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Im Interview mit Eduard Appelhans

“Wir haben das, was die Leute wollen“

Glaswelt – Was war vor 25 Jahren die Initialzündung zur Gründung der damals noch so genannten „Initiative ProHolzfenster“?

Eduard Appelhans – Das Holzfenster hatte 1994 durch das Aufkommen der PVC-Fenster schon deutlich an Marktanteilen verloren. Die damals rund 20 000 Holzfensterhersteller befanden sich in der Defensive und das spürten auch die Zulieferer: Holzmaschinenhersteller, Lack- und Zubehörindustrie sowie der Holzhandel. Auf Initiative der Weinig AG traf sich die mittelständisch orientierte, stark zersplitterte Branche im Juni 1994 in Tauberbischofsheim: Mehr als 80 Holzfenster-Spezialisten wollten nicht weiter tatenlos zusehen, wie ihnen von der PVC-Industrie die Butter vom Brot genommen wurde. Wolfgang Wilmsen, der damalige Vorstandsvorsitzende bei Weinig, griff tief in die Tasche für das „gute deutsche Holzfenster“. Das ermöglichte die Vereinsgründung mit dem Ziel der Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit „ProHolzfenster“.

Glaswelt – Damals waren die Marktanteile für ein Holzfenster noch deutlich höher als heute. Mittlerweile pendelt sich die Holzfraktion bei 24 Prozent Marktanteil ein. Ist das ein Niveau, mit dem sich die Branche zufrieden geben muss – oder trauen Sie Ihrem Holz- und Holz-Aluminium-Fenster wieder eine Renaissance zu?

Appelhans – 24 Prozent Marktanteil in Menge Fenstereinheiten sind ca. 30 Prozent wertmäßiger Marktanteil. Wenn ich mir das anschaue, ist das gar nicht so schlecht. Und wenn ich daran denke, dass mir persönlich damals von der PVC-Seite ernstlich ein Marktanteil von unter 5 Prozent prognostiziert wurde, ist es geradezu sensationell. Angesichts dessen, was gerade in der Welt passiert, bin ich übrigens sehr zuversichtlich, dass