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Isolierglas 0.4 – Ein Blick in die Zukunft?

4-fach-ISO: Irrweg oder Innovation?

_ Die Entwicklung der Wärmedurchgangskoeffizienten UW für Fenster wurde in der Vergangenheit stark durch die Entwicklung der Isoliergläser geprägt. Marktanalysen[1] zeigen, dass heute in Deutschland mehr als die Hälfte der hergestellten Fenster mit 3-fach-Isolierglas ausgeführt werden. Die Systemgeber der Rahmenprofile und Beschlaghersteller haben ihr Produktportfolio auf die dickeren und schwereren Glaspakete eingestellt.

Wenn nun die Anforderungen an Fenster weiter steigen, stellt sich die Frage, mit welcher Technik die vorgegebenen Ziele erreicht werden können. Hier wird die weitere Entwicklung bei den Isoliergläsern wieder eine entscheidende Rolle spielen. Werden dann Isoliergläser im 4-fach-Aufbau relevant? Und was bringt der Technologiesprung hin zu 4-fach-Isolierglas?

Energieeinsparung und solare Gewinne

Durch die Erweiterung um einen Scheibenzwischenraum (SZR) kann man grundlegend sagen, dass sich der Wärmedurchgangskoeffizient Ug verbessert. Für die Wärmedämmung einer Isolierglas-Einheit ist der Wärmeaustausch durch Strahlung und Konvektion im SZR relevant. Ein Vergleich der Mehrscheiben-Isoliergläser mit einer Low-E-Beschichtung und 90 %iger Gasfüllung zeigt, dass die ideale Breite des SZR bei steigender Anzahl größer wird. Um eine optimale Wärmedämmung zu erhalten, wird das Glaspaket damit dicker. Bei einer 4-fach-Verglasung wird eine weitere Glasscheibe mit Beschichtung hinzugefügt, was dazu führt, dass der Gesamtenergiedurchlassgrad und der Lichttransmissionsgrad niedriger werden und so die solaren Wärmegewinne bzw. das Tageslichtangebot sinken.

Die Verbesserung des UW-Werts für Fenster von 2-ISO auf 3-ISO liegt bei UW 0,4 und von 3-ISO zu 4-ISO bei UW 0,2 W/(m2K) bezogen auf die Standardgröße mit einem Rahmenanteil von 30 % und Warme-Kante-Spacern.

Gebrauchstauglichkeit

Die Gebrauchstauglichkeit spielt neben der Energieeinsparung eine wichtige Rolle, um die Anwendung und Dauerhaftigkeit des Isolierglases sicherzustellen. Mit zunehmender Dicke und daraus resultierendem zunehmendem Gewicht des Glaspaketes bleibt die Frage offen, wie die Anwendungsmöglichkeiten sind, wenn Sonderanforderungen hinsichtlich Brand- und/oder Schallschutz oder Einbruchhemmung gestellt werden. Da schon bei 3-fach-Isolierglas Profilsysteme und Beschläge an ihre Grenzen kommen, ist die Anwendung bei 4-fach-Isolierglas fraglich.

Bereits bei 3-fach-Isolierglas liegt die thermische Beanspruchung, d.h. die Temperatur der Mittelscheibe, bei ca. 40 °C und kann auf 50 °C bei 4-fach-Einheiten ansteigen. In diesem Beispiel kann die Mittelscheibe nicht mehr aus Floatglas ausgeführt werden, sondern muss durch ein hochwertigeres und teureres Sicherheitsglas, z.B. ESG/TVG, ausgetauscht werden.

Bei einem 4-fach-Isolierglas mit einem weiteren SZR vergrößert sich die Summe der Scheibenzwischenräume und damit die mechanische Randlast auf den Randverbund. Wenn das Glasformat ungünstig gewählt wurde, wie z. B. eine typische Türfüllung mit 250 x 1500 mm2, steigt die Randlast gegenüber einer 2-fach-Einheit um ca. 55 % an.

Neben der mechanischen Beanspruchung durch Klimalasten auf den Randverbund steigt auch die mechanische Beanspruchung auf die innere und äußere Scheibe. Vergleichsberechnungen bezogen auf 1 m² zeigen, dass die maximale Ausnutzung der Glasspannung bei 4-fach-Einheiten über 100 % liegt. Daraus resultiert, dass für die innere und äußere Scheibe ebenfalls ein hochwertigeres, teureres Glas, z. B. ESG/TVG, verwendet werden muss, um Glasbruch vorzubeugen.[2]

4-fach-ISO eine sinnvolle Innovation?

Lösungen, um die Gebrauchstauglichkeit in den Griff zu bekommen, werden im Forschungsprojekt „Untersuchungen zur Umsetzbarkeit von druckentspanntem Isolierglas“ [3] untersucht. In diesem Projekt gibt es zwei Lösungsansätze: Zum einen ein permanent druckentspanntes Isolierglas, bei dem sich z. B. durch ein Kapillarrohr, ein Ventil oder eine Membran der Druck permanent ausgleicht. Ein zweiter Ansatz ist ein druckangepasstes Isolierglas, bei dem durch einen einmaligen Druckausgleich am Einbauort der Höhenunterschied zwischen Herstell- und Einbauort ausgeglichen wird.

Um das hohe Eigengewicht einer ISO-Einheit zu reduzieren, kann die Lösung die Entwicklung der Dünnglastechnologie sein. Die Fertigung eines leichten 3-fach-Isolierglases mit dem Gewicht von herkömmlichen 2-fach-Gläsern zeigt, dass die Fertigung von leichten 4-fach-Isoliergläsern möglich wäre.

Ob ein 3-fach-Isolierglas aus Dünnglas eine Alternative zu einem Vakuum-Isolierglas darstellt, bleibt aktuell noch offen, da auch hier die Frage der Gebrauchtstauglichkeit noch nicht zufriedenstellend beantwortet ist.

Das Resümee des Autors

Beim Hinzufügen einer vierten Glasscheibe (+Beschichtung) und eines weiteren SZR kann man nicht von einem wirklichen Technologiesprung sprechen. Gleichzeitig müssen die Gebrauchstauglichkeit und die Dauerhaftigkeit eines solchen Systems als Maßstab dienen und nicht nur die Wärmedämmeigenschaften.

Denn keinem nützt eine für den Moment ideale Wärmedämmung durch ein teureres Produkt, wenn dieses gar nicht die Lebensdauer einer 2-fach-Isolierverglasung erreicht. In Zukunft müssen Fenster, und damit auch die zugehörigen Isoliergläser, weiteren Aufgaben, wie z. B. Sonnenschutz, Tageslichtlenkung und Automation, gerecht werden können. —

www.ift-rosenheim.de

Literatur

[1] Mehr Energie sparen mit neuen Fenstern VFF + BF, März 2014

[2] Prof. Dr. F. Feldmeier, FH Rosenheim „Drei ist nicht genug“, Glasbau 2015

[3] ift-Forschungsbericht „Untersuchungen zur Umsetzbarkeit von druckentspanntem Isolierglas“ ift Rosenheim, Juli 2015

Manuel Demel

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