_ Obwohl ein gesundes Wohnumfeld nicht öffentlich diskutiert wird, halten viele Europäer zentrale Aspekte gesunder Innenraumbedingungen wie Tageslicht und gute Raumluftqualität für wichtiger, als den Verzicht auf Rauchen oder regelmäßigen Sport. Das zeigen die Ergebnisse des „Healthy Homes Barometers“. An dieser, von Velux in Auftrag gegebenen europaweiten Umfrage zur Wohngesundheit, nahmen insgesamt 12 000 Menschen aus zwölf Ländern Europas teil.
Schlechte Innenraumbedingungen machen krank
Das eher intuitive Verständnis der Bewohnern über die Bedeutung eines gesunden Wohnumfelds für ihre persönliche Gesundheit wird durch die Tatsache gestützt, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen bei Menschen auftreten, die mit dem Aufenthalt in Gebäuden in Zusammenhang zu stehen scheinen. Gemeinsamer Nenner ist dabei das Innenraumklima, für dessen Qualität ein ausreichender Luftwechsel entscheidend ist. Auch die Folgen von schlechter Lichtqualität für Gesundheit und Leistungsfähigkeit lassen sich mittlerweile belegen.
Wir Menschen verfügen über eine innere Uhr, die wichtige biologische Prozesse rhythmisch steuert wie z. B. den Tag-Nacht-Rhythmus. Um diese innere Uhr zu synchronisieren, braucht der Mensch jeden Tag eine gewisse Menge an Licht. Diese kann normalerweise nur Tageslicht zur Verfügung stellen. Diese Lichtmenge muss weit über dem liegen, was beispielsweise zum Lesen notwendig ist. Studien belegen, dass Menschen, die an ihrem Arbeitsplatz über wenig Tageslicht verfügen nach einiger Zeit über zahlreiche Befindlichkeitsstörungen klagen. Je weiter der Arbeitsplatz im Rauminnern und damit von Fenstern entfernt liegt, desto stärker fallen diese Störungen aus.
Auch bei Kindern, die sich in vorwiegend künstlich beleuchteten Klassenräumen aufhalten, wurden vermehrt psychomotorische Beeinträchtigungen festgestellt.
Im Umkehrschluss kann eine ausreichende Versorgung mit Tageslicht jedoch die Genesung fördern, was mit verkürzten Krankenhausaufenthalten einhergeht. Diese Ergebnisse zeigen, dass die Aspekte Licht und Gesundheit stärker bei der Planung von Gebäuden berücksichtigt werden muss.
Trotz der Tatsache, dass Tageslicht und gute Luft in Gebäuden unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit beeinflussen, besteht häufig ein großer Unterschied zwischen Theorie und Praxis.
Das belegt auch eine Untersuchung des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik von 2014 über die Auswirkungen des Raumklimas in europäischen Wohngebäuden und Schulen in Bezug auf Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Diese von Prof. Dr. Gunnar Grün initiierte Metastudie zeigt, dass es bei den Innenraumbedingungen des Gebäudebestands erhebliche Mängel gibt.
Um das Raumklima dort zu verbessern, wo Menschen leben, arbeiten und lernen, bedarf es deshalb nach Ansicht der Autoren weiterer Maßnahmen sowie deren Aufnahme in nationale Bauvorschriften und die europäische Baugesetzgebung.
Regelmäßiger Luftwechsel für gesundes Raumklima
Doch vor dem Hintergrund des Klimawandels und dem damit verbundenen Ziel, den Energiebedarf von Gebäuden zu reduzieren, haben sich die Probleme jedoch verschärft. Denn durch das Konzept einer weitgehend luftdichten Gebäudehülle wird der Luftaustausch gestoppt, der früher durch undichte Fugen auch bei geschlossenen Fenstern unbeabsichtigt von alleine erfolgte. Dadurch erhöht sich nicht nur die Konzentration von CO2 und Schadstoffen in der Raumluft – auch die Feuchtigkeit, die beim Kochen, Duschen oder Wäschetrocknen etc. an die Raumluft abgegeben wird, kann nicht abziehen, sodass die Gefahr von Schimmelbildung steigt. Der Gesetzgeber hat die Probleme luftdichter Gebäudehüllen erkannt und in der Energieeinsparverordnung (EnEV) berücksichtigt. Danach muss heute ein erforderlicher Mindestluftwechsel sichergestellt sein.
Das bedeutet, dass zum Feuchteschutz des Gebäudes etwa alle sechs Stunden die Raumluft einmal komplett ausgetauscht werden muss, ohne dass die Nutzer selbst eingreifen. Sollte dieser Mindestluftwechsel nicht automatisch über die natürliche Infiltration durch die Gebäudehülle erfolgen, sind lüftungstechnische Maßnahmen erforderlich.
