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Glaswelt Gespräch

Großer Markt mit großen Chancen

Glaswelt – Herr Kohler, kann die Regierung ihr Ziel erreichen, den Gebäude-Energiebedarf bis 2020 um 20 Prozent zu senken. Wird sie es schaffen, die Sanierungsquote zu verdoppeln (auf 2 % p.a.)?

Stephan Kohler – Wenn wir die von der Bundesregierung angestrebten Sanierungsziele erreichen wollen, müssen mindestens 2 Prozent des Gebäudebestands pro Jahr energetisch saniert werden. Derzeit erreichen wir jedoch nur rund die Hälfte davon. Immerhin steht in den nächsten 20 Jahren bei rund 50 Prozent der Wohnhäuser eine Sanierung an. Diese Gelegenheit darf nicht ungenutzt bleiben: Alte Heizungsanlagen, unzureichende Dämmung und undichte Fenster und Türen müssen endgültig der Vergangenheit angehören.

Um diese Ziele zu erreichen, ist ein Dreiklang aus Ordnungsrecht, Förderung und Marktinstrumenten notwendig. Die aktuelle Diskussion um die Novelle der EnEV weist mit einer angemessenen Anpassung des Niveaus bei Neubauten von je 12,5 Prozent in zwei Stufen schon in die richtige Richtung. Die Förderung muss schnell deutlich ausgebaut und verstetigt werden.

Das CO2-Gebäudesanierungsprogramm mit Zuschüssen und zinsgünstigen Krediten ist sehr erfolgreich, die Förderkulisse muss aber zügig durch die Möglichkeit der steuerlichen Absetzbarkeit von Sanierungsmaßnahmen ergänzt werden. Mittelfristig sind für den Gebäudebereich fünf Milliarden Euro an staatlichen Fördermitteln pro Jahr notwendig. Damit Deutschland der Weg aus dem Sanierungsstau gelingt, benötigen wir zudem qualifizierte Fachakteure, die Ausweitung von Energieberatungen und leicht verständliche Sanierungsinformationen und -angebote für Eigentümer. Wenn wir die Rahmenbedingungen entsprechend anpassen, werden wir das Sanierungsziel erreichen können.

Glaswelt – Wie sieht es in der Praxis aus, lassen sich die genannten Ziele auch wirtschaftlich umsetzen, und rechen sich energetische Sanierungsmaßnahmen für Bauherren überhaupt?

Kohler – Wir haben bereits 2010 anhand einer Untersuchung von rund 250 Gebäuden nachweisen können, dass alte und sanierungsbedürftige Mietshäuser auf einen sehr guten Energiestandard gebracht werden können, ohne dass die Warmmiete steigen muss. Das heißt, dass die Erhöhung der Kaltmiete durch die eingesparten Energiekosten ausgeglichen wird und nicht zu einer Mehrbelastung der Mieter führen muss. Besonders wirtschaftlich sind Sanierungen also, wenn ohnehin Maßnahmen durchgeführt werden müssen, etwa weil die Heizung defekt ist, Fenster neu eingebaut werden sollen oder der Putz schon großflächig abfällt. Denn dann können Effizienzmaßnahmen mit nur geringen Mehrkosten umgesetzt werden. Diese Maßnahmen zahlen sich dann wirtschaftlich über die Energiekosteneinsparungen schnell wieder aus.

Generell ist es am günstigsten, die Effizienzmaßnahmen an Heizung, Lüftung, erneuerbaren Energien, Gebäudehülle, Fenstern, Dach oder Keller gleich sinnvoll miteinander zu kombinieren. Es ist aber auch möglich, über einen gewissen Zeitraum gestreckt, einzelne Maßnahmen hintereinander umzusetzen. In jedem Fall sollte ein Energieberater das Gebäude untersuchen und die effizientesten Maßnahmen berechnen.

Glaswelt – Sanierungen im Bestand stellen oft komplexe Anforderungen und die Verbraucher sind auf eine fundierte Beratung angewiesen. Befragen sie dazu eher den Energieberater oder den Handwerker?

Kohler – Wichtig ist, dass der Berater eine qualifizierte Berufsausbildung und eine Weiterbildung im Bereich energetisches Bauen und Sanieren absolviert hat. Dabei sollte der Berater als Grundqualifikation beispielsweise Architekt, Ingenieur oder Handwerksmeister sein. Außerdem sollte er eine Weiterbildung wie den Gebäudeenergieberater im Handwerk oder den BAFA-Berater vorweisen können und sich regelmäßig fortbilden. Gute Berater, die all dies auch nachgewiesen haben, finden Sie auf unserer Internetseite http://www.zukunft-haus.info/effizienzhaeuser.

Glaswelt – Was würden Sie Handwerkern (Fensterbauern, Glasern) empfehlen, die sich verstärkt auf die energetische Gebäudesanierung spezialisieren möchten?

Kohler – Die energieeffiziente Sanierung von Gebäuden ist ein großer Zukunftsmarkt. Fensterbauer und Glaser sollten deshalb das Thema energetische Gebäudesanierung offensiver für das eigene Marketing nutzen und Angebote entwickeln, die für den Eigentümer leicht verständlich sind. Sie sollten sich als kompetenter Ansprechpartner für die Verbesserung der Energieeffizienz darstellen und begreifen. Wer hier gute Dienstleistungen anbieten kann, hat auch in der Zukunft Erfolg am Markt. Mit dem Gebäudeenergieberater im Handwerk wurde eine sehr gute Weiterbildung initiiert, die bei den Kunden Vertrauen schafft. ­—

Die Fragen stellte Matthias Rehberger, Chef­redakteur der GLASWELT.

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