Die wesentlichen deutschen Verbände und Organisationen der Fensterbranche haben sich zusammengeschlossen, um in einer dreistufigen Studie das Abfall- und Recyclingpotenzial von Altfenstern zu analysieren. Die ersten beiden Teile wurden jetzt fertiggestellt und zeigen erhebliche Potenziale zur Steigerung der Ressourceneffizienz und zur Verbesserung der Recyclingquoten.
Höchste Rückbauanzahl: Holzfenster
Laut der Studie fielen im Jahr 2022 in Deutschland bei Rückbau- und Sanierungsmaßnahmen etwa 10 Millionen Einheiten Altfenster an, was einer Gesamtmenge von 460.000 bis 480.000 Tonnen entspricht. Derzeit ergeben sich die höchsten Rückbaumengen im Bereich der Holzfenster. Da jedoch in den letzten 20-30 Jahren zunehmend Kunststoff- und Aluminiumfenster eingebaut wurden und diese Rahmenanteile aktuell bis zu 70 % des Gesamtmarktes ausmachen, wird künftig ein Anstieg der Altfenstermengen aus diesen Materialien erwartet.
Die Untersuchung zum Recyclingpotenzial wurde vom Institut für Infrastruktur∙ Wasser ∙ Ressourcen ∙ Umwelt (IWARU) unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Sabine Flamme durchgeführt. „Insgesamt zeigt der Bericht, dass in der Fensterbranche erhebliche Potenziale zur Steigerung der Ressourceneffizienz und zur Verbesserung der Recyclingquoten vorhanden sind – vorausgesetzt, es gelingt, die bestehenden Prozesse und Strukturen weiter zu optimieren und besser zu koordinieren", sagt VFF-Geschäftsführer Frank Lange.

Verbände und Organisationen der Fensterbranche
und Frischwasserverbrauch (FW) in den Herstellungsphasen (A1-A3) (Eigene Berechnungen)
Materialspezifische Recyclingwege sind unterschiedlich effektiv
Bei der Erfassung und Verwertung zeigen sich deutliche Unterschiede je nach Rahmenmaterial. Etwa 54 % der im Jahr 2023 in Deutschland angefallenen Aluminiumschrotte wurden über das System der Recyclinginitiative A|U|F erfasst. „Unsere größte Aufgabe ist es, die Kreislaufwirtschaft zum Tagesgeschäft zu machen, um Aluminium auch im Kreislauf unserer Branche zu halten", erklärt Thomas Lauritzen, Vorstandsvorsitzender von A|U|F e.V. Der hohe monetäre Wert von Aluminium führt jedoch häufig dazu, dass es direkt an Schrotthändler verkauft oder ins Ausland exportiert wird.
Bei Kunststofffenstern ist die Recyclingquote noch höher: Im Jahr 2022 wurden circa 64 % der anfallenden Kunststoffprofile aus Fenstern, Rollläden und Türen über das Rewindo-System erfasst. Das Regranulat wird anschließend für neue Fensterprofile genutzt und im Kern von Fensterrahmen eingesetzt. „Der Gesetzgeber hat klare Präferenzen zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft formuliert. Sie finden sich in der Gewerbeabfallverordnung, der Bauproduktenverordnung, der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) sowie auf europäischer Ebene in der Circular Plastics Alliance (CPA)", betont Rewindo-Geschäftsführer Michael Vetter.
Holzfenster, die in der Regel mit Holzschutzmitteln behandelt wurden, dürfen in Deutschland nicht stofflich, sondern müssen thermisch verwertet werden. „Mangelnde Daten zur Art und Menge der Holzschutzmittel im Fensterbestand hemmen die Kreislaufführung von Holzfenstern. Hier müssen wir ansetzen, um neue Wege für die stoffliche Verwertung von altem Fensterholz zu schaffen", erläutert Pro Holzfenster-Geschäftsführer Kai Pless.
Was passiert mit alten Glasscheiben?