Tageslicht – Taktgeber des Lebens
Die Entwicklung des Menschen ist ein Prozess von Millionen von Jahren. Bis zu 12 000 Jahre kann es dauern, bis sich die Gene des Menschen auf eine veränderte Situation angepasst haben.
Das elektrische Licht dagegen kann bislang nur eine gut 150-jährige Geschichte vorweisen und hat dem Menschen somit keine Chance gelassen, sich genetisch an die künstlichen Lichtquellen und ihren spektralen Aufbau anzupassen. Deshalb zählt die Forschung über die Wirkung von Licht auf die Gesundheit und das Wohlbefinden von Menschen zu den spannendsten Themen des letzten Jahrzehnts.
Licht ist nicht gleich Licht
Nahezu alle chemischen Prozesse in unserem Körper stehen direkt oder indirekt mit der Lichtqualität in Zusammenhang. So konnte beispielsweise Prof. Dr. med. Markus J. Schwarz vom „Klinikum und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität München“ in seiner Forschung die komplexen Zusammenhänge zwischen der Lichtqualität und den Funktionen und Erkrankungen von Körperorganen aufzeigen.
Insbesondere ist es hier das Vitamin D von Bedeutung, das die Gesundheit des Menschen positiv beeinflusst und dessen Fehlen zu Störungen in den Funktionen führt. Seine Bildung steht in direkter Abhängigkeit von Licht – insbesondere von Tageslicht. Ein Vergleich des Effektes von Tages- und Kunstlicht verdeutlicht den Unterschied: So reicht eine Sonnenlichteinwirkung von 22 Minuten in der Mittagszeit aus, um eine vorübergehende Erhöhung der Vitamin-D-Konzentration herbeizuführen. Dass es sich hierbei um eine erhebliche Strahlenmenge handelt, zeigt zum einen die Tatsache, dass bereits 65 Prozent dieser für eine Änderung der Vitamin-D-Konzentration benötigten Sonnenlichteinwirkung ausreicht, um bei heller, empfindlicher Haut eine Rötung hervorzurufen. Zudem zeigt der Vergleich mit den Daten eines Herstellers von UV-B-Leuchtstofflampen, welche die ultraviolette Strahlung des Sonnenlichts simulieren, dass für den gleichen Effekt eine durchgehende Belichtung durch in Deckenhöhe angebrachte Lampen von mindestens 30 Stunden erforderlich ist.
Tageslichtplanung verbindet Wohlbefinden und Energieeffizienz
Auch die Tageslichtversorgung von Wohnräumen wird durch die Anforderungen der EnEV beeinflusst. Da diese vor allem Dämmwerte berücksichtigt, sind Fenster mit 3-fach-ISO jetzt die Folge, diese bremsen oft den Lichteintrag. Welche Lichtmengen im Inneren eines Gebäudes zur Verfügung stehen, können Planer und Architekten durch die Berechnung des Tageslichtquotienten bereits in der Planungsphase eines Gebäudes ermitteln.
Dieser international anerkannte Wert in Prozent gibt an, wie viel des außen verfügbaren Tageslichts im Innenraum ankommt. Da in die Bestimmung des Tageslichtquotienten neben der Größe und Position von Fenstern auch die Wetterdaten und Sonnenhöchststände des jeweiligen Standorts im Jahresverlauf einfließen, ist eine Vergleichbarkeit von verschiedenen Gebäuden möglich, und zwar unabhängig von ihrer geografischen Lage.
Unterstützung bei der Tageslichtplanung bietet der Velux „Daylight Visualizer“. Diese kostenlose Software ermöglicht es, verschiedene Tageslichtsituationen innerhalb von Gebäuden zu analysieren und zu visualisieren.
Berechnung leicht gemacht
Das Programm verfügt über eine Importfunktion von 3D-Modellen aus anderen CAD-Programmen und unterstützt neben OBJ und SKP auch die Formate DWG und DXF.
Dadurch ist es in der Lage, sowohl den Einfluss von Dach- und Fassadenfenstern als auch von Innenraumoberflächen und Möbeln auf die Lichtverhältnisse im Gebäude zu simulieren und den Tageslichtquotienten sowie die Leuchtdichte und die Beleuchtungsstärke zu berechnen.
