Erich Gluch vom ifo Institut hat auf einer Pressekonferenz zur anstehenden BAU in München spannende Ergebnisse der Euroconstruct-Gruppe über die Bautätigkeit in Deutschland und Europa vorgetragen. Ein Statement: In Deutschland weist das Umfeld für den Wohnungsbau nahezu eine Idealkonstellation auf.
Das europäische Bauvolumen – exemplarisch dargestellt an den Daten der 15 west- und 4 ost-europäischen Länder der Euroconstruct-Gruppe – wird in diesem Jahr um rund 2 % schrumpfen. In nur fünf Jahren werden sich damit die Bauaktivitäten um gut ein Sechstel verringert haben, so Gluch auf der Pressekonferenz in München.
Am ungünstigsten sind die Aussichten im Tiefbau. Hier dürfte es bis 2014 lediglich darum gehen, das derzeitige Investitionsvolumen wenigstens zu halten. Im Nichtwohnhochbau sollte sich zumindest in 2014 die Nachfrage etwas beleben. Die besten Prognosewerte liegen für den Wohnungsbau vor. Hier wird für 2013 (+1½ %) sowie für 2014 (+3 %) ein Anstieg erwartet.
Was die Entwicklung in den einzelnen Ländern betrifft, so zeigen sich zum Teil erhebliche Unterschiede. Denn die anhaltend ungünstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben mittlerweile recht unterschiedliche Auswirkungen auf die Baunachfrage ausgelöst. Besonders negativ betroffen sind die mit ihrer hohen Verschuldung kämpfenden Mittelmeerländer. In diesen wird massiv Kapital abgezogen und in „sichere“ Häfen wie beispielsweise die Schweiz, Norwegen und Deutschland transferiert. Besonders häufig fließen diese Gelder dann in den Immobiliensektor. Der Wohnungsbau, das eindeutige Schwergewicht der gesamten Bauaktivitäten, erfährt damit in diesen Ländern sichtliche Impulse.
In Deutschland ist daher der Wohnungsbau wachgeküsst worden. Nach vielen Jahren der Lethargie und Ernüchterung, mit stagnierenden oder gar sinkenden Immobilienpreisen sowie einer nicht enden wollenden Talfahrt bei den Wohnungsfertigstellungen, weist das Umfeld für den Wohnungsbau mittlerweile nahezu eine „Idealkonstellation“ auf:
- niedrige Hypothekenzinsen
- steigende reale Einkommen der privaten Haushalte
- moderate Arbeitslosigkeit
- wachsende Zuwanderung.
Bis vor etwa einem Jahr kamen in den meisten Regionen auch noch günstige Immobilienpreise hinzu. Diese sind in etlichen Städten unwiederbringlich vorbei. Denn gestiegene Preise führten, forciert von geballten Inflationsängsten, gefüllten Geldmarktkonten und gewaltiger Kapitalflucht aus den südlichen Euroländern, zu weiter steigender Wohnungsnachfrage.
Vielfach wird bereits von einer Preisblase bei Wohnimmobilien gesprochen, was total abwegig ist. Denn von Preisniveaus für Wohnungen, wie wir sie in Paris oder London vorfinden – nach dem Platzen der Preisblasen – sind wir selbst in Hamburg, Stuttgart oder München noch meilenweit entfernt. Schließlich ist bis heute Wohnraum in den meisten deutschen Großstädten noch knapp.
Der öffentliche Hochbau wird in den nächsten Jahren weiterhin nur eine untergeordnete Rolle spielen. Die realisierten Baumaßnahmen werden sich im Wesentlichen im Gebäudebestand abspielen. Die Entwicklung der gesamten Baunachfrage in Deutschland dürfte somit in den nächsten Jahren nicht ungünstig verlaufen. Nach zwei exzellenten Jahren 2010 (+3,2 %) und 2011 (+5,8 %) wird es in diesem Jahr (+0 %) zwar eine „Verschnaufpause“ geben. 2013 (+2½ %) und 2014 (+2 %) dürfte sich der Aufwärtstrend jedoch wieder fortsetzen.