Glaswelt – Herr Scheer, Herr Stukenkemper, wo steht der MarkenKreis heute?
Thomas Stukenkemper – Mit aktuell 50 Mitgliedern an 63 Standorten in Deutschland und dem angrenzenden Ausland sind wir gegenüber 2001, als wir mit 17 Mitgliedern starteten, deutlich gewachsen. Die damaligen Mitglieder waren fast alle Isolierglas-Produzenten. Heute sind wir das GlasNetzwerk, denn mit unseren Mitgliedern decken wir das gesamte Spektrum der Branche ab: Neben Herstellern von Isolier- und Sicherheitsgläsern sind auch Händler und Glasbau-Unternehmen unsere Mitglieder, mit der Flachglas MarkenKreis GmbH als zentralem Dienstleister.
Michael Scheer – Eine unserer wesentlichen Tätigkeiten, ist unsere Objektberatung, in diesem Bereich ist keine andere Kooperation aktiv. Diese Aufgabe erbrachten wir zu Beginn mit zwei und derzeit mit fünf Mitarbeitern sehr erfolgreich. In den letzten 20 Jahren haben wir unserer Aktivitäten in diesem Bereich natürlich weiterentwickelt. Heute sind wir bei den relevanten Akteuren im Objektbau, die uns eine große Kompetenz bestätigt, sehr gut etabliert.
Glaswelt – Haben Sie auch Zulieferer als Partner, wenn ja, wer sind diese?
Stukenkemper – 2001 wurde die Flachglas MarkenKreis GmbH von Flachglas Wernberg GmbH und Pilkington Deutschland AG als Gesellschafter gegründet. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist Pilkington nach wie vor unser wichtigster industrieller Partner. Um die gesamte Palette der Basisgläser und den steigenden Glasbedarf der Gruppe abdecken zu können, sind weitere IndustriePartner hinzugekommen. Inzwischen ist neben arcon und AGC bzw. AGC Interpane seit 2020 auch Euroglas IndustriePartner.
Scheer – Durch die Ausweitung unseres Produktprogramms um Adaptive Sonnenschutzgläser (EControl – Elektrochromes Glas, Infrashade – Microlamellen-Isolierglas und Infrareflect – Jalousie-Isolierglas) haben wir weitere sogenannte SystemPartner in unser Netzwerk aufgenommen. Für diese Partner sind unsere Objektberatungs-Aktivitäten ebenfalls eine wichtige Vertriebsunterstützung.
Glaswelt – Herr Stukenkemper, Sie und Michael Scheer sind seit 20 Jahren für den Flachglas MarkenKreis aktiv, was sind Ihre Aufgaben und wer war der erste Mitarbeiter?
Stukenkemper – Zu meinen Aufgaben zählen seit der Berufung von Michael Scheer zum Geschäftsführer die Geschäftsbereiche Marketing und Öffentlichkeitsarbeit, Leitung Systemzentrale und kaufmännische Verwaltung.
Sie werden lachen, der erste Mitarbeiter, den ich 2001 als frisch gebackener Geschäftsführer einstellte, war Michael Scheer. Dazu kamen vier Mitarbeiter, die von Pilkington zu uns wechselten.
Scheer – Eingestellt wurde ich als Objektberater, seit 2010 leite ich als Geschäftsführer die Objektberatung und verantworte Technik und Vertrieb. Wir bieten somit glastechnische Fachberatung und unterstützen damit Planer und ausschreibende Stellen – natürlich mit dem Ziel, unsere Produkte für das jeweilige Objekt durch unsere Mitglieder zu liefern.
Glaswelt – Mit Blick auf die 20-jährige Erfolgsgeschichte, was waren die größten Herausforderungen und wie konnten Sie diese meistern?
Stukenkemper – 2001 sind wir als „reine“ Isolierglas-Kooperation gestartet. Von Anfang an galt die Strategie, die Lizenzprodukte um sinnvolle Service-Angebote zu ergänzen. Heute bieten wir unter dem Oberbegriff GlasService zudem Software (Ausschreibungs- und Berechnungsprogramme), Informationsmedien, Schulungen und Veranstaltungen an sowie darüber hinaus auch projektbezogene Fachplanungs-Leistungen.
Scheer – Eine wichtige gemeisterte Herausforderung war die Veränderung der Gesellschafterstruktur der Systemzentrale. Denn die Gesamtheit der Mitglieder wünschte seit 2007 eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung an der Flachglas MarkenKreis GmbH. Diese wurde durch die Gründung der Flachglas eG und deren Kauf der Anteile von der Pilkington Deutschland AG im Jahr 2009 erreicht. 2017 erwarb die Genossenschaft noch die Anteile von Flachglas Wernberg GmbH, so dass seitdem die Systemzentrale alleinig den Mitgliedern gehört.
Stukenkemper – Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang noch, dass der Systemzentrale seit 2018 auch die Marken der ehemaligen Flachglas AG gehören, u. a. Thermoplus und Infrastop.