Zudem lassen sich die unterschiedlichen Lichtverhältnisse im Tagesverlauf simulieren und in einer Animation auch der Verlauf eines gesamten Jahres darstellen. Diese 3D-Visualisierungen lassen sich als Bild-Dateien speichern und ausdrucken. So kann der Planer dem Bauherren einen realistischen Eindruck von den zu erwartenden Lichtsituationen im Gebäude vermitteln. Bei Bedarf lässt sich dann auch die Positionierung oder die Größe von Fenstern in Fassade und im Dach optimieren.
So gilt etwa ein Raum mit einem Tageslichtquotienten von durchschnittlich 2 % zwar als ausreichend belichtet, muss aber für bestimmte Tätigkeiten zusätzlich mit Kunstlicht angereichert werden.
Ein Raum mit über 5 % ist bereits sehr intensiv von Tageslicht durchflutet. Deshalb sollte insbesondere in den tagsüber vorwiegend genutzten Innenräumen, wie Wohn- und Arbeitszimmern sowie in Küchen und Kinderzimmern, ein Tageslichtquotient von durchschnittlich 5 % oder darüber angestrebt werden.
Darüber hinaus senkt eine optimierte Tageslichtnutzung auch den Energieverbrauch des Gebäudes. So kann der Einsatz künstlicher Beleuchtung reduziert werden. Weiter sorgen solare Energieeinträge durch die Fenster dafür, dass weniger geheizt werden muss.
Um während des Sommers eine übermäßige Aufheizung der Räume zu vermeiden, empfiehlt sich der Einsatz von außen liegendem Sonnenschutz.
Ausblick
Unabhängig von der Energierechnung muss die erste Prämisse bei der Planung von Gebäuden immer sein, dass die Menschen, die dort wohnen, arbeiten oder spielen, sich wohlfühlen und gesund bleiben. Hierfür benötigen sie ausreichend Tageslicht und eine gesunde Raumluft. Erst wenn die Faktoren Gesundheit und Wohlbefinden angemessen in der Planung berücksichtig sind, sollte nach einer Lösung gesucht werden, wie man möglichst wirtschaftlich Energie einspart. —
Tageslichtplanung mit dem “Velux Daylight Visualizer“
Die kostenlose Software „Velux Daylight Visualizer 2“ ermöglicht es, verschiedene Tageslichtsituationen in Gebäuden zu analysieren und zu visualisieren. Das Programm verfügt über eine Importfunktion von 3D-Modellen aus CAD-Programmen und unterstützt neben OBJ und SKP die Formate DWG und DXF.
Der Visualizer ist in der Lage, sowohl den Einfluss von Fassadenfenstern, Dachfenstern und Oberlichtern sowie die Oberflächen des Innenraums zu simulieren. Damit ist das Tool imstande, den Tageslichtquotienten sowie die Leuchtdichte und die Beleuchtungsstärke zu berechnen. Zudem lassen sich die wechselnden Lichtverhältnisse im Tagesverlauf simulieren und in einer Animation auch der Verlauf eines gesamten Jahres darstellen. Die 3D- Visualisierungen lassen sich als Bild-Dateien speichern und ausdrucken, wodurch dem Bauherren ein realistischer Eindruck von den zu erwartenden Lichtsituationen im Gebäude vermittelt werden kann. Gleichzeitig lässt sich damit auch die Positionierung und Größe von Fenstern in Fassade und Dach optimieren. Der „Daylight Visualizer 2“ steht zum freien Download unter
In fünf Schritten zum Lüftungskonzept
Zur Erstellung eines Lüftungskonzepts nach den Anforderungen der DIN 1946-6 hat das ift Rosenheim gemeinsam mit Velux ein Online-Tool entwickelt. Nur wenige Eingaben sind nötig, um zu sehen, ob lüftungstechnische Maßnahmen umgesetzt werden müssen. Hierbei lässt sich auswählen, ob der Luftwechsel als freie Querlüftung oder als dezentrale mechanische Einzelraumlüftung realisiert werden soll.
Das Online-Tool gibt für die gewählte Lüftungsvariante an, wie hoch der Luftvolumenstrom pro Raum mindestens sein muss, um die von der DIN 1946-6 geforderte Lüftungsstufe Feuchteschutz zu erreichen und wie dieser für die Räume im Dachgeschoss mit Velux Lüftungszubehör sichergestellt werden kann.
Zusätzlich zur nach DIN 1946-6 geforderten Lüftungsstufe Feuchteschutz weist das Tool auch die Ergebnisse für eine zweite Lüftungsstufe aus: die sogenannte „reduzierte Lüftung“.
Um die Dokumentationspflicht zu erfüllen und sich rechtlich abzusichern, sollte der Handwerker das Lüftungskonzept als PDF ausdrucken und dem Bauherrn geben.