Schäden und resultierende Kosten aus dem Klimawandel steigen stetig, und die Vorgaben der europäischen Klimapolitik sind nur durch radikale Einsparungen zu erreichen. Aus der Sicht des ift Rosenheims müssen sich die notwendigen Maßnahmen viel stärker als bisher auf den Verkehr und den Gebäudesektor konzentrieren, weil es hier bislang erhebliche Versäumnisse gibt. Die notwendige Steigerung der Sanierungsquote kann durch schärfere gesetzliche Anforderungen in Kombination mit attraktiven Förderprogrammen erreicht werden. Daraus ergeben sich für 2021 und darüber hinaus vielfältige Konsequenzen und Chancen für die Fenster- und Fassadenbranche.
So wird der Gebäudesektor zum Klimaretter
Fenster und Verglasungen bei neuen Gebäuden haben heute schon ein Niveau erreicht, bei dem die solaren Gewinne auf der Ost-, West- und Südseite die Energieverluste deutlich übertreffen; damit sind Glasflächen eine regenerative Energiequelle ganz ohne Anlagentechnik. Im Gebäudebestand sieht das aber ganz anders aus. Nach Analysen des VFF warten über 260 Mio. alte Fenstereinheiten mit Gläsern ohne Low-E-Beschichtung auf einen Austausch. Damit könnten jährlich über 14,1 Mio. Tonnen CO2 eingespart werden. Das wären 50 % der 28 Mio. Tonnen, die nach Angaben der dena notwendig wären, um den Klimaschutzplan 2030 für den Gebäudesektor zu erreichen. Hierfür braucht es von der Politik Instrumente wie eine Austauschverpflichtung, eine Verschärfung der energetischen Anforderungen sowie attraktive Förderprogramme.
Lösung über günstige Fenster mit nachhaltigen Eigenschaften
Die Fenster- und Fassadenbranche muss attraktive Konzepte für die Sanierung entwickeln, bei denen die wichtigsten Aspekte wie Wärmedämmung, Lüftung, Verschattung, eine einfache Montage, aber auch ein vollständiges Recycling berücksichtigt werden. Das Ziel müssen energieeffiziente und umweltfreundliche Produkte sein, die zu einem fairen Systempreis verfügbar sind.
Der finanzielle Aufwand zur Reduzierung von CO2-Emissionen muss durch Förderprogramme kompensiert werden, weil die Kosteneinsparungen bei den derzeitig niedrigen Preisen für fossile Energieträger keinen ausreichenden Anreiz für private und öffentliche Investitionen bieten. Weitere Potenziale zur Verbesserung der Energieeffizienz sind mechatronische Beschläge und Systeme, mit denen sich Fenster, Türen und Sonnenschutzsysteme bedarfsgerecht steuern lassen. Darüber hinaus können auch vertikale Gebäudeflächen zur aktiven Energieerzeugung per Photovoltaik einen Beitrag zur CO2-Minderung leisten.
Aus diesem Grund hat das ift Rosenheim für 2021 entsprechende Projekte geplant. Für die zweistufige Montage (Montagezarge) werden Handlungsempfehlungen und konstruktive Grundlagen entwickelt und als Fachinformation veröffentlicht.
So lässt sich die Raumlufthygiene entscheidend verbessern
Die Lüftung von Innenräumen hat durch die Corona-Pandemie eine ganz neue Bedeutung bekommen. Aber grundsätzlich sind natürliches Tageslicht, angenehme Temperaturen und eine gesunde Luftqualität wesentliche Einflussfaktoren für ein gesundes Raumklima. Das ift wird dieses Thema noch stärker angehen und Empfehlungen für Lüftungseinrichtungen erarbeiten, mit denen die Raumlufthygiene verbessert wird, ohne dass Raumklima und Behaglichkeit darunter leiden.
Kompetenten Fenster-/Fassadenbauern bietet sich hier die große Chance, Auftraggeber mit alternativen Sanierungskonzepten und nicht durch das billigste Angebot zu überzeugen. Um Fensterhersteller, -händler und Montagebetriebe bei der anspruchsvollen Aufgabe der Lüftungsplanung zu unterstützen, entwickelt das ift ein kostenloses Online-Tool zur Lüftungsplanung mit Fenstern und bietet Seminare sowie eine Weiterbildung zum Lüftungsplaner Fenster an, in der speziell die Vorteile und Konstruktionen einer dezentralen Lüftung aufgezeigt werden. Auch variable Sonnenschutzsysteme werden thematisiert, die bei jeder Sanierung aufgrund der zu erwartenden regelmäßigen Hitzewellen mitgeplant und eingesetzt werden müssen.
Neue Prüfverfahren aufgrund zukünftig zu erwartende Wetterextreme
Der Klimawandel ist da, und die Folgen treffen uns alle – das sagen mittlerweile die meisten Experten. Hitzerekorde mit Temperaturen bis zu 47 Grad und Überschwemmungen bei Starkregen gefährden Leben. Hagelkörner groß wie Tennisbälle und Orkane zerstören Gebäude; die zunehmende Trockenheit führt auch in Europa zu Wasserknappheit und Brandkatastrophen. Daher geht es nicht mehr nur darum, den Klimawandel durch energieeffiziente und nachhaltige Bauprodukte zu begrenzen, sondern auch darum, sich vor den zukünftigen Klimaextremen zu schützen. Bauelemente wie Fenster und Fassaden, Türen und Tore sowie Verglasungen müssen sich den gestiegenen Anforderungen und Belastungen durch den Klimawandel stellen. Bauelemente können ihren Beitrag hierfür leisten durch:
Das ift entwickelt deshalb modifizierte und neue Prüfverfahren, um die vorhersehbar höheren Anforderungen verlässlich zu prüfen und zu bewerten. Auch im neuen Fassadenlabor lassen sich Produkte nach nationalen, europäischen sowie US-Normen prüfen; dabei können unterschiedlichste klimatische Bedingungen simuliert werden.
Ein weiterer Aspekt ist das Mikroklima in Städten, bei dem die Luft- und Oberflächentemperaturen, Luftfeuchten oder der Schadstoffgehalt der Luft deutlich über denen ländlicher Regionen liegen. Hier untersucht das ift Einsatzmöglichkeiten von Fassadenbegrünungen; Ergebnisse werden in 2021 publiziert.
Stillstand in der Normung – neue Richtlinien am Start
Das ift Rosenheim wird sich in der Normung stärker auf Prüf- und Klassifizierungsregeln konzentrieren und Richtlinien und Zertifizierungsprogramme verfassen, um fachgerechte Anwendung, Einsatz und Verbreitung von Produkten zu erleichtern.
Eine grundsätzliche Neuausrichtung der gesamten Normungsarbeit ergibt sich durch den „Green Deal“ der EU, bei dem Klimaneutralität, Nachhaltigkeit und Circular Economy im Fokus stehen. Dabei wird dem Bausektor in der gesamten EU eine tragende Rolle beigemessen, denn in den Mitgliedsstaaten liegt die jährliche Renovierungsquote des Gebäudebestands derzeit nur zwischen 0,4 und 1,2 Prozent. Um die Klimaziele zu erreichen, müssen die langfristigen nationalen Renovierungsstrategien der Mitgliedsstaaten auf den Prüfstand. Als Folge werden wohl die Anforderungen an die Gesamtenergieeffizienz von neuen und bestehenden Gebäuden erhöht.
Operative Schwerpunkte des ift Rosenheim
Auf Basis dieser Trends für 2021 und der Marktpotenziale und Kundenwünsche wird das ift Rosenheim 2021 folgende Themen fokussieren:
Alle drei Schallprüfstände (Mehrzweck-Prüfstand, Schalllängsleitungsprüfstand für horizontale und vertikale Flanken- und Transmissionsschalldämmung sowie ein Deckenprüfstand für Trittschalldämmung) sind überkrant. Diese Infrastruktur ermöglicht ein effizientes und ergonomisches Arbeiten für Kunden und ift-Mitarbeiter. Das Logistik- und Prüfkonzept ermöglicht eine schnelle und einfache Modifikation von Varianten oder auch Fassaden-„Mok-ups“ – das ist gerade für anspruchsvolle Fenster- und Fassadenprojekte ein großer Vorteil.
Im neuen Fassadenprüfzentrum entsteht ein Indoor-Stahlbeton-Prüfstand mit Abmessungen von 12 x 12 m. Große Fenster- und Fassadenelemente können so einfach auf Dichtigkeit, Windlast, Stoßfestigkeit oder Absturzsicherheit geprüft werden. Fassaden- und Schallprüfstände sind unter einem Dach, so dass beide Prüfungen ideal kombiniert werden können. Die Schnelligkeit der Prüfabwicklung, die einfache Anpassung der Probekörper und die Prüfung nach DIN- und EN-Normen sowie nach internationalen Standards (EN, ISO, CWCT, ASTM u.v.m.) sind für Fassadenbauer wichtige Entscheidungskriterien für die Prüfung. Das ift kann mit dem Kooperationspartner UL die notwendigen Nachweise und Zertifikate für die USA, für Kanada und den mittleren Osten erstellen.
Das ift entwickelt neues Geschäftsfeld
Ein neues Geschäftsfeld ist die Prüfung von Atemschutzmasken im ift Rosenheim. Nun läuft das Verfahren zur Anerkennung für die Notifizierung als Prüf- und Zertifizierungsstelle gemäß Verordnung über persönliche Schutzausrüstung (EU) 2016/425 (PSA-Verordnung). Dazu gehören auch Atemschutzgeräte, filtrierende Halbmasken mit/ohne Ventile sowie trennbaren Filtern gemäß EN 149, EN 405 und EN 1827 – also für Atemschutzmasken der Risikokategorie III (FFP1-, FFP2- und FFP3-Masken). Damit kann das ift Rosenheim nicht nur alle notwendigen Prüfungen und Zertifizierungen durchführen, sondern auch die notwendige Fertigungskontrolle mit Produktprüfungen und Qualitätssicherung des Produktionsprozesses überwachen. Atemmasken und persönliche Schutzausrüstungen wie Helme, Schutzkleidung und ‑geschirre sind auch im Baubereich weit verbreitet. Deshalb ist die Erweiterung der Kompetenz in diesem Prüfbereich für das ift Rosenheim eine sinnvolle Ergänzung zur Prüfung und Zertifizierung von Baustoffen und Bauelementen.