Thomas Verhoeven – Es gibt ja vorgegebene Klimaschutzziele. Die lassen sich doch nur erreichen, wenn die Gebäudehülle über den gesamten Bestand angepasst wird. Lediglich die Heizung auszutauschen ist keine Lösung.
Marc Schütt – Als erstes sollte man sich im Klaren sein, was mit einer Sanierung erreicht werden soll. Nur aus Aktionismus oder wegen der Förderung macht sie keinen Sinn, da muss ein Ziel hinterstecken, zudem sollte ein Architekt oder Energieberater zu Rate gezogen werden. Der hat alle Details der Sanierung zusammenzufügen. Zum Fenstertausch beispielsweise gehören ja auch Sonnenschutz, Lüftung, ein vernünftiger Anschluss der Gewerke und die Befestigung. Das ist bei einem Austausch immer abzufragen, passiert aber leider viel zu selten. Die Gebäudehülle ist als Einheit zu betrachten. Da gibt es dann Schnittpunkte vom Fenster zum Rest der Gebäudehülle wie Fensterbank, neu zu erbringendes Wärmeverbundsystem oder Sonnenschutz. Zu bedenken ist auch, wenn eine Dreifachverglasung mit sehr guten energetischen Werten eingesetzt wird, dass die Gebäudehülle absolut dicht ist. Dann muss für zuverlässige Luftwechselraten gesorgt werden, damit das Gebäudeinnere mit Frischluft versorgt wird. Entsprechend werden eine zentrale oder dezentrale Lüftung benötigt oder man muss andere Systeme einsetzen, wie sie beispielsweise Regel-air anbietet.
Verhoeven – Fensterfalzlüfter können für die freie Lüftung oder eben in einer Kombination aus freier Lüftung und ventilatorgestützter Lüftung eingesetzt werden. Dabei fällt mir gerade eine andere Frage ein: Macht es überhaupt Sinn, alte Gebäude mit einer Dreifachverglasung auszurüsten? Genügt nicht eine Zweifachverglasung?
Schütt – Pauschal lässt sich das nicht beantworten. Das hängt vom Mauerwerk ab, denn verschiedene Mauerwerke haben auch verschiedene Eigenschaften. Somit ist jedes Gebäude im Detail zu betrachten. Ist das Mauerwerk energetisch bereits besser, kann man schon eine Dreifachverglasung einsetzen. Ist es nicht so gut, sollte man davon Abstand nehmen, falls nicht zusätzliche Maßnahmen wie ein neues Wärmedämmverbundsystem geplant sind. Da muss der Fensterbauer dann unbedingt darauf achten, wo der Taupunkt liegt, um Schimmelbildung vorzubeugen. Ein Fenster sollte immer die kälteste Stelle im Baukörper sein, sonst droht Schimmel. Daher kann eine Dreifachverglasung sogar kontraproduktiv sein.
Verhoeven – So ist es, die Gebäudehülle muss als Ganzes betrachtet werden, sonst machen andere Dinge wie eine Wärmepumpe wenig Sinn.
Schütt – … und da gehören dann das Fenster dazu, das Mauerwerk, die Geschossdecken und das Dach. Wenn diese vier Punkte nicht auf einem energetischen Level sind, bringen Einrichtungen wie eine Wärmepumpe nichts. Dann wird nämlich die ganze Wärme zum Fenster rausgeblasen.
Verhoeven – Wenn mehr als ein Drittel der Fenster eines Gebäudes getauscht oder mehr als ein Drittel der Dachfläche erneuert wird, muss ja auch ein Lüftungskonzept erstellt werden bzw. geprüft werden, ob eine lüftungstechnische Maßnahme nötig ist. Das ist dann der Fall, wenn die natürlichen Leckagen nicht ausreichend sind, um die Lüftung zum Feuchteschutz zu erfüllen. Hier fließen verschiedene Parameter wie Gebäudelage oder Windgebiet mit ein. Wie kann das ein Fensterbauer erstellen?
Schütt – Als erstes muss er auf alle Fälle darauf hinweisen, dass ein solches Konzept erforderlich ist. Im besten Fall sagt er das in der Beratung, auf jeden Fall sollte es im Angebot stehen, vielleicht auch gegengezeichnet in der Auftragsbestätigung, damit ist er der Hinweispflicht nachgekommen. Ansonsten kann ein Fensterbauer beispielsweise auch ein Tool nutzen, wie das was Regel-air kostenlos anbietet, um ein Lüftungskonzept zu erstellen. Damit erbringt er jedoch eine Planungsleistung, für die er haftbar ist. Aber es gibt spezielle Firmen, die Lüftungskonzepte erstellen. Klar ist: Erst einmal ist der Fensterbauer mit dem Hinweis auf ein notwendiges Lüftungskonzept aus der Haftung.
Verhoeven – Da bietet sich ja auch der Hinweis auf Fensterfalzlüfter an. Die sorgen dafür, dass die Gebäudehülle nicht zu dicht ist, beugen Schimmel vor und können sogar beim Senken der Energiekosten helfen. Schließlich wird durch Fensterfalzlüfter keine Energie verschwendet, sondern durch das Reduzieren der Luftfeuchtigkeit im Gebäudeinneren wird weniger Energie benötigt, um die Luft zu erwärmen. Die Wände trocknen aus, Feuchtigkeit aus Möbeln, Teppichen oder Vorhängen verschwindet nach und nach.
Schütt – Man muss vielleicht einfach noch deutlicher machen, dass durch die dichte Bauweise und eine unzureichende Lüftung eine hohe Luftfeuchtigkeit im Gebäude herrscht. Je mehr Feuchtigkeit also abgeführt wird, desto weniger Aufwand ist nötig, die Luft zu erhitzen.
Verhoeven – Das vermitteln wir auch in unseren Schulungen. Bei einer Sanierung gibt es für Lüftungsmaßnahmen nicht so viele Möglichkeiten. Leitungen zu legen oder Kernbohrungen vorzunehmen, um eine Lüftungsanlage zu installieren, ist viel Aufwand. Eine Lösung mit Fensterfalzlüftern ist elegant, kostengünstig und auch von außen nicht sichtbar, was zum Beispiel im Denkmalschutz eine Rolle spielt.
Schütt – … und Regel-air führt ja auch verschiedene Systeme, um Fensterfalzlüfter einzubauen. Bei einem fertig montierten Fenster sind die Fensterfalzlüfter üblicherweise nicht zu sehen, weil sie verdeckt liegend eingebaut werden. Die lassen sich gleich werksseitig einbauen, aber auch nachrüsten. Bei einem Holzfenster sollte man diese idealerweise direkt mit bestellen, dann wird der Platz für die Lüfter gleich eingefräst. Das ist ein sehr großer Mehrwert, das Design eines schönen Holzfensters leidet dann nicht.
Verhoeven – Aus Gründen des Designs haben wir ja auch unseren neuen verdeckt liegenden, manuell bedienbaren Lüfter entwickelt. Dennoch wird das Thema Lüftung beim Fensterbauer leider meist noch sehr stiefmütterlich behandelt. Doch ist zu hoffen, dass das Thema jetzt verstärkt ankommt, zumal durch die Energiekrise viele Schimmelschäden aufgetreten sind. Die Leute haben weniger geheizt und somit der Schimmelbildung Vorschub geleistet. Das hätte sicherlich so manches Mal vermieden werden können, wenn der Fensterbauer auf ein Lüftungskonzept gedrängt hätte.