Dass Glasflächen eine Gefahr für Vögel sein können, ist nicht neu: Vögel kollidieren mit Glas, da sie ein attraktives Ziel dahinter erkennen oder in der Spiegelung der (natürlichen) Umgebung. Dies ist in letzter Zeit in den Fokus der Öffentlichkeit geraten und hat die Baubehörden sensibilisiert.
Gegen Vogelschlag gibt es jedoch vielfältige Lösungen der Glasbranche: Der Bundesverband Flachglas stellt den aktuellen Stand und seine Positionen zum Thema in einem neuen Merkblatt vor. Hier vorab wesentliche Inhalte:
Rechtliche Anforderungen / Risikobewertung
Nach § 44 Bundesnaturschutzgesetz ist es „…verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (…).“
Beim Tod eines einzelnen Vogels an einer Glasfläche verstößt man dagegen noch nicht, doch bei einem „signifikant erhöhten Tötungsrisiko“. Hierfür gibt es aber keinen allgemein gültigen Schwellenwert; daher bewerten die Naturschutzbehörden im Einzelfall.
Dazu ziehen sie häufig die Kriterien der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten aus deren Papier „Vermeidung von Vogelverlusten an Glasscheiben – Bewertung des Vogelschlagrisikos an Glas“ heran.
Aber dennoch ist Vorsicht geboten: Es gibt keine Garantie, dass die Behörde nicht weitergehende Forderungen stellt! Und auch wenn eine Genehmigung schon erteilt ist, kann die Behörde noch Nachrüstungen und zusätzliche Auflagen anordnen.
Planer und Behörden sollten also eng zusammenarbeiten und schon in der Ausschreibung eine Leistungsposition für die Vogelschutzmaßnahmen vorsehen, damit ein geeignetes Glasprodukt angeboten werden kann.
Vogelschutzgläser als Lösung
Die Glashersteller und -verarbeiter bieten zahlreiche Lösungen an. Die BF-Mitgliedsunternehmen (www.bundesverband-flachglas.de) entwickeln hier stetig neue und innovative Produkte. Das Prinzip ist, das Glas durch Markierungen für Vögel sichtbar zu machen. Diese können z. B. durch Bedrucken, Lasermarkierungen, Beschichtungen sowie Ätzen und Sandstrahlen aufgebracht werden. Markiert werden können die Gläser selbst oder Folien, die in Verbundglas eingebracht oder (auch nachträglich) auf das Glas aufgebracht werden. Auch Struktur- oder Profilbaugläser können wirken.
Spezielle Beschichtungen mit Mustern aus UV-reflektierenden und absorbierenden Elementen sind für den Menschen weitgehend unsichtbar; bestimmte Vogelarten können dagegen im UV-Bereich sehen. An anderen, weitgehend transparenten Markierungen wird aktuell geforscht.
Prüfung der Wirksamkeit
Da die Bewertung im Freiland kaum möglich ist, sind Wahlversuche in Flugtunneln die Regel. Beim Versuch, den dunklen Tunnel zu verlassen, haben die Versuchsvögel die Wahl zwischen der markierten (zu prüfenden) und einer unmarkierten (Referenz-)Scheibe. Der Anteil, der die Testscheibe anfliegt, wird als Maß für die Wirksamkeit genommen. (Davor werden die Vögel natürlich abgefangen, durch ein spezielles Netz.)
Diese Wahlversuche werden i. W. durchgeführt von der Biologischen Station Hohenau-Ringelsdorf / Wiener Umweltanwaltschaft und der American Bird Conservancy (ABC) / Powdermill Aviation Research Center (USA).
In Hohenau-Ringelsdorf wird nach der österreichischen Norm ONR 191040 geprüft, die allerdings nie normativ eingeführt wurde.
Das Fraunhofer ISE hat in einer Studie für den BF die Prüfbedingungen in beiden Flugtunneln verglichen – so wird z. B. in den USA nur unter Durchsicht-Bedingungen geprüft, in Österreich zusätzlich auch auf Reflexion.
Die Durchsicht-Tests sind anwendbar z. B. für Lärmschutzwände oder Glasbrüstungen, die Reflexions-Tests z. B. für Fenster und Fassaden. Es bedarf also einer genauen Beschreibung im Prüfbericht. Als „Hochwirksam“ wird in Hohenau-Ringelsdorf eine Quote der Anflüge von max. 10 Prozent gewertet, als „Bestanden / Vogelfreundlich“ in Powdermill eine von max. 30 Prozent.
Darauf weist der BF hin
Der Begriff „Vogelschutzglas“ ist nicht rechtlich definiert oder geschützt, die Prüfung ist nicht normiert und die Bedingungen in den beiden hier genannten Prüfstellen sind unterschiedlich. Die Ergebnisse sind daher nur sehr bedingt vergleichbar. Tendenziell erhöht eine Reflexion das Risiko; geringe Reflexion allein macht aber noch kein Vogelschutzglas.
Die Position des BF (G www.bundesverband-flachglas.de) ist es, dass stets eine Prüfung erforderlich ist sowie der Nachweis, dass diese für den konkreten Glasaufbau auch gültig ist.
Testkapazitäten sind aber sehr limitiert, weil im europäischen Raum nur eine Prüfstelle agiert und Prüfungen saisonal nur begrenzt möglich sind. Die ABC hat Ansätze für die Einstufung von Gläsern nach bestimmten Designmerkmalen vorgelegt, die aber für eine rechtssichere Anerkennung in Deutschland nicht ausreichen.
Der BF-Arbeitskreis Vogelschutzglas arbeitet mit Experten gemeinsam daran, Übertragungsregeln aufzustellen, welche Prüfungen für welche Glasaufbauten gelten können, und die Zukunft der Prüfmethoden zu gestalten.
Das neue BF-Merkblatt zu Vogelschutz mit Glas wird in Kürze erhältlich sein.