum nicht möglich war. Anlass für die nun stattfindende, kontinuierliche Kundenbefragung war ein Workshop mit Frau Anne Maertins von der TU Dresden und Herrn Steffen Silbermann von M+M im Rahmen des Forschungsprojektes WertQM (Anm. d. Red.: Über diesen Workshop hat die GLASWELT in Heft 11/2015 berichtet).
GLASWELT – Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrer Kundenbefragung?
Dr. Walter – Vor allem wollen wir Stärken und Schwächen in der Kundenbeziehung erkennen. So können wir Optimierungspunkte aus Kundensicht erkennen und die Kundenzufriedenheit langfristig erhöhen. Ebenfalls wichtig ist es zu erkennen, was bisher übersehen wurde und in welche Aspekte zu viel Kraft investiert wurde.
GLASWELT – Was konnten Sie aus den Ergebnissen bereits herausziehen?
Dr. Walter – War es in der Vergangenheit häufig nur ein Bauchgefühl, wie zufrieden der Kunde ist, so verfügen wir nun durch die Befragung über Zahlen, Daten und Fakten. Auch sind die Mitarbeiter durch die Befragung sehr aufmerksam geworden bezogen auf kundenseitig genannte Probleme und Störgefühle. Anders als erwartet, konnte man aus den ersten Ergebnissen der Kundenbefragung viel Positives herausziehen, vor allem viel Lob an die Mitarbeiter. Darauf wollen wir uns aber nicht ausruhen.
GLASWELT – Wie offen kommunizieren Sie die Ergebnisse an Ihre Mitarbeiter und Kunden?
Dr. Walter – Die Kommunikation der Ergebnisse verläuft sehr offen, wobei darauf geachtet wird, dass die Anonymität von Mitarbeitern immer gewahrt bleibt. Die Kommunikation erfolgt über eine Präsentation der Befragungsergebnisse durch die Geschäftsleitung. Hier ist es wichtig, dass die Ergebnisse nicht kommentarlos in die Fläche gestreut werden. Insgesamt wird das Kundenfeedback von unseren Mitarbeitern sehr positiv aufgenommen und negative Bemerkungen sind ein Ansporn, zukünftig noch besser zu werden.
GLASWELT – Inwiefern profitieren Ihre Mitarbeiter und Ihre Kunden von den Ergebnissen?
Dr. Walter – Wir verstehen uns als Dienstleister, da unsere Leistungen überwiegend direkt durch unsere Mitarbeiter erbracht werden. Daher ist es sehr wichtig, durch den Kunden ein Feedback über das Auftreten der Mitarbeiter, deren Kompetenz und Hilfsbereitschaft sowie ihrer Performance insgesamt zu erhalten. Denn hierzu fehlen uns bisher die Informationen.
Gab es anfänglich vielleicht noch gewisse Befürchtungen vor den Ergebnissen, so ist dies einer verstärkten Motivation gewichen, die Kundenzufriedenheit zukünftig noch zu steigern. Auch der Abschluss eines Projektes wird durch die Kundenbefragung wesentlich runder, das heißt kundenorientierter, da man zwei bis drei Wochen nach Rechnungslegung durch die Befragung nochmals Kontakt mit dem Kunden aufnimmt um zu erfahren, ob noch offene Punkte bestehen bzw. ob alles zur Zufriedenheit ausgeführt wurde.
GLASWELT – Wie gehen Sie im Hause mit den Ergebnissen der Kundenbefragung um?
Dr. Walter – Schwachstellen werden in der Kundenbeziehung erkannt, es erfolgt eine zeitnahe Reaktion, aber auch der Anstoß zu Überlegungen, wie man Kundenprobleme mittel- und langfristig besser lösen kann. So fragen wir uns beispielsweise, ob wir die richtigen Ziele verfolgen und wo Mitarbeiter weiterqualifiziert werden müssen.
GLASWELT – Gab es Überraschendes aus den Ergebnissen der bisherigen Befragungen?
Dr. Walter – Schon nach den ersten Interviews wurde deutlich, dass die Termintreue eine sehr hohe Bedeutung für die Kunden hat. Das ist eine echte Aufgabe für unser kleines Unternehmen. Die neu gewonnene Transparenz hat letztendlich dazu geführt, die Terminplanung insgesamt zu überdenken und neu zu strukturieren. Die Befragung war hierfür ein wichtiger Verstärker, sich diesem Problem zu stellen.
GLASWELT – Konnten Sie bereits unzufriedene Kunden umstimmen?
Dr. Walter – Die kontinuierliche Befragung dient uns auch als Instrument eines aktiven Beschwerdemanagements. Durch gezielt eingeholtes Kundenfeedback sind wir auf Vorfälle gestoßen, wo eine sofortige Reaktion das Kundenproblem lösen konnte. So konnten wir mehrfach unzufriedene Kunden begeistern und umstimmen. Im Übrigen erhöht eine negative Rückmeldung auch die Motivation des Chefs, selbst den Hörer in die Hand zu nehmen und eine Lösung zu finden.
GLASWELT – Wie beurteilen Sie den Aufwand der Befragung im Verhältnis zum Nutzen?
Dr. Walter – Ich hatte den zeitlichen und monetären Aufwand bisher deutlich überschätzt. Der interne Aufwand für die regelmäßige Stichprobenziehung ist durch eine einfache Excellösung überschaubar. Insgesamt haben wir durch die externe Begleitung endlich eine kontinuierliche Lösung. So haben wir dann doch den richtigen Dienstleister gefunden.
GLASWELT – Wie beurteilen Sie die telefonische Befragung im Verhältnis zu anderen Befragungsarten wie schriftlich oder online?
Dr. Walter – Man sieht bei der telefonischen Befragung klar den Vorteil einer wesentlich höheren Teilnahmequote. Die Bereitschaft zur Teilnahme ist sehr positiv. Ich habe das Gefühl, der Kunde fühlt sich wertgeschätzt. —
Vorteile der Kundenzufriedenheitsbefragung
- Durch das Kundenfeedback direkt nach der Auftragsabwicklung ist man permanent mit dem Ohr am Kunden und kann so schnell auf Vorschläge, Wünsche oder besondere Bedürfnisse reagieren.
- Die Mitarbeiter werden mit der direkten Konfrontation von Kundenaussagen noch stärker für das Thema Kundenzufriedenheit sensibilisiert, weil sie zeitnah ein Kundenfeedback zu ihren Leistungen erhalten und gegebenenfalls in den Dialog mit dem Kunden treten können.
- Nach jeder Auftragsabwicklung ergibt sich die Chance zu zeigen, dass das Unternehmen Kundenzufriedenheit ernst nimmt und Kundenfeedback für die Weiterentwicklung der Kundenbeziehung von hoher Bedeutung ist.
Vorteile für den Kunden:
- Der Kunde bekommt eine strukturierte Möglichkeit sein Feedback zu äußern, positiv wie negativ.
- Mit einer kurzen und freiwilligen Befragung wird der Kunde nicht unnötig belastet.
- Der Kunde fühlt sich wertgeschätzt und ernst genommen. Beides dient der Verbesserung der Kundenbeziehungen, sowohl bei Stammkunden als auch bei Neukunden.
Autoren
Dipl.-Kfm. Steffen Silbermann ist Senior-Berater bei M+M Management + Marketing Consulting GmbH in Kassel.
Dipl. Oec. Frank Opitz ist Berater der Marktforschung, M+M Management + Marketing Consulting GmbH.