Glaswelt – Vogelschutzglas, Vakuumgläser, schaltbares Smartglass, wird sich bald die Nachfrage im Markt vom Standard-Isolierglas hin zu solchen Spezial-Gläsern drehen, Herr Rumpf?
Markus Rumpf – Smart- und Vakuumgläser werden den Markt nicht drehen, noch nicht. Vogelschutzglas wird stark wachsen, aufgrund der immer strengeren Regeln. Wie der Alltag zeigt, werden nach wie vor meist nur Standard-Isoliergläser verkauft, mit Wärmeschutzglas und gegebenenfalls noch mit Sonnenschutzbeschichtung. Dabei kann man heute leicht für jedes Gebäude optimierte Gläser bereitstellen bzw. anbieten. Bauherren bzw. Endkunden und selbst Planer wissen oft ja gar nicht, was überhaupt mit Glas möglich ist, da vielfach keine unterschiedlichen Gläser angeboten werden. Vogelschutzgläser werden aufgrund der steigenden Auflagen der Umweltämter zunehmen.
Im Objektgeschäft sowie im hochpreisigen Wohnbau gibt es eine steigende Nachfrage nach Spezialgläsern. Dort werden vermehrt an das individuelle Projekt angepasste Funktionsgläser gewünscht. Ein Blick in die Schweiz zeigt, dass bei der Sanierung von Fassaden aus den 80er- und 90er-Jahren immer häufiger schaltbare, dynamische Gläser eingebaut werden, u. a. um den bis dato fehlenden Sonnenschutz zu gewährleisten. Und im Wohnbau steigt die Nachfrage nach Sonnenschutz, inklusive Jalousien-Isoliergläser.
Glaswelt – Wie beraten Sie als Glasspezialist für den Objektbereich zu den passenden Gläser?
Rumpf – Keines der Projekte, bei dem ich aktiv bin, gleicht dem anderen. Wenn ich mit den Bauherren und Architekten über die Anforderungen an die Fassaden- und Interieurgläser spreche, geht vor meinem geistigen Auge ein „Glasfächer“ auf, der alle Gläser von allen Herstellern umfasst. Da ich nicht an einen Glashersteller gebunden bin, kann ich herstellerunabhängig zum besten Produkt für den jeweiligen Kunden bzw. das jeweilige Projekt beraten.
Glaswelt – Was würden sie ‚traditionellen‘ Fensterbauern und Isolierglas-Herstellern für einen Tipp in Sachen optimierte Beratung geben?
Rumpf – Zuerst einmal muss er den Mehrwert durch die vorgeschlagenen Gläser für den Kunden aufzeigen und welche Vorteile diese im Detail bieten (Komfort, Sicherheit, Ästhetik etc.). Eine solche Beratung honoriert der Kunde, und zwar auch finanziell. Es lohnt sich z. B. Fenster und Türen mit Sicherheitsgläsern für das Eigenheim anzubieten, etwa Isolierglas aus/mit VSG. Gerade Eltern mit (kleinen) Kindern zahlen gerne ein paar Euro mehr für die Sicherheit ihrer Sprösslinge.
Dabei ist der Mehrpreis gegenüber einem Standard-Isolierglas relativ gering und der Verkäufer verbessert seine Marge. Auch das wohlhabende Rentnerpaar, das ein Plus an Komfort schätzt, ist bei guter Beratung gerne bereit, im Wohn- und Schlafzimmer schaltbare Gläser einzubauen.
Wichtig ist jedoch, dass man überhaupt berät und passende Angebote macht. Ich habe vielfach das Gefühl, das passiert nicht genug.
Glaswelt – Was ist noch wichtig?
Rumpf – Ich arbeite darauf hin, dass meine Kunden nach Abschluss des Projekts wirklich zufrieden sind mit dem, was sie bekommen haben. In diesem Fall sind sie gerne bereit die Mehrkosten zu zahlen. Genau solche Kunden empfehlen mich dann auch weiter. Das freut mich, und so eine Empfehlung erleichtert für mich den Eintritt in das nächste Projekt, da der Neukunde durch die Empfehlung bereits positiv eingestimmt ist.
Glaswelt – Warum denken Sie, werden Fenster- und Fassadengläser nicht intensiver beraten?
Rumpf – Vielfach fehlt den Verkäufern das spezifische Wissen und/oder es geht ihnen darum, ohne viel Aufwand ihre Fenster zu verkaufen. Doch letztendlich sollten an den unterschiedlichen Gebäudeseiten jeweils unterschiedliche Isolierglas-Typen verbaut werden, um keine energetischen Potenziale zu verschenken und um die Belichtung zu optimieren. Dabei gilt es, ein ausgewogenes Verhältnis aus Sonnenschutz, Wärmedämmung und Lichttransmission zu erzielen. Für die passende Glasauswahl sind neben der Gebäudeausrichtung insbesondere drei Kenngrößen der verbauten Gläser relevant: der g-Wert, die Lichttransmission LT und der U-Wert.
Glaswelt – Kennen Sie eine Lösung, wie sich die passenden Gläser einfach ermitteln lassen?
Rumpf – Ja, hierfür bietet Glas Trösch mit ‚360° Glazing‘ ein interessantes Konzept an, bei dem für die jeweilige Gebäudefassade in Abhängigkeit von der Ausrichtung (Norden, Osten, Süden Westen) passende Glastypen vorgeschlagen werden.
Glaswelt – Ihr Fazit zum Glasverkauf?
Rumpf – Beraten, beraten, beraten.
Das Interview führte Matthias Rehberger.