Mit der aBG Z-70.3-267 lassen sich ab sofort die neuen Normteile 1 und 2 der DIN 18008 bei der Planung, Bemessung und Ausführung linienförmig gelagerter ebener MIG-Verglasungen angewenden, also vor ihrer offiziellen Einführung als Technische Baubestimmung (TB). Eine vorhabenbezogene Bauartgenehmigung muss dazu nicht mehr beantragt werden. Antragsteller der aBG war das ift Rosenheim. Die Nutzung der aBG ist frei.
Da diese aBG in allen 16 Bundesländern gilt, lassen sich bei den eingangs genannten MIG-Verglasungen schon jetzt die Vorteile der neuen Teile 1 und 2 der Norm nutzen. Insbesondere diejenigen des neuen Nachweises von MIG kleiner 2 m² nach Abschnitt 6.1.4 des neuen Normteils 2.
Höhere Spannungsausnutzung und größere kmod-Werte
Leider thematisiert die aBG die damit einhergehende höhere Spannungsausnutzung nicht, die sich speziell bei der sogenannten 2. Nachweisstufe nach Abschnitt 6.1.4 3) aufgrund des kleineren Material-Teilsicherheitsbeiwerts ergibt (vgl. BF-Information 017/2021).
Hinsichtlich Spannungsausnutzung geht die aBG sogar noch etwas über das Niveau der neuen Norm hinaus. Denn es dürfen z. T. auch etwas größere Modifikationsbeiwerte kmod verwendet werden, als nach Norm (vgl. Tabelle). Der kmod-Wert berücksichtigt die Festigkeitsabnahme thermisch nicht vorgespannter Gläser mit der Lasteinwirkungsdauer.
Abgesehen davon ist die aBG enorm hilfreich. Denn ab sofort können damit kleine Isolier-Verglasungen aus Floatglas wieder konform zum Bauordnungsrecht nachgewiesen werden, ähnlich wie zu Zeiten der TRLV (vergl. Grafik). Auf den Abschluss eines ggf. langwierigen bauordnungsrechtlichen Einführungsprozesses muss nicht mehr gewartet werden.
Achtung: Bruchrisiko aufgrund Klimaeinwirkungen bleibt
Was aber nicht übersehen werden darf, ist die Warnung, die in der Anmerkung zu Abschnitt 6.1.4 des neuen Normteils 2 steht und die von der aBG keineswegs außer Kraft gesetzt wird.
Warnung: „Unterschreitet die Länge der kürzeren Kante den Wert von 500 mm (2-fach-Isolierglas) und 700 mm (3-fach-Isolierglas), so erhöht sich jedoch bei Scheiben aus thermisch nicht vorgespanntem Floatglas das Bruchrisiko infolge von Klimaeinwirkungen.“
Diese Warnung, die es fast gleichlautend bereits in den TRLV gab, ist nach wie vor richtig und wichtig. Denn die aBG und die neue Norm ermöglichen zwar bauordnungsrechtlich wieder den rechnerischen Nachweis kleiner MIG. Sie lassen aber das aus Klimaeinwirkungen resultierende und haftungsrechtlich relevante Bruchrisiko nicht automatisch zu Null werden.
Warum dauert es so lange, bis ein neue Norm gilt?
In der Regel vergeht einige Zeit, bis eine neue Norm von den Bauministerien der Länder als Technische Baubestimmung (TB) eingeführt ist. Grund dafür sind langwierige Prüf- und Verwaltungsabläufe, in die neben den Bauministerien auch die EU-Kommission und das DIBt involviert sind. Bis eine neue Norm dann schließlich bauordnungsrechtlich verbindlich anzuwenden ist, können durchaus mehrere Jahre vergehen, wie z. B. DIN 18008-6 zeigt.
Dieser Normteil ist vier Jahre nach seiner Veröffentlichung in einigen Bundesländern noch immer keine Technische Baubestimmung.
Bei den neuen Teilen 1 und 2 der DIN 18008 ist dies nun anders, wie eingangs erläutert. Denn seit September liegt die allgemeine Bauartgenehmigung (aBG) Z-70.3-267 vor.
Weitere Infos
Z-70.3-267: Linienförmig gelagerte Verglasungen aus Mehrscheiben-Isolierglas. aBG Neubescheid vom 13.09.2021.
BF-Information 017/2021: Die neue DIN 18008 – Kleinformatige Mehrscheiben-Isoliergläser mit geringer Schadensfolge.