Bastian Timm, Helmut Hilzinger, Stephan Gerwens und Marc Schütt eint die Leidenschaft fürs Gewerk Bauen, für unsere Branche, aber auch fürs Bauen und Gestalten. So wie selbstverständlich auch viele andere!
Um den Bauschadensbericht zu hinterfragen und insbesondere Lösungsansätze zu erwirken, haben wir uns für die Recherche auf dieser Datenbasis der eingehenden Antworten entschieden. Hatten wir zuletzt nach den Ursachen gefragt, wenden wir uns nun den möglichen Lösungen zu.
Die zweite Frage lautete:
Wenn wir davon ausgehen, dass die Fenster funktionieren, wenn sie die Werkhalle verlassen. Dann darf wohl als wahrscheinlich angenommen werden, dass ein Großteil der Probleme auf der Baustelle entsteht. Wie ist dem beizukommen – vor allem, wenn wir wissen, dass viele Hersteller mit der Montage gar nichts zu tun haben (wollen)?
Stephan Gerwens schlägt ein ganzes Maßnahmenbündel vor, das sich dem Prozess widmet – Stichwort „definierte Einbaubedingungen“ –, das aber auch die Abläufe auf der Baustelle hinterfragt. Er spricht die „völlig unzureichende“ Baustellenüberwachung an. Denn die Zahl der immer noch dezidierteren Regelwerke steht ja nicht so wirklich im Verhältnis zu qualitätssichernden Begutachtungen hinsichtlich deren Einhaltung. Was ein grundsätzliches Problem aufwirft: Wer die Vorgaben einhält, hat oft nicht mehr davon, als sich vom Kunden fragen lassen zu müssen, weshalb der Wettbewerb teils erheblich günstiger ist.
Wer es nicht tut, spielt zwar mit Blick auf wiederum zusätzliche Schadensrisiken va banque, kann aber teils erheblich günstiger anbieten und kommt, wenn nichts Größeres passiert, ungeschoren davon. Am besten ist, sagt Stephan, so zu arbeiten, dass die Mangelprotokolle, deren Bearbeitung immer teuer und zeitaufwendig ist, erst gar nicht geschrieben werden müssen. Er nennt folgende Ansätze
Fensterbau: Verantwortung für Funktionsweise des Gebäudes
Bastian Timm zeigt nochmal das ganze Panoptikum an Bedingungen, unter denen in jedem BV Top-Leistungen abgefordert werden: Lüftung, sommerlicher Wärmeschutz, äußere Fensterbank, Insektenschutz führen dazu, dass der Verantwortungsbereich des Fenster- und Fassadenbauers mehr und mehr auf die Gebäudeöffnung, ja die Funktionsweise des gesamten Gebäudes übergeht.
Im gleichen Atemzug fehle im von der Firma Timm bespielten Objektfensterbau seitens des Händlers und Herstellers zunehmend die Bereitschaft, den ausführenden Betrieben eine gründliche Werkstatt- und Montageplanung an die Hand zu geben. Timms Prognose: „Voraussichtlich werden mittelständische Objektfensterbauer mit langjähriger Erfahrung, die auf hohe technische Inhouse-Kompetenz und eigene Planungsabteilungen setzen, sowie Hersteller und Systemgeber, die für ihre Händler die Werkstatt- und Montageplanung übernehmen, Marktanteile gewinnen.“
Auch hier eine Parallele zu Terhalle – so schildert ebenso Stephan Gerwens die bei der Unternehmensgruppe klar verankerte Zielsetzung, „solche Themen bereits fachmännisch im Ansatz der Fensterfachplanung zu lösen“. Die Rede ist von gemeinsamen Workshops mit Architektur- und Bauplanungsbüros, um „potenzielle Problemthemen frühzeitig zu adressieren, damit diese gar nicht erst zu weit verbreiteten Baustellenproblemen führen“.