Glaswelt – Ursprünglich hat sich ihr Angebot auf Fassaden bzw. Isoliergläser konzentriert, wann haben Sie dieses erweitert und ausgebaut?
Stukenkemper – In 2004 wünschte der Beirat, die Mitglieder nicht nur für Außen-, sondern auch für die zunehmenden Innenanwendungen von Glas vertrieblich zu unterstützen.
Scheer – So kam als weiteres Aktivitätenfeld ab 2005 unser RaumGlas Produktprogramm hinzu. Diese Maßnahme, die verdeutlichte, dass wir keine reine Isolierglas-Kooperation mehr sind, führte auch dazu, dass wir in den folgenden Jahren zahlreiche ESG-Produzenten und Händler als neue Mitglieder gewinnen konnten.
Glaswelt – Wenn ich Mitglied im Flachglas MarkenKreis werden möchte, was bringt mir das?
Stukenkemper – Für Glasverarbeiter ist unser wesentliches Angebot die Produktlizenz, also der Zugriff auf ein komplettes Produktsystem mit Prüfzeugnissen, Zertifikaten, CE-Kennzeichen etc. sowie die technische Beratung. Weitere wesentliche Leistungen für alle Mitglieder sind die Bereitstellung von praxis-relevanten Informationen, (Produkt-)Schulungen, Webinare und Kommunikation.
Scheer – Wir bieten somit auch Händlern und Glasbauern anwendungstechnische Unterstützung, Zugriff auf umfassende technische Informationen zu Produkten und zum normativen Umfeld, regelmäßige Webinare und den Austausch untereinander. Gerade durch die verschiedenen System- und KooperationsPartner und deren Produkte hat sich das Informations- und Schulungsangebot nochmals erweitert. Wir sind der zentrale Dienstleister für unsere Mitglieder, die somit immer wissen, an wen sie sich bei technischen Fragen wenden können.
Glaswelt – Sie gewinnen seit Jahren neue Mitglieder hinzu, gab es aber auch Abgänge und was waren die Gründe dafür?
Scheer – Eine Kooperation ist im besten Sinne wie eine Familie: und die Mitgliedschaft ist grundsätzlich langfristig angelegt. Seit Gründung der Flachglas eG ist die Identifikation der Mitglieder und deren Bindung nochmals gestiegen. Trotzdem hatten wir leider auch Abgänge. Häufigster Grund dafür waren eine Insolvenz oder Geschäftsaufgabe bzw. -verkauf.
Glaswelt – Sie bezeichnen sich als das GlasNetzwerk. Wo sehen das Außenstehende?
Scheer – Ein Netzwerk besteht aus Menschen und wird erlebbar, wenn die Menschen sich austauschen und im besten Fall dafür zusammenkommen. Darauf gründet sich auch der Erfolg unserer wichtigsten Veranstaltung, dem Forum Fassade. Dieses führen wir seit 2002 (damals FassadenbauTage) regelmäßig durch. Heute ist das Forum Fassade einer der wichtigsten Treffpunkte der deutschen Fassadenbranche. Seit 2018 sind wir zudem Partner im Next Facade and Design Studio in Frankfurt. Dort treten wir sogar als „Netzwerk im Netzwerk“ auf, denn auch im Next-Studio, initiiert durch Wicona, haben sich Partner zu einem Netzwerk zusammengefunden, dort für Fassaden.
Glaswelt – Wie hat sich das Team in der Zentrale (weiter)entwickelt?
Stukenkemper – Zum Start in 2001 hat die Flachglas MarkenKreis GmbH sechs Mitarbeiter beschäftigt, inzwischen sind es 12. Damit sichern wir einerseits die nötige technische Kompetenz und Erreichbarkeit für die Mitglieder, andererseits erbringen wir Inhouse solche Leistungen wie Mediengestaltung und Unternehmenskommunikation. Ebenso wie bei den Mitgliedern, haben wir auch bei den Mitarbeitern eine sehr geringe Fluktuation: manche sind schon 20 Jahre mit dabei.
Glaswelt – Was sind Ihre Ziele für die Zukunft, um den Flachglas MarkenKreis weiter zu entwickeln?
Stukenkemper – Wir werden die Digitalisierung unserer Angebote deutlich ausbauen: z. B. durch den weitere Angebote auf der Webseite sowie durch Webinare und Videos. In den letzten Monaten haben wir zudem gemeinsam mit unseren Partnern erfolgreich Online-Seminare für externe Zielgruppen durchgeführt. Wobei wir bereits seit 2012 regelmäßig Webinare für unsere Mitglieder anbieten. Diese „internen“ Webinare haben wir zwischenzeitlich geöffnet, z. B. für die Glasfachschulen, die dieses Angebot dankbar annehmen.
Scheer – Ein weiteres Ziel ist es, unsere erfolgreiche Objektarbeit weiter zu optimieren: einerseits die bestehenden Kontakte für unsere Partner noch besser nutzbar zu machen, andererseits unsere Fachplanungs-Leistungen zu verbessern. Beides mit dem Fokus, diese Dienstleistungen auch zu vermarkten.
Das Interview führte Matthias Rehberger