_ Kundenwünsche, konkurrierende Mitbewerber, neue Produkte, Digitalisierung, immer weitere technische Richtlinien und Vertragsregeln: Nie gab es so viele Aufgaben für die Meister im Handwerk wie heute – und so wenig Zeit dafür. Wer denkt sich da nicht: „Was soll ich denn noch alles machen… – ich habe doch keine Zeit!“ Es ist nachgewiesen, dass der Mensch im Stress entsprechend emotional handelt. Die Folge: Wichtige Entscheidungen werden aus dem Bauch getroffen – und können den Betrieb auch mal in den Abgrund stürzen, wenn vor einer Investition die Vorauszahlung vergessen wurde, die das Finanzamt fordern wird.
Unternehmer, die einen Zukunftsplan in der Tasche haben, tun sich da bedeutend leichter. Wie das Navigationssystem im Auto, steckt der Plan die Route ab und gibt so eine Richtung vor. Denn wer sich lange und weit verfährt, bis er das Ziel erreicht, verbrennt viel Zeit und Sprit.
Wer würde schließlich planlos und ohne finanzielles Budget und Risikoabsicherung in den Urlaub fahren? Wohl niemand.
Im Gegensatz dazu liegt die Anzahl der Unternehmer, die für die Zukunft des Betriebes ein ebenso klares Bild und einen daraus abgeleiteten schriftlichen Plan haben, unter 5 Prozent! Doch das Motto „Es ist noch immer gut gegangen!“ ist für Unternehmer ein schlechter Ratgeber. Wer sich ansatzweise Sicherheit und ein Mindestmaß an Kalkulierbarkeit für sich und seinen Betrieb wünscht, kommt um Planung nicht herum. Bei den Glaser- und Fensterfachbetrieben sind also nicht nur die Details bei der Ausführung wie Wandanschlüsse, Dichtigkeit etc. von Bedeutung, sondern auch die Planung des gesamten Produktionsverlaufs – all dies erfordert Vorstellungskraft und die Fähigkeit, daraus Prozesse abzuleiten und in die Tat umzusetzen. Sonst würde jede Baustelle im Chaos versinken.
Warum fällt es aber so schwer, diese Stärke ebenso effektiv zur Planung der eigenen Zukunft einzusetzen?
Früher ging es auch ohne eine Planung
Vermutlich war es früher gar nicht erforderlich zu planen, man ist es nicht gewohnt. Statt mit Beschlägen, Profilen und Glas aller Art soll jetzt mit Markt, BWA/Bilanzen und künftigen Kunden geplant werden. Der Markt hat bisher gut gesorgt für seine Teilnehmer: Gebaut wurde immer und die Banken finanzierten meist problemlos. Doch Banken wollen immer mehr Sicherheiten und vor allem wollen sie wissen, ob sich der Unternehmer im Klaren über sein Handeln ist. Ob er seinen Markt kennt, seine Leistungen, den Wettbewerb, die erfolgsversprechenden Alleinstellungsmerkmale – kurz: wie das Geld verdient wird, mit dem man den Kredit zurückzahlen möchte.
Nehmen Sie eine Regenjacke mit in den Urlaub?
Aber es gibt noch einen weiteren Grund dafür, die Zukunftsplanung zu verweigern: Dahinter steckt die Angst, festgelegt zu sein. Doch das ist ein großes Missverständnis. Es verhält sich wie mit der Regenjacke für den Urlaub. Wer nach Skandinavien reist, packt sie ein, weil er mit Regen rechnen muss und vorbereitet sein will. Das Ziel dabei: nicht zu frieren oder sich gar zu erkälten.
Wenn aber nun durchgehend die Sonne scheint? Dann zieht man nicht die Regenjacke an, nur weil man den Einsatz geplant und Regen erwartet hat. Und hier ist das Missverständnis: Pläne werden als unabänderbar gesehen. Als ob sie in Stein gemeißelt wären und, egal was kommt, auch umgesetzt werden müssen.
Vergleichen wir einen Geschäftsplan mit einem Bauzeitenplan. Wie verhält man sich, wenn etwas anders läuft als angenommen? Die Baugrube z. B. nicht zugeschüttet wird und das Gerüst erst 3 Wochen später aufgebaut werden kann? Man wird erst fluchen, dem Verursacher die Pest an den Hals wünschen, Bedenken anmelden und spätestens dann seinen Plan ändern und umorganisieren, weil (Achtung, das ist entscheidend!) man sein Ziel erreichen muss.
Ziel erreichen – das „Wie“ ist variabel
Ebenso verhält es sich mit Geschäftszielen: Entscheidend ist, DASS sie erreicht werden – beim WIE kann es durchaus Planänderungen geben. Reinhold Würth, einer der erfolgreichsten deutschen Unternehmer, hat seine Zukunft 10 Jahre vorausgeplant. So kann auch jeder Meister seine Zukunft in Form von Zielen und Maßnahmen planen. Ob auf Papier, mit Excel oder mit eigens entwickelten Programmen ist dabei egal. Bei kleineren Betrieben reicht ein Planungshorizont von 3–5 Jahren. Wer dafür ein Szenario entwickelt, macht einen entscheidenden Schritt in Richtung Konzentration und Vereinfachung, denn die Energie folgt dem Fokus.
Mit Organisationen und Ressourcen verhält es sich wie mit der Sonne und dem Brennglas: Je fokussierter und zielgerichteter die Ressourcen eingesetzt werden, desto schneller und wirksamer kommen die Ergebnisse.
Die wohl wirksamste Zielfindungsmethode weltweit
Doch wie finde ich meine Ziele? Die Methode Hoshin Kanri (Ho = Methode/Formular, Shin = Kompass, Kanri = Management/Steuerung) wurde in den 50er-Jahren in Japan entwickelt, um strategische Firmenziele systematisch und nachhaltig in die operative Praxis umzusetzen. Am Anfang steht die Vision: Stellen Sie sich ein wirklich attraktives, konkretes Endergebnis vor. Planen Sie anschließend konkrete Schritte:
- 1. Schritt: WAS? (3-Jahres-Durchbruchsziele bestimmen)
- 2. Schritt: WIE WEIT im ersten Jahr 2019 (Zwischenziele formulieren)?
- 3. Schritt: WIE? Mit welchen Maßnahmen?
- 4. Schritt: WIEVIEL UND WANN? Erfolgsindikatoren festlegen (Messgrößen)
- 5. Schritt: WER? Ressourcen/Verantwortlichkeiten festlegen
Mit dieser standardisierten Methode gelingt ein kontinuierlicher und umfassender Verbesserungsprozess.
Entscheidend: Formulieren Sie Ihre Ziele positiv und in der Gegenwart. 1–3 Ziele, deren Erreichung konsequent verfolgt wird, sind besser als zu viele Aktivitäten. Wichtig ist auch absolute Zielklarheit. Wir unterschätzen oft, was wir langfristig erreichen können, und überschätzen, was kurzfristig möglich ist.
Klare Ziele für Mitarbeiter mit Erfolgsbeteiligung
Wenn alle im Unternehmen gemeinsam auf ein Ziel hinarbeiten, dann findet überproportionale Entwicklung statt. Kommunizieren Sie Ihre Ziele also für alle verständlich und befähigen Sie Mitarbeiter und Führungskräfte. Beispiel: Sie wollen die Produktivität erhöhen. Vermitteln Sie z. B. Ihrem Bauleiter im Zielvereinbarungsgespräch seinen Anteil oder Beitrag und fragen Sie „Wie können WIR das lösen…?“. Motivieren Sie zur Mitarbeit und legen Sie eine Erfolgsbeteiligung fest. Denn Leistung muss sich lohnen. Informieren Sie über Fortschritte regelmäßig auf einem „Dashboard“ und erläutern Sie den „Spielstand“ – das wird Ihre Mitarbeiter zusätzlich motivieren!
Die langfristige Lösung aber heißt: Delegieren. An das System und die Mitarbeiter. Es gibt zahlreiche Prozesse, Abläufe und Vorgänge, die in Ihrem Betrieb bereits sehr gut und effektiv verlaufen. Systematisieren Sie diese und übertragen Sie diese Systematik auf andere Bereiche. Das fördert eine Entwicklung, die unbezahlbar ist: Jeder Mitarbeiter lernt, jeder wächst, jeder entwickelt sich und alle beginnen mit System zu arbeiten.
Vor allem aber entlastet es Sie und setzt Ressourcen für wichtige Führungsaufgaben frei. Sie gewinnen: Sicherheit, Klarheit – und Zeit.—
Die Autorin
Burga Warrings unterstützt und begleitet seit 15 Jahren Handwerksunternehmer bei der ergebnisorientierten Entwicklung (Schwerpunkt: Chef-Coaching, Unternehmensführung, Abläufe, Prozesse, Vertrieb) mit ihrem Unternehmen, die Erfolgsmeisterei GmbH. Gleichzeitig ist sie Herausgeberin des ErfolgsCockpits.
Kontakt: warrings@erfolgsmeisterei.de