Je nach Annahmebedingungen des Entsorgungsunternehmens wird das Glas vorab aus dem Rahmen entfernt. Anschließend werden die befüllten Container in entsprechende Aufbereitungsanlagen verbracht. Geschieht dies auf der Baustelle, wird es mit der mineralischen Fraktion verwertet und kommt als Sekundärbaustoff wieder zum Einsatz. Werden Fenster komplett einer Aufbereitung zugeführt, wird das Glas aussortiert und soweit möglich dem Flachglasrecycling zugeführt. Der überwiegende Teil wird jedoch nach einem mehrstufigen Aufbereitungsprozess in der Hohlglas- und Glasperlenindustrie oder als Dämmmaterial verwertet. Dazu sagt Jochen Grönegräs, Geschäftsführer des Bundesverbandes Flachglas: „Alle Glashersteller würden gern mehr Scherben in ihrer Produktion einsetzen. Die Qualitätsanforderungen dafür sind aber so hoch, dass Post-Consumer-Scherben sie mit den heutigen Recyclingmethoden meist nicht erfüllen können. Hier müssen neue Wege für ein werterhaltendes Handling der Scherben während des gesamten Recycling-Prozesses gefunden werden.“
Die metallhaltigen Fraktionen, wie Fensterbeschläge und Armierungen aus dem PVC-Rahmen, werden bei der Aufbereitung von Altfenstern aussortiert und stofflich verwertet. Dieses Recyclingmaterial gelangt jedoch nicht direkt in die Beschlagindustrie zurück.
Auch die Wiederverwendung von Fenstern und deren Komponenten wurde untersucht. Allerdings wird diese in der Praxis kaum angewendet, weil die regelmäßig steigenden Anforderungen an Fenster(komponenten) und der damit zunehmende technische Fortschritt gegen eine Wiederverwendung sprechen.
Optimierungspotenziale und Handlungsempfehlungen
Auf Basis der Studienergebnisse wurden mehrere Optimierungsansätze abgeleitet:
Herstellungsphase entscheidet über Treibhauspotenzial
Aus der Ökobilanz geht hervor, dass bei allen drei Rahmenmaterialien die Herstellungsphase die größte Umweltauswirkung ausübt, sieht man von der Nutzungsphase ab. Maßgeblich hier sind die Rohstoffe, insbesondere Aluminium und PVC. Bei Holzfenstern wirkt sich das im Holz gespeicherte Kohlendioxid positiv auf die Bewertung der Umweltwirkung Global Warming Potential (GWP) oder Treibhauspotenzial aus. Ferner trägt auch die Verglasung mit einem hohen Masseanteil am Fenster zur Bilanzierung bei. Beschläge weisen trotz ihres geringen Masseanteils einen vergleichsweise hohen Frischwasserverbrauch auf. „Diesen zu reduzieren, ist nicht nur ökologisch wünschenswert, sondern auch wirtschaftlich für die Beschlaghersteller von Vorteil. Wir vom Fachverband werden zusammen mit unseren Mitgliedern entsprechende Lösungen erarbeiten“, kommentiert Silke Koppers, Projektmanagerin beim FVSB.
Die Ökobilanzanalyse zeigt, dass bei allen drei Rahmenmaterialien die Herstellungsphase die größte Umweltauswirkung hat. Holzfenster weisen in der Herstellungsphase ein geringeres Treibhauspotenzial auf, PVC- und Aluminiumrahmen enthalten jedoch bereits heute Rezyklate (PVC: über 20 %, Aluminium: 30-40 %). Bei der Produktion von Flachglas werden etwa 20-25 % Glasscherben eingesetzt. Eine Erhöhung der Rezyklatanteile könnte deutliche CO2-Einsparungen bewirken.

Verbände und Organisationen der Fensterbranche
Darstellung)
Die Fenster- und Türenbranche hat damit eindrücklich gezeigt, dass sie bereits den Weg in die Kreislaufwirtschaft beschritten hat und ihre Verantwortung für das Produkt in allen Lebenszyklusphasen wahrnimmt.
In einem dritten Teil des Branchenprojekts soll nun erörtert werden, wie die Vorschläge praxisnah umgesetzt werden können. Ziel ist es, den Recyclingprozess für Fenster und deren Komponenten zukunftsfähig zu machen. Angedacht ist auch, einen Ansatz für einen Herstellerbezug zu entwickeln, wobei zukünftige digitale Produktpässe ein hilfreiches Instrument werden könnten.