In § 85a Abs. 2 MBO werden detaillierte Vorgaben gemacht, zu welchen bauaufsichtlichen Anforderungen Konkretisierungen vorgenommen werden können. Die Konkretisierungen können durch Bezugnahme auf technische Regeln und deren Fundstellen oder auf andere Weise erfolgen, insbesondere in Bezug auf die Planung, Bemessung und Ausführung baulicher Anlagen und ihrer Teile; Merkmale und Leistungen von Bauprodukten in bestimmten baulichen Anlagen oder ihren Teilen, und Verfahren für die Feststellung der Leistung eines Bauproduktes, das nicht das CE-Zeichen nach Bauproduktenverordnung trägt.
Das betrifft auch zulässige und unzulässige besondere Verwendungszwecke für Bauprodukte, die Festlegungen von Klassen und Stufen, die Bauprodukte für bestimmte Verwendungszwecke aufweisen sollen, sowie Voraussetzungen für die Abgabe der Übereinstimmungserklärung für nicht harmonisierte Produkte.
Angaben zu nicht harmonisierten Bauprodukten sowie zu Bauarten, die eines allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses bedürfen sind dort genauso geregelt, wie Art, Inhalt und Form der technischen Dokumentation.
Das Deutsche Institut für Bautechnik macht nach Anhörung der beteiligten Kreise im Einvernehmen mit den obersten Bauaufsichtsbehörden die Technischen Baubestimmungen als Muster-Verwaltungsvorschrift bekannt. Für eine unmittelbare Geltung in dem jeweiligen Land ist die öffentliche Bekanntmachung der Verwaltungsvorschrift erforderlich.
Was sind Pergolen?
Folgt man z. B. den Regelungen der Stadt Duisburg, ist der Begriff Pergola in der Landesbauordnung nicht definiert, wird dort aber benutzt. Der Begriff steht in der Aufzählung der genehmigungsfreien baulichen Anlagen, die der Gartengestaltung oder der zweckentsprechenden Einrichtung von Gärten dienen. Eine Pergola ist in Duisburg damit ein nach oben offener Laubengang, der zum Ranken von Pflanzen dient.
Von einer Pergola kann nicht mehr die Rede sein, wenn sie mit einer Bedachung ausgeführt ist. Dann ist diese bauliche Anlage mit Bedachung baurechtlich ein Gebäude. Wird eine solche bauliche Anlage mit Bedachung an ein Haus angebaut (z. B. auf einer Terrasse), dann ist sie baurechtlich als Anbau (wie z. B. die Terrassenüberdachung) zu behandeln und bildet mit dem Hauptgebäude eine bauliche und funktionale Einheit. Eine solche Anlage unterliegt damit baurechtlich einer einheitlichen Betrachtungsweise und ist wie eine Änderung des Hauptgebäudes zu beurteilen. Pergolen, die der Gartengestaltung dienen, gelten im Sinne des Planungsrechts als Nebenanlagen. Pergolen im Sinne der DIN EN 12216 (Terminologie) stimmen hier also nicht mit den Ansichten von Bauämtern überein.
Entsprechende Bauvorlagen für die Errichtung von Terrassenüberdachungen (Lamellendächer und Pergolen) müssen also von einer bauvorlageberechtigten Person durch Unterschrift anerkannt werden. Welche Personen bauvorlageberechtigt sind, ist in der Landesbauordnung geregelt. Dieses sind im Regelfall Architekten und Bauingenieure.
Wo sind Pergolen geregelt?
Bauwerke wie Pergolen sind im Kapitel A 1 – Mechanische Festigkeit und Standsicherheit – definiert. Es beinhaltet die Eurocodes zu den Grundlagen für die Tragwerksplanung, zu den Einwirkungen auf Bauwerke sowie zur Bemessung. Aus deren Anwendung ergibt sich, welche Merkmale und konkreten Leistungen die verwendeten Produkte am Bauwerk zur Erfüllung der bauwerksbezogenen Anforderungen ausweisen müssen.
DIN EN 1991-1-3 in Verbindung mit DIN EN 1991-1-3/A1 und DIN EN 1991-1-3/NA muss beachtet werden. Sie enthält Grundsätze und Regeln für die Bestimmung der Werte für Schneelasten, die zur Tragwerksbemessung und -berechnung von Hoch- und Ingenieurbauten zu verwenden sind. Hinsichtlich der Zuordnung der Schneelastzonen nach Verwaltungsgrenzen wird auf die Tabelle „Zuordnung der Schneelastzonen nach Verwaltungsgrenzen“ hingewiesen.
Die Einwirkungen von Wind werden über DIN EN 1991-1-4:2010-12 (Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 1-4: Allgemeine Einwirkungen – Windlasten) geregelt. Auch muss die Zuordnung der Windzonen nach Verwaltungsgrenzen der Länder auf die Tabelle „Zuordnung der Windzonen nach Verwaltungsgrenzen der Länder“ beachtet werden.
Ausnahmen von der Regel
Laut Anlage A 1.2.2/1 Ermangelung einer allgemein anerkannten Regel der Technik ist für die Planung, Bemessung und Ausführung von Gabionen mit einer ETA (nach ETAG/CUAP/EAD) ein Nachweis gemäß § 16a MBO2 erforderlich. Bei der Verwendung von Erdankern ist für die Planung, Bemessung und Ausführung in Ermangelung einer allgemein anerkannten Regel der Technik Vorsicht geboten, da diese spezielle Form des Fundamentersatzes nicht eindeutig geregelt ist.
Kein Verwendbarkeitsnachweis erforderlich?
Gemäß § 17 Abs. 3 MBO enthält die Verwaltungsvorschrift eine nicht abschließende Liste von Bauprodukten, die keines Verwendbarkeitsnachweises bedürfen (§ 85a Abs. 4 MBO1). Diese Liste soll den am Bau Beteiligten zur Klarstellung dienen. Einerseits werden in diese Liste Bauprodukte aufgenommen, für die es allgemein anerkannte Regeln der Technik zwar gibt und an die die Bauordnung auch Anforderungen nach § 3 MBO stellt, aber dennoch auf Verwendbarkeitsnachweise verzichtet wird (ehemals „sonstige Bauprodukte“). Eine Verwendbarkeit der Bauprodukte i. S. d. § 16b MBO muss damit materiell zwar vorliegen, jedoch ist diese nach Bauordnungsrecht nicht nachzuweisen. Lamellendächer und Pergolen sind hier eindeutig nicht erfasst.
Teilweise Auszüge aus den Amtlichen Mitteilungen des DIBt (Ausgabe 2 / 17. April 2023)
Wer nicht hören will, muss fühlen …
Am Ende haben alle Diskussionen kurze Beine, wenn Prüfer der Behörden am Einbauort von Pergolen & Co. auftauchen, und entsprechende Unterlagen zur Standsicherheit etc. einfordern. Spätestens hier wird sich zeigen, was das System kann, oder eben auch nicht. Wenn dann keine funktionierende Statik nachgewiesen werden kann, droht Rückbau. Das muss nicht sein, wenn man vorher seine Hausaufgaben gemacht hat.Foto: GLASWELT