Glaswelt – Herr Löhner, die R+T digital ist vorüber, wer sind die Gewinner?
Tobias Löhner – Auf der einen Seite profitierte natürlich der Anbieter der Software-Lösung, weil es nicht ohne Online-Plattform ging. Die Messegesellschaft selbst hat sich auch in dieser Situation bewährt und ihre Professionalität und Flexibilität unter Beweis gestellt. Damit gewinnt sie weiter an Vertrauen für die Zukunft. Wir als Aussteller verbuchen die diesjährige Ausgabe als Erfahrungsgewinn. Die Messebesucher sind sicher verschiedener Meinung, das geht von Zufriedenheit bis zu Enttäuschung. Manche hatten sich mehr virtuelles Erlebnis versprochen, etwa wie im Computerspiel, anderen war das einfach viel zu unpersönlich.
Glaswelt – Der Messebau erfolgte diesmal mehr oder weniger durch die Marketingabteilungen selbst. Zeichnen sich dadurch besondere Lernkurven für die Zukunft ab?
Löhner – In unserem Messeteam wirkten nach wie vor viele andere Interne und Externe mit, im Endeffekt verteilen sich die Aufgaben sogar auf mehr Schultern. Um Raffstoren- und Textilscreens-Neuheiten an Mustern zu zeigen, bauten wir ein Video-Studio mit vier isolierten Kabinen. So kam auch der Messebauer zum Zug. Aber natürlich: Der Auftritt wird marketinglastig. Gesellige Highlights wie Catering und Messeparty entfallen leider komplett. Digitale Auftritte meistern heißt aus unserer Sicht, viel und oft zu proben, ob für den Anwender (Messebesucher) alles intuitiv funktioniert. Außerdem sollten Messeveranstalter wie die R+T die Betreuung der digitalen Plattform mehr integrieren, so dass es weniger unterschiedliche Ansprechpartner in der Vorbereitungsphase gibt. Unser Ansporn ist es auch, digital als die gleiche werthaltige und nahbare Marke wahrgenommen zu werden, wie uns das durch den persönlichen Kontakt am realen Messestand gelingt.
Glaswelt – Kurze Frage, kurze Antwort. Können reale Messen durch digitale Veranstaltungen ersetzt werden?
Löhner – Nein. In anderen Branchen vielleicht, bei uns nicht! Das echte „R+T Messe-Feeling“ kommt in keiner Weise auf.
Glaswelt – Wieviel digitale Inhalte werden wir auf den nächsten Messen in 2022 erleben?
Löhner – Ich sehe es positiv, dass sich die digitalen Bausteine sehr gut ins Internet verlängern lassen. Die Verknüpfung mit unseren Videokanälen für Fachpartner oder beispielsweise Instagram fällt leicht und es gibt hier mehr Interaktionen. Aber wir bei Roma hoffen alle sehr, dass das Hauptprogramm der R+T 2022 wieder real und physisch vor Ort in den Messehallen in Stuttgart abläuft. Die Handwerkskunden dürsten nach den gemeinsamen Erlebnissen, die die Pandemie aktuell nicht zulässt. Sicher wird es aber unabhängig vom Pandemie-Verlauf nächstes Mal mehr Digitalisierung geben, weil der Weg nun eingeschlagen ist: Bewegungsprofile der Besucherströme – eventuell sogar angeordnete Kontaktverfolgung. Online-Übertragungen von Podiumsgesprächen und Preisverleihungen – das eröffnet mehr Zuschauern die Möglichkeit zur Teilnahme. Manche werden nicht mehr anreisen, sondern sich online informieren, sei es wegen der Entfernung oder aus Zeitgründen. Insgesamt werden die Akteure „gläserner“ und genießen gleichzeitig neue Vorteile, ganz wie es generell im Internet ist. Ich beurteile das nicht, rechne aber mit dieser Entwicklung.
Glaswelt – Wie hat sich das Leben mit ihren Fachpartnern mit den Erfahrungen seit März 2020 geändert? Gibt es Unterschiede zwischen der R+S und der Fensterbranche?
Löhner – Im Vertriebsalltag macht sich die digitale Erweiterung bemerkbar. Selbstverständlich kommunizieren wir nun mit Fachpartnern zusätzlich in Videokonferenzen, halten jedoch den persönlichen Kontakt aufrecht, soweit unter den notwendigen Infektionsschutzmaßnahmen möglich. Von der aktuellen Situation, in der viele Menschen mehr Zeit zuhause verbringen, profitieren insbesondere die Produkte, die den Wohnraum aufwerten. Es geht um Privatsphäre, Blendschutz bei der Bildschirmarbeit und das passende Raumklima. Sicht- und Sonnenschutz spielt da seine Stärken perfekt aus, wodurch die R+S Branche besonders profitiert.
Glaswelt – Sie sind seit Januar 2020 “Member of Marketing Committee” bei ES-SO (European Solar Shading Organisation). Welche Themen werden hier digital gespielt?
Löhner – In Europa ist der Heiz- und Kühlaufwand von Wohngebäuden enorm. Sonnenschutz bzw. Verschattung bietet dem Menschen eine Maßnahme gegen den Klimawandel, die ihn gleichzeitig vor dessen spürbaren Folgen schützt. Ziemlich genial also, und trotzdem noch nicht in allen Köpfen der Entscheider und Behörden. Die digitalen Aufgaben im ES-SO Marketing Committee sind aktuell die Bespielung der Social Media für mehr Sichtbarkeit, die Anpassung der Marke an digitale Kanäle, die Online-Pressearbeit sowie perspektivisch viel mehr Bewegtbild. Digital können wir, die ES-SO Unterstützer, die gemeinsamen Zielgruppen genauer erreichen und das Budget zielgenau einsetzen.
Das Interview führte GLASWELT Redakteur Olaf Vögele.