Als Pionier der klimafreundlichen Glasproduktion hat der Technologiekonzern Schott unter Einsatz des Energieträgers Wasserstoff einen weiteren wichtigen Erfolg erzielt: Im Labor gelang eine Testschmelze mit 100% Wasserstoff - und damit komplett ohne Erdgas.
Im Spätjahr 2022 hatten die Mainzer Spezialglasexperten bereits erste großtechnische Versuche mit Beteiligung lokaler Partner gestartet. Dabei wurden einer bisher ausschließlich mit Erdgas betriebenen Schmelzwanne 35 Prozent Wasserstoff beigemischt. Die Ergebnisse zeigten, dass eine Veränderung der Schmelztechnologie weg von fossilen Brennstoffen möglich ist. Mit dem neuen 100% Wasserstoff-Versuch wurde dies bekräftigt.
Dazu Dr. Matthias Kaffenberger, Referent Schmelztechnologie bei Schott, über den erneuten Fortschritt: „Die aktuellen Labortests liefen unter wesentlich produktionsnäheren Bedingungen gegenüber 2020, als wir in einem Forschungsprojekt Vorversuche durchführten. Dank inzwischen ausgebauter Wasserstoff-Versorgung im Werk Mainz konnten wir nun deutlich länger schmelzen und testen.“
Dabei gelang erstmals der komplette Einsatz von Wasserstoff über eine Haltezeit von 10 Tagen im Labormaßstab. Dieser Erfolg sei für den Technologiekonzern ein wichtiger Meilenstein, um in Zukunft entsprechende Versuche in der Produktionsrealität und die Ergebnisse in der Großtechnik umzusetzen.
Das Ziel: klimaneutrale Glasproduktion mit grünem Wasserstoff
Die Beheizung von Glasschmelzwannen mit Wasserstoff ist nicht trivial
Im Schmelzprozess müssen permanent Temperaturen von bis zu 1700 Grad Celsius herrschen. Die Erforschung, ob Wasserstoff dies konstant leisten und wie sich sein Einsatz auf die Qualität der Glasprodukte auswirkt, ist echte Pionierarbeit.
Als technischer Werkstoff ist Glas weit verbreitet – etwa in Haushaltsgeräten, Unterhaltungselektronik, Halbleitern und Fahrzeugen sowie in Astronomie, Luft- und Raumfahrt. Die CO2-Emissionen, die bei der energieintensiven Glasherstellung mit Erdgas entstehen und sich vermeiden ließen, sind hoch. Schott plant darum bis 2030 in seiner Produktion klimaneutral werden (Scope 1&2 Greenhouse Gas Protocol).
Um dieses Ziel zu erreichen, handelt der Konzern nach dem Prinzip „Vermeiden – Reduzieren – Kompensieren“.
Der Aktionsplan umfasst vier Handlungsfelder: Technologiewandel, Ausbau der Energieeffizienz, Umstellung auf 100% Grünstrom und, als letzter Schritt, die Kompensation verbleibender Emissionen durch das Engagement in hochqualitativen Klimaschutzprojekten.
Vor dem Hintergrund des Technologiewandels fokussiert das Unternehmen vor allem den energieintensiven Prozess der Glasschmelze. Hier verfolgt man zwei Wege: die Elektrifizierung der Schmelzwannen mit Grünstrom und den Einsatz von grünem Wasserstoff anstatt von Erdgas.
Große Herausforderung: Wasserstoff-Infrastruktur und grüne Energieträger Bisher muss Schott seine Versuche mit grauem Wasserstoff durchführen, denn Grüner Wasserstoff, produziert aus erneuerbaren Energien, steht noch nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung. Dazu fehlen zwei zentrale Faktoren: eine weitreichende Infrastruktur zur (industriellen) Wasserstoffversorgung und der Ausbau erneuerbarer Energien zur Erzeugung von Grünstrom.
„Als ein Vorreiter der Wasserstoffnutzung in der energieintensiven Industrie brauchen wir deshalb dringend weitere Schritte und zeitnahe Lösungen für eine funktionierende Infrastruktur“, appelliert Dr. Jens Schulte, Mitglied des Schott Vorstands, an die Entscheidungsträger in Bundesregierung und Bundestag. „Die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geplanten Klimaschutzverträge zur Förderung der klimafreundlichen Produktion sind ein wichtiges Vehikel, um die teilnehmende Industrie wettbewerbsfähig zu halten und eine schnelle Implementierung zu ermöglichen. Wir setzen auf die Innovationskraft und die enge Zusammenarbeit mit unseren Partnern sowie den Bundesländern.“
Forschungsförderprojekte unter Beiligung von Schott
Das Projekt „H2-Industrie – Einsatz von Wasserstoff in industriellen Verbrennungsprozessen“, bei dem Schott im Spätjahr 2022 die Beimischung von Wasserstoff in der Produktion am Standort Mainz getestet hat, wird aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung sowie vom rheinland-pfälzischen Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität gefördert.
Das Unternehmen ist seit längerer Zeit zudem in weiteren Forschungsförderprojekten aktiv: Im Projekt MiGWa (Mikrowelle Glas Wasserstoff), das von Anfang 2021 bis Ende 2023 läuft und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Europäischen Union gefördert wird, geht es um die Brenngasreduzierung im Glasherstellungsprozess durch Nutzung von Wasserstoff oder Mikrowellen.