Problem: Fertigprodukt Fenster kommt zum Rohbau
Helmut Hilzinger bringt es gleich zu Beginn seiner Antwort auf den Punkt: „Natürlich ist die Baustelle für unser Fertigprodukt Fenster ein Problem. Kein Gewerk geht mit einem Endprodukt so früh in den Neubau wie wir mit unseren Fenstern und Türen.“ Oft sei noch nicht mal das Dach dicht, da beginne für die im EG montierten Fenster schon der Stresstest. Ganz klar: „Es kommen im Nachgang so viele Gewerke auf die Baustelle, dass das in den meisten Fällen nicht spurlos an unseren hochwertigen Fenstern und Gläsern vorbeigeht.“
Wie geht die hilzinger Gruppe mit der aus dieser Situation resultierenden, drohenden „Verletzungsgefahr“ für ihre edlen Elemente (nicht nur, aber auch) im Rahmenmaterialwerkstoff Holz um? Mit dem Komplettsystem Windowment oder wahlweise der Einbauzarge werden, vorzugsweise im Neubau, definierte Einbauvoraussetzungen geschaffen und genutzt, um zum einen Schnittstellen reproduzierbar im Sinne einer konsistenten Montagequalität zu handeln und durch die Implementierung von Prozessen hinsichtlich seriellem Bauen bzw. zweistufigem Bauablauf zum anderen die Verletzlichkeit des Bauteils Fenster signifikant zu reduzieren.
Der Sachverständige Marc Schütt verweist seinerseits auf den kausalen Zusammenhang zwischen der Planungsleistung einer grundlegenden „Analyse der benötigten Anforderungen an die zukünftigen Fenster und das umgebende Mauerwerk“, dem sich davon ableitenden Bestellprozess und der dadurch ermöglichten, fachgerechten Montage. Integraler Bestandteil dieses Zusammenspiels ist eine detailliert ausgearbeitete Montageplanung ebenso wie die fachliche Qualifizierung der Montageprofis.
Lösungsvorschläge
Weiterbildung, Qualifizierung, Ausbildung: Natürlich – um das Zitat von Bastian Timm aufzugreifen – kann eben nicht jeder fachgerecht Fenster montieren. Auf der Grundlage dieser Feststellung ist dann, genau wie der Berliner Unternehmer das tut, aber auch konsequent über den Kostendruck auf der Baustelle zu reden. Heißt: Höherwertige Montage durch bessere Qualifizierung – dann aber bitte auch zu einem anderen Tarif.
Das schließt höhere Anfangsinvests, wie etwa laut ift 13 Prozent mehr für die Vorabmontagezargen, ein. Dass, wie Stephan Gerwens wissen lässt, dazu längst nicht alle bereit sind, ist hinzunehmen; wenn auch, gerade in wirtschaftlicher Hinsicht mit Blick auf Nachbesserungen und im schlimmsten Fall Prozesskosten infolge der Beschädigungen durch Nachbargewerke, unter logischen Aspekten bisweilen fragwürdig. Übrigens äußert sich der konsequente Modernisierer im gleichen Kontext der Schadenshäufigkeiten auch noch über die aus seiner Sicht nicht minder wichtigen Lüftungskonzepte, um ebenso Schäden durch Feuchtigkeit und Schimmelbildung fernzuhalten.
Bleibt festzuhalten, dass gerade die Montage immer wieder auch Gelegenheit bietet, den Unterschied zu machen. So könnte man zwar das, was Stephan Gerwens über selbst angebotene Fensterfachplanungsleistungen sagt zuspitzen unter dem Motto: „Wenn Du vom Architekten keine vernünftige Planung mehr zu erwarten hast, dann mach sie selbst und verkauf sie ihm.“ Und auch bei Helmut Hilzinger klingt es nicht nach schierer Begeisterung, wenn er sagt, die Unternehmensgruppe übernehme Großprojekte, die der Fachhandel aufgrund siebenstelliger Auftragssummen gerne anderen überlässt.
Doch am Ende ist genau das der Markt: Sich darauf – insbesondere fachlich, logistisch, planungstechnisch – bestmöglich auszurichten und, bei allen offensichtlichen Schadensrisiken, daran zu partizipieren, ist die eine Option. Sich auf andere Marktsegmente zu fokussieren, eine andere. Nur gleichsam als schwächstes Glied in der Kette für Hersteller, Händler und Systemgeber in die Bresche zu springen und unbezahlt, aber mit vollem Risiko deren Planungslasten zu tragen – das sollte keine Option sein.