_ Die Energieeinsparverordnungen in vielen europäischen Ländern (speziell Deutschland gilt hier als Vorreiter der Entwicklung) verlangen per Gesetz nach Gläsern mit bestmöglichem Wärmedämmvermögen, sowohl in Wohn- als auch in öffentlichen Gebäuden. Die Folge ist eine steigende Nachfrage nach effizienten Wärmeschutzgläsern.
Allerdings treten vor allem im Nichtwohnbau Situationen auf, in denen hohe solare Gewinne zunehmend unerwünscht sind. Es ist davon auszugehen, dass bei einer Innenraumtemperatur von 28 °C die Leistungsfähigkeit der Raumnutzer (beispielsweise in einem Büro) auf rund 70 % sinkt, bei einer Temperatur von 30 °C sind es nur noch 60 %. Hier ist der passende Sonnenschutz gefragt.
Ziel eines effizienten Sonnenschutzes muss es sein, möglichst viel Licht, also nur den sichtbaren Teil der Sonneneinstrahlung, in den Raum zu lassen und möglichst wenig Wärmeenergie.
Wann braucht auch die Nord-Fassade einen Sonnenschutz?
Zu berücksichtigen ist weiter, dass in Sachen Sonnenschutz die Anforderungen an die Gebäudeplanung auch bei Nord- und Ostfassaden gestiegen sind. Denn selbst bei Fassadenausrichtungen mit vermeintlich schwachem Wärmeeintrag müssen angemessen temperierte Innenraumbedingungen geschaffen werden. So ist ein optimal auf jede Fassadenausrichtung angepasster Sonnenschutz erforderlich.
Die heute typischerweise niedrigen U-Werte der Fassadengläser sorgen für eine gute Wärmedämmung im Winter. Leider „funktioniert“ der U-Wert aber auch im Sommer. Das heißt: Durch Sonneneinstrahlung in das Gebäude eingebrachte Wärme kann kaum wieder hinaus.
Dies macht es je nach Gebäude erforderlich, auch Nordseiten mit Sonnenschutzglas auszustatten. Denn bei Fassaden mit niedrigen U-Werten wird der diffuse Strahlungsanteil auf Nordseiten leicht zum „entscheidenden Lastfall“.
So lassen sich zu hohe Raumtemperaturen vermeiden
Maßgeblichen Einfluss auf das Innenraumklima haben neben der Gebäudebauart (schwer oder leicht), der Lüftung (Luftwechselrate), und den inneren Lasten (z. B. die Anzahl der Personen und elektrischen Geräte im Raum) natürlich auch der Sonnenschutz und die Fensterfläche.
Nach einer Studie von Dr. Armin Schwab, Sachverständiger für Metall- und Glaskonstruktionen, ist jedoch der Einfluss der ersten drei Faktoren maßgeblich. Das heißt:
- ohne ausreichende Speichermassen
- ohne ausreichende Lüftung und
- ohne definierte innere Wärmelasten
sind die anderen Maßnahmen – so effizient sie im Einzelfall für sich betrachtet sein mögen – keinesfalls ausreichend für den optimierten Sonnenschutz. So wird ein Flachbau mit einfacher Dämmung, Gipskartontrennwänden und ohne ausreichende Nachtlüftung auch durch den Einsatz kleiner Fensterflächen und außen liegender Jalousien nicht zum Wohlfühlort im Sommer.
Umgekehrt heißt dies aber auch: Bei positiven Rahmenbedingungen hinsichtlich dieser Parameter lässt sich die Temperatur in Innenräumen selbst bei Verwendung größerer Fensterflächenanteile von über 50 Prozent deutlich reduzieren.
Sonnenschutz muss immer individuell geplant werden
„Den“ optimalen Sonnenschutz für Gebäude gibt es nicht. Jedes Bauwerk bedarf im Vorfeld aufgrund der unterschiedlichen Gebäudeausrichtung, der Lüftung, Speichermassen, Fensterflächenanteile und Wärmeeinträge einer genauen Planung.
Wenn Bauherren beim Kauf oder Bau einer Immobilie Wert auf Energieeinsparung und thermische Behaglichkeit im Sommer wie im Winter legen, wird dies auch zusehends in Planerkreisen berücksichtigt.
Sonnenschutzglas nicht vergessen
Wenn Verarbeiter bereits in der Planungsphase die für sie relevanten Gebäudedaten und Ausrichtungen erfragen, können sie auf Basis der Informationen individuelle Sonnenschutzlösungen anbieten und Planer und Bauherren auch auf den Einsatz von passendem Sonnenschutzglas (in allen Fassadenausrichtungen) informieren und überzeugen.
Hochverglaste Fassaden lassen sich heute sowohl mit einer Kombination aus leichtem Sonnenschutzglas und externem Sonnenschutz als auch mit hocheffizientem Sonnenschutzglas und nur einer innen liegenden Jalousie/einem Rollo nachweisen.—
auf einen Blick: PlanungTippsfür den Sonnenschutz
- Räume an der Südfassade sind oft unkritischer als an Ost- oder Westseiten. Dies hängt mit der stärkeren Energiereflexion des Sonnenlichts durch den hohen Sonnenstand bedingt zusammen.
- Osträume zeigen ein vergleichbares sommerliches Wärmeverhalten wie Westräume. Meist ergibt sich nur eine zeitliche Verschiebung der Maximalwerte.
- Die Steuerung bzw. das Nutzerverhalten von Sonnenschutzsystemen hat einen wesentlichen Einfluss auf das sommerliche Wärmeverhalten.
- Nachtlüftungskonzepte verbessern das sommerliche Wärmeverhalten von Gebäuden entscheidend.
- Innen liegende Sonnenschutzsysteme (Jalousien, Raffstores etc.) sind in Verbindung mit Wärmeschutzglas in der Regel kritisch. In Kombination mit Sonnenschutzglas können diese Systeme aber ausreichen.
- Lösung für höchsten Komfort: Wärmedämmglas mit außen liegendem Sonnenschutz.
- Preiswerteste Lösung: Sonnenschutzglas in Kombination mit innen liegender Jalousie/Raffstore
Der Autor
Ralf Vornholt, Leiter technisches Marketing der Saint-Gobain Glass Deutschland GmbH