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DIBt und Marktüberwachungen mit klaren Ansagen an die R+S Branche

Hugh! Wir haben gesprochen

Die in der VO (EU) 2019/1188 getroffenen Regularien überschreiben die harmonisierte Norm EN 13561:2004+A1: 2008, die dann so gelesen wird, als wäre sie von vornherein mit diesen Regularien veröffentlicht worden.

Foto: EU

Die in der VO (EU) 2019/1188 getroffenen Regularien überschreiben die harmonisierte Norm EN 13561:2004+A1: 2008, die dann so gelesen wird, als wäre sie von vornherein mit diesen Regularien veröffentlicht worden.
Die Windwiderstandsklassen der Markisen mussten eigentlich schon seit dem 1. August 2019 von den Herstellern angepasst werden, die bisherige Klasse 3 ist entfallen. Jetzt ist aufgrund der Marktaufsicht Eile geboten.

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Die Windwiderstandsklassen der Markisen mussten eigentlich schon seit dem 1. August 2019 von den Herstellern angepasst werden, die bisherige Klasse 3 ist entfallen. Jetzt ist aufgrund der Marktaufsicht Eile geboten.

Solche Regelungen finden sich z.B. mit den europaweit geltenden Produktanforderungen in harmonisierten Normen und Verordnungen. Diese bewirken bei Einhaltung der Anforderungen (Konformität), dass der Verkauf dieser Produkte innerhalb Europas weder durch Zölle noch durch sonstige Maßnahmen beschränkt werden darf. Beim Bestreben, sich im harten Verdrängungswettbewerb einen Vorteil zu verschaffen, wäre unlauteren Wirtschaftsakteuren aber Tür und Tor geöffnet, wenn es keine entsprechende Kontrolle im Rahmen der Marktüberwachung gäbe, die die Einhaltung der Vorschriften notfalls mit staatlichen Maßnahmen durchsetzt. Dass es sich bei der Durchsetzung der Vorschriften jedoch nicht nur um Wirtschaftsinteressen handelt, erkennt man an den in den verschiedenen Vorschriften formulierten Schutzzielen. Sie unterscheiden sich z.b. in der Festlegung von Anforderungen zum Gesundheitsschutz, zur Produktsicherheit oder zum Umweltschutz.

Definiertes Prüfziel Markisen

Im Jahr 2022 waren deshalb deutschlandweit Hersteller von Gelenkarmmarkisen im Fokus der Marktüberwachung. Hier wurde eine Vielzahl der Hersteller auf die Richtigkeit der CE-Zertifizierungen (incl. Leistungserklärungen und Konformitätserklärungen) sowie der CE-Zeichen auf den Produkten geprüft. Markisen sind nach EN 13561 : 2004+A1 : 2008 (im Amtsblatt 2018/C 092/06 veröffentlicht) harmonisierte Bauprodukte. In Leistungserklärung und hinter der CE-Kennzeichnung ist deshalb auf diese Normfassung Bezug zu nehmen. Mit der delegierten Verordnung (EU) 2019/1188 (VO) der Kommission vom 14.03.2019 wurde die Verordnung (EU) Nr. 305/2011 (EU-Bauproduktenverordnung – EU-BauPVO) durch die Festlegung von Leistungsklassen in Bezug auf den Widerstand gegenüber Windlasten für Außenjalousien und Markisen ergänzt. Diese VO gilt damit unmittelbar in jedem Mitgliedsstaat und überschreibt die Windwiderstandsklassen der EN 13561 : 2004+A1 : 2008.

Übergangsfristen? Es gibt keine!

Eine Übergangsfrist existiert mit Inkrafttreten der delegierten Verordnung nicht, diese ist am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung (12.07.2019) im Amtsblatt der Europäischen Union am 1. August 2019 in Kraft getreten. Der Entwurf der delegierten Verordnung wurde in der Sitzung der Beratungsgruppe für Bauprodukte am 14. Juni 2016 erörtert und zwischen dem 31. Mai und dem 28. Juni 2016 auch Experten zur schriftlichen Konsultation vorgelegt. Zudem wurde diese vom 31. Oktober 2018 bis zum 28. November 2018 auf dem Portal „Bessere Rechtsetzung“ veröffentlicht, sodass die Öffentlichkeit sich dazu äußern konnte. Die Windwiderstandsklassen der Markisen in Tabelle 3 müssen somit sofort von den Herstellern angepasst werden müssen, die bisherige Windwiderstandsklasse 3 entfällt.

Der Alpha-Wert: Bei der CE-Zertifizierung gestrichen

Im gleichen Zug wurden vom DIBt und den Marktaufsichten der Länder klare Regelungen zur Anwendung des Alpha-Wertes getroffen. Die Prüflasten FN und FS ergeben sich aus der Prüfung der Gelenkarmmarkisen nach Abs. 7.1 von EN 1932 unter Einhaltung der Leistungskriterien in Abs. 7.1.5 von EN 1932. Die Ermittlung des nominalen Winddrucks pN bzw. des Betriebssicherheitswinddruck pS erfolgt ohne einen Faktor Alpha. Er darf somit für die Deklaration der Windwiderstandsklasse keine Berücksichtigung mehr finden. Dieses gilt auch ohne Beachtung der VO bei alten Prüfungen nach EN 13561. Auch hier ist die Ermittlung der Windwiderstandsklasse ohne Berücksichtigung des Faktors Alpha vorzunehmen. Vorhandene Prüfungen der Hersteller müssen deshalb entsprechend geprüft werden.

Konsequenzen für andere Produkte

Natürlich haben sich mit Einführung der delegierten Verordnung (VO) auch die Bedingungen für Produkte der Tabelle 1 (seitensaumgeführte textile Anlagen) geändert. ZIP-Anlagen müssen jetzt mit einer Windwiderstandsklasse von 0–6 versehen werden. Es liegt jetzt eine formale Nichtkonformität vor, wenn keine Windwiderstandsklasse oder „NPD“ deklariert wird (vergleiche Art. 6 (3) lit. b und c EU-BauPVO). Entsprechende Testvorgaben ergeben sich aus der EN 1932:2013-09 (Abschlüsse und Markisen – Widerstand gegen Windlast – Prüfverfahren und Nachweiskriterien) unter dem Kapitel Lastaufbringungsverfahren. Besteht die Nichtkonformität weiter, so können das DIBt oder die Marktaufsichten alle geeigneten Maßnahmen treffen, um die Bereitstellung des Produkts auf dem Markt zu beschränken oder zu untersagen, oder einen Rückruf vom Markt zu veranlassen.

Olaf Vögele

Das Diagramm zeigt wie zum Beispiel wie komplex die hessische Marktüberwachung gemäß der staatlichen Vorschriften in Deutschland und Europa kontrolliert und so an verschiedenen Stellen Einfluss nehmen kann.

Foto: Hessisches Ministerium für Soziales und Integration

Das Diagramm zeigt wie zum Beispiel wie komplex die hessische Marktüberwachung gemäß der staatlichen Vorschriften in Deutschland und Europa kontrolliert und so an verschiedenen Stellen Einfluss nehmen kann.
Zum Beispiel das Hessische Ministerium übt im Bereich der Produktsicherheit die Fachaufsicht über die drei Regierungspräsidien aus und koordiniert die Tätigkeiten der Marktüberwachung mit den anderen Bundesländern.

Foto: Hessisches Ministerium für Soziales und Integration

Zum Beispiel das Hessische Ministerium übt im Bereich der Produktsicherheit die Fachaufsicht über die drei Regierungspräsidien aus und koordiniert die Tätigkeiten der Marktüberwachung mit den anderen Bundesländern.

Es ist, wie es ist, und nicht wie so mancher es gerne hätte!
Schlimm genug, dass die delegierte Verordnung 2019/1188 bereits im Jahr 2018 bei der europaweiten Abfrage und der Veröffentlichung im europäischen Amtsblatt im März 2019 „übersehen“ wurde. Vorbereitet war die Branche eigentlich seit 2015 mit der DIN EN 13561:2015. Spätestens seit dem GLASWELT Artikel im November 2021 hätte es klar sein sollen, was zu tun ist. Nun ist wieder ein Jahr verloren, um jetzt die Anforderungen sofort umsetzen zu müssen. Gutes Gelingen! 

Olaf Vögele, Sachverständiger und Journalist

Foto: GLASWELT