Und doch war der Trägerverein beunruhigt. Die hellen Fichtenholzfenster zeigten enorme Schäden. Erörterungen mit dem Fensterhersteller und den beiden Malern führten nur zu gegenseitigen Schuldzuweisungen, nicht jedoch zu einer Lösung der aufgetretenen Probleme. So ließ der Generalunternehmer die Schadensursachen im Rahmen eines Selbständigen Beweisverfahrens ergründen. Die Besichtigung der 35 Elemente wurde kurz vor Weihnachten durchgeführt. Es war neblig und feucht, Schnee war gefallen.
Objekt- und Schadensbeschreibung
Die Gebäudefassade des Kindergartens ist stark gegliedert. Die zu betrachtenden Bauteile haben demnach dem Wetter ausgesetzte und in der Fassade zurücktretende Flächen. Da die Traufkanten des Daches eine Linie bilden, sind an den Fassaden-Rücksprüngen Dachüberstände von etwa 150 cm Tiefe vorhanden. Als am stärksten geschädigt erwiesen sich die Fenster der Westseite und der zum Naturgelände zeigenden Südseite, soweit sie in die Bewitterungszone ragten. Hierzu folgende Beispiele:
- Ein Element zur Westseite besteht aus drei Feldern, von denen das mittlere eine nach außen aufgehende Tür besitzt. Die Oberlichter sind allesamt als Kippflügel gearbeitet. Durch die exponierte Lage wies dieses Element nachhaltige Schädigungen auf. Alle Brüstungen im unteren Drittel waren von Bläuepilzen befallen. Alle Füllungskanten und -anschnitte waren ebenfalls blau geworden. Am Blendrahmenunterstück hatte ich bei einer Temperatur von 0°C eine Holzfeuchte von 46% festgestellt. Das bedeutete die Fortdauer der Schädigung durch Bläuepilze.
- Die Füllung eines anderen Elementes (Südwest) war an Schnittkanten stark angeblaut, der rechte aufrechte Türriegel stark durchfeuchtet. An diesem Element konnte man den Einfluss der Himmelsrichtung erkennen. Die relative Holzfeuchte betrug am unteren rechten Messpunkt 24%.
- Wieder ein anderes Fensterelement wies intensive Verrottungsstellen auf. Feuchtigkeit durch Schlagregen und Schneeablagerungen auf der Fensterbank waren in die Brüstungen gedrungen und hatten das Holz durchfeuchtet. Eine Messung der Holzfeuchte ergab 48% relativer Holzfeuchte.
- Im Dachraum gab es dreieckförmige Gauben. Diese waren ursprünglich als einteilige Kippfenster geplant und ausgeschrieben, wurden jedoch letztlich als zweiteilige Kippfenster hergestellt. Alle zur Südseite zeigenden Elemente waren tiefgreifend verrottet. Teile der Blendrahmen waren durch Fäulnis abgespalten und stark durchfeuchtet sowie mit Grünalgen überzogen. Die Lasurschichten waren von Feuchtigkeit unterwandert. Aus den waagerechten Blendrahmen- und Flügelteilen wuchsen die Fruchtkörper von Pilzen. Wegen der hohen Feuchtigkeitsaufnahme waren die waagerechten Querstücke in der Breite gequollen und standen den aufrechten Brüstungselementen vor. Alle Dachgaubenfenster waren praktisch zerstört.
Die Schadensursachen lassen sich nach Planung und Ausschreibung, Ausführung und Material, Oberflächenbehandlung und unterlassene Wartung unterteilen.
Planung und Ausschreibung
Der Generalunternehmer hatte in seinem Leistungsverzeichnis unter anderem folgende Forderungen aufgestellt:
Holzart: Kiefer, Grundierung: Farbton Kiefer, Anstrich: ohne (1x tauchgrundiert ), Farbton: unbestimmt, Verglasung: alle Öffnungen isolierverglast.
Von diesen Leistungsmerkmalen waren die Parteien in folgendem abgewichen: Anstelle von Kiefer wurde nordische Fichte verwendet. Anstelle einer Unterlichtverglasung wurden Sandwich-Elemente mit äußerer Sperrholzauflage verwendet.
Die Schäden waren vornehmlich an den Elementen aufgetreten, die zur West- und Südseite gelegen waren. Daraus folgt, dass für die betroffenen Elemente der besondere bauliche Holzschutz nach DIN 68800-2 nicht ausreichend war.
Für die Fenster- und Fenstertürelemente – Holzart Fichte – gilt gemäß DIN 68364 – Kennwerte von Holzarten – die Resistenzklasse 4 = wenig resistent. D.h., dieses Holz ist in verstärktem Maße anfällig für die holzzerstörende Braunfäule bei Niederschlagwasser, Spritzwasser, Nebel und wechselnder Sonneneinstrahlung mit Erwärmung. Bei den Fenstern im Dachgeschoss bestand ein Spritzwasserproblem. Die Sohlbänke und Flügelunterstücke wurden praktisch nicht trocken. Diesem Umstand ist unter anderem neben dem Pilzbefall auch der Algenbefall zuzuschreiben. Als Alternativ-Holzarten hätten Meranti, Sipo und Merbau genannt werden können.
Die Vorgabe für den Fensterhersteller – Aufbringung nur einer Grundierung – muss als unsach- und unfachgemäß angesehen werden. Maßgebend für die Beschichtung von Holzfenstern ist die DIN 18355 – Tischlerarbeiten. Darin heißt es im Abschnitt 3.13.3.1: Der Schutz des Holzes von Außenbauteilen muss DIN 68800-5 entsprechen. Diese Norm enthält die Kernbestimmung, dass die Auf- oder Einbringung des Holzschutzmittels im Herstellerbetrieb vorgenommen werden muss, soweit nichts anderes bestimmt ist. Das Fabrikat des Holzschutzmittels wählt der Auftragnehmer aus. Er musste prüfen, ob zur Einbringung fungizider Stoffe, die auch in Kombination mit einem Grundieranstrich verwendet werden können, lösungsmittelhaltige Qualitäten wegen des tieferen Eindringungsvermögens und der Eigenschaft, die Holzfasern nicht aufquellen zu lassen, nicht geeigneter wären. Wasserverdünnbare Systeme pflegen die Holzoberfläche aufzurauhen.
Abschnitt 3.13.3.2 besagt, dass Außenbauteile vor dem Einbau und vor der Verglasung allseitig mindestens mit einem Grundanstrich und einem Zwischenanstrich versehen sein müssen. Wetterschutzschienen, Beschläge, sonstige Metallteile und Dichtungen dürfen frühestens nach dem ersten Zwischenanstrich angebracht werden.
Die von dem Generalunternehmer schriftlich vorgegebene Forderung – Grundierung – war fachlich falsch. Wie der Fensterhersteller erklärte, habe er die Fenster etc. grundiert an die Baustelle geliefert. Ich war der Auffassung, dass der Generalunternehmer in seiner Eigenschaft als Planer die physikalischen Eigenschaften heller Lasuren schon im Vorfeld hätte beurteilen bzw. sich hätte beraten lassen müssen. Er hätte lediglich die Tabelle „Tabelle zur Ermittlung der Anstrichgruppen für Holzfenster (Rota)“ vom Institut für Fenstertechnik in Rosenheim (ift) beachten müssen. Die Kenntnis dieser Empfehlung wird hier als bekannt vorausgesetzt. Zum Planungskonzept gehörten helle Fenster, Naturholz, heller Putz etc. Von einem solchen Konzept wird ohne zwingende Notwendigkeit nicht abgewichen. Schreiner und Maler wurden bei der Planung nicht gefragt, was bedeutet, nachdem die Planung „gelaufen“ war, bestand keine Möglichkeit, das Konzept „umzudrehen“. Darunter fielen u.a. die Änderung der Holzart und der Füllungskonstruktion, das Anstrichsystem, Vorkehrungen zum Schutz des Holzes gegen Spritzwasser und der Hinweis an den Auftraggeber, dass künftig Wartungsarbeiten anfallen.
Ausführung und Material
Der Fensterhersteller hatte Füllungen aus wasserfest verleimtem Sperrholz hergestellt. Die Außenflächen dieser Füllungen waren durch Einfräsen etwa 12 mm breiter Nuten in einzelne diagonal verlaufende Breiten aufgeteilt worden. Die Fräsungen waren etwa 6 mm tief und auch umlaufend angebracht worden, so dass Abfälzungen entstanden, die vor den Falzwangen lagen.
Durch die Fräsungen wurden die einzelnen Lagen des Sperrholzes vierseitig vertikal und die Mittellage flächig angeschnitten. Da die Schnittkanten nicht ausreichend lackiert waren, drang Feuchtigkeit in die Hirnkanten ein. Diese hatte die Bläue hervorgerufen und den Lasurfilm durch Unterwanderung zum Abheben gebracht. Die Feuchtigkeit konnte in die Hirnkanten eindiffundieren, weil die angefrästen Kanten nicht fachgerecht geschliffen waren, so dass Holzfasern spitz vorstanden und die Aufbringung einer wasserabweisenden Lasur verhinderten.
An den Stoßstellen zweier Füllungsrichtungen (links bzw. rechts diagonal) war ebenfalls Feuchtigkeit in die Kapillarfugen eindiffundiert und hatte Bläue verursacht. An der Füllungskonstruktion zeigte sich, wie wichtig konstruktiver Holzschutz ist. Er hatte die Füllungen wie Glasscheiben, d.h. mit Vorlegeband und Versiegelung, eingesetzt. Allerdings hatte er die Versiegelungsnähte nicht fachgerecht angelegt. Der Versiegelungsstrang reichte nicht ausreichend (4-5 mm) in die Falztiefe, sondern lag auf. Bei den unteren Lagerfugen war Feuchtigkeit in die Fälze geraten. Die Rahmenbrüstungen der Fenster- und Fenstertürelemente waren nicht vollfugig verleimt worden. Es hatten sich Kapillarfugen gebildet. Die Futterbretter und Leisten der Dreieckfenster hatten von unten über das Hirnholz wegen des fehlenden Lackfilms Feuchtigkeit aufgenommen. Da sie auf der Fensterbank aufstanden und bei jedem Regen im Wasser standen, war ihr Versagen vorhersehbar.
Es stand fest, dass der Fensterhersteller versäumt hatte, die Fenster- und Türenelemente vor der Montage mit einem Zwischenanstrich versehen zu lassen. Er hätte die Auftraggeberin nur auffordern müssen, für die Beschichtung zu sorgen. Er hätte gegen die Forderung nach heller Farbgebung Bedenken anmelden müssen. Die vom Institut für Fenstertechnik in Rosenheim (ift) herausgegebene „Tabelle zur Ermittlung der Anstrichgruppen für Holzfenster (Rota)“, in der eine Beschichtungsempfehlung für helle Lasuren auf Nadelholz nicht enthalten ist, musste ihm bekannt sein.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Ausführung dieser Fenster- und Fenstertüren bezüglich Materialauswahl, Präzision, Kantenausbildung und Oberflächenfinish den Anforderungen an transparent zu lasierende Bauteile nicht gerecht geworden war. Allerdings wäre selbst bei Erfüllung der Anforderungen das Auftreten von Schäden an den Fenstern etc. wegen der Planungsversäumnisse wahrscheinlich gewesen.
Oberflächenbehandlung und Wartung
Während der Fensterhersteller erklärte, er hätte nur eine Grundierung in Auftrag gehabt, waren die Malermeister der Meinung, sie hätten nur einen Endanstrich auszuführen gehabt. Sie gaben an, den Endanstrich mit dem Präparat „Sikkens BL 31“ durchgeführt zu haben. Das ist eine mit Wasser verdünnbare Acrylharzlasur, von der die Herstellerin sagt, dass „dunklere Farbtöne witterungsbeständiger seien als helle“. Der Farbton war als „hell“ zu bezeichnen. Angesichts des Flächenvolumens wäre es angebracht gewesen, die Fenster mit einer Lasur zu spritzen anstelle einer Pinsellasierung, damit auch die Fälze und die dem Mauerwerk zugewandten Flächen ausreichend beschichtet worden wären. Die Beschichtung hatte nicht ausgereicht, die Fenster dauerhaft zu schützen. Dies ist bei den Dreiecksfenstern im Dachgeschoss sichtbar geworden, bei denen die Rahmenunterstücke und die Futterleisten verrottet waren. Angesichts der an den Fenstern vorhandenen Ausführungsmängel (rauhe Kanten, Hirnholz) und des hellen Farbtones hätten auch die Maler Bedenken anmelden müssen.
Der Trägerverein war verpflichtet, die Fenster- und Fenstertüren zu warten. Dazu gehörte die normale Reinigung und die Betrachtung der Fenster selbst. Das bedingte, die Fenster auch zu öffnen. Die Tatsache, dass sich an den Fenstern im Dachgeschoss Pilze und Fruchtkörper bilden konnten, ließ darauf schließen, dass diese Fenster über längere Zeit nicht geöffnet worden waren. Angesichts der hier vorhandenen problematischen Konstellation – anfälliges Fichtenholz, helle Farblasur, Spritzwasser – hätten die Empfehlungen der Handwerker den Abschluss von Wartungsverträgen zum Inhalt haben müssen.
Schadensbeseitigung
Die Fenster im Dachgeschoss werden komplett erneuert. Die Sohlbänke werden 12 cm hoch angelegt. Es sind Stockabdeckungen zu verwenden. Die Fensterbänke sollten etwa 10° geneigt sein, aus Zink oder Kupfer bestehen und vor den Sohlbänken ganz oder teilweise hochgezogen werden. Die Futterbretter und -leisten dürfen nicht aufstehen, sondern müssen mit Abstand zur Fensterbank fachgerecht versiegelt werden. Alle Fensterelemente und –türen erhalten im Brüstungsbereich Aufdopplungen aus Massivholz. Diese bestehen grundsätzlich aus etwa 18 – 20 mm dicken, senkrecht verlaufenden Profilbrettern auf Rahmen, die unter einem am Querriegel anzubringenden kräftigen Wetterschenkel befestigt werden. Dadurch werden sämtliche Schadstellen abgedeckt. Die Türflügel erhalten neue Füllungen, die den übrigen angepasst werden müssen.
Alle äußeren, noch sichtbaren Holzflächen werden intensiv geschliffen und mit einem deckenden, glänzenden Anstrich im Farbton „gelb“ versehen.
Alles neu zu verbauende Holz soll mindestens der Resistenzklasse 3 nach DIN 68364 - Kennwerte von Holzarten – angehören. Hierzu zählen Meranti oder Sipo. Der Umfang der zu erbringenden Arbeiten zeigt, dass hohe Kosten entstehen, um das Gebäude wieder in Stand zu setzen.
Kommentar
Fensterelemente aus Kiefern- bzw. Fichtenholz mit heller Lasurbehandlung, noch dazu in wasserverdünnbaren Acrylharzsystemen liegen heute, wie man sagt, „im Trend“. Helle Fenster, deren Holzstruktur noch sichtbar ist, sehen auch freundlich aus. Wie jedoch die zunehmende Anzahl an Schadensfällen zeigt, sind noch vor Ablauf der 5-jährigen Gewährleistungsfrist, an „hellen“ Fenstern in erheblichem Maße das Versagen der Beschichtung und die Zerstörung der Holzsubstanz zu beklagen. Vielfach werden diese Fensterelemente flächenbündig in die Fassade integriert, so dass bei Niederschlag eine Art Wasservorhang entsteht, der die Fenster praktisch überflutet. Solchen Fenstern wird keine lange Nutzungsdauer beschieden sein. Damit Ihnen, verehrte Leser, ein solches Missgeschick, wie ich es hier beschrieben habe, nicht zustößt, seien Sie Architekt, Bauleiter, Fensterhersteller, Maler oder Bauherr, sollten Sie die an Sie herangetragenen Wünsche bezüglich der Konstruktion, der Holzart und der Farbgebung von Fenstern kritisch hinterfragen und ggf. sachverständigen Rat einholen. Es ist besser, den Sachverständigen vorher zu konsultieren als nachher.|
Autor
Fritz Jurtschat, Tischlermeister und Innenarchitekt, ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Tischlerhandwerk sowie Fachbuch-Autor.