_ Die Arbeitsstättenverordnung gibt dem Tageslicht grundsätzlich Vorrang bei der Arbeitsstätten- bzw. Arbeitsplatzbeleuchtung. Die Berufsgenossenschaftliche Regel 131 „Natürliche und künstliche Beleuchtung von Arbeitsstätten“ und die Berufsgenossenschaftliche Information 7007 „Tageslicht am Arbeitsplatz“ konkretisieren bzw. ergänzen die Verordnung mit Ausführungsbeispielen und Anwendungsbeschreibungen.
Was ist Tageslicht?
Tageslicht ist der sichtbare Teil der Strahlung der Sonne. Ebenso wie zwischen direkter und diffuser Strahlung gibt es auch Unterschiede zwischen dem direkt einfallenden Sonnenlicht und dem gestreuten Himmelslicht. Für Planungszwecke sollte der Begriff „Tageslicht“ daher wenn möglich durch die Begriffe „Sonnenlicht“ und „Himmelslicht“ präzisiert werden. Der strahlungsphysikalischen Größe Bestrahlungsstärke entspricht in der Lichttechnik die nach der Empfindlichkeitsfunktion V() bewertete Beleuchtungsstärke E. Sie wird in der Einheit Lux (lx) gemessen. Unterschieden wird zwischen der Innenbeleuchtungsstärke Ei und der Außenbeleuchtungsstärke Ea. Beispielsweise beträgt in unseren Breitengraden die im Freien herrschende Außenbeleuchtungsstärke Ea an einem wolkenlosen Sommertag (Juli) bei unverbautem Außenraum rund 100 000 lx, an einem trüben Winternachmittag (Dezember) rund 3000 lx. 80 Prozent aller Sinneseindrücke sind optischer Natur und werden über das Licht vermittelt. Für den Tageslichttechniker beginnt und endet der Tag, wenn die Außenbeleuchtungsstärke mindestens 5000 lx beträgt, alles darunter ist Dämmerung. 5000 lx entsprechen etwa der Außenbeleuchtungsstärke in Höhe Kassel bei gleichmäßig bedecktem Himmel am 10. Dezember gegen 10 Uhr.
Tageslicht am Arbeitsplatz
Der Mensch besitzt eine ausgeprägte Fähigkeit, über sein optisches Sinnesorgan Formen, Farben und zeitliche Abläufe zu erkennen. Der Sehfunktion kommt daher bei fast allen Tätigkeiten des Menschen eine besondere Bedeutung zu. Physiologische Untersuchungen ergaben, dass der Sehvorgang 25 Prozent unseres Energiehaushalts verzehrt, während gleichzeitig etwa 80 Prozent unserer Nerven durch optische Reize beansprucht werden.
Leuchtdichte und Blendung
Die Leuchtdichteverteilung hängt insbesondere von der Art der Tageslichtöffnungen ab, die seitlich (Fenster) oder im Deckenbereich (Dachoberlichter) angeordnet sein können. In beiden Fällen unterscheidet sich die Tageslichtbeleuchtung durch die Großflächigkeit der Lichtquellen von einer künstlichen Beleuchtung. Da sich die an einem bestimmten Punkt erreichte Beleuchtungsstärke aus dem Produkt der Fläche der Lichtquelle und deren Leuchtdichte errechnet, ist die erforderliche Leuchtdichte großflächiger Quellen für eine bestimmte Ausleuchtung viel geringer als bei Quellen geringer Ausdehnung. Aus diesem Grund fehlen bei Tageslichtbeleuchtung hohe Spitzenleuchtdichten, die bei üblichen Lampen zwischen 8000 cd/m2 (ältere Leuchtstofflampen) und 40 000 cd/m2 (moderne T5-Lampen) liegen können. Die Leuchtdichteverteilung ist bei diffusem Tageslicht u. a. wegen der größeren Leuchtfläche harmonisch. Bei direktem Sonnenlicht sind deshalb wegen der extremen Spitzenleuchtdichten Sonnenschutzmaßnahmen vorzusehen. Bei der Blendung wird zwischen psychologischer und der physiologischer Blendung unterschieden: Die psychologische Blendung entsteht durch direkte Einwirkung der Lichtquellen auf das Auge bzw. durch Reflexe auf anderen Objekten (Reflexblendung). Hinsichtlich Reflexblendung und Schleierreflexion können bei der Tageslichtbeleuchtung in der Regel bessere Bedingungen realisiert werden, weil großflächige Lichtquellen wie Fenster oder Dachoberlichter wegen ihrer niedrigeren und durch geeignete Sonnenschutzsysteme zusätzlich anpassbaren Leuchtdichte sehr viel weniger Reflexblendung erzeugen als kleinflächige Lampen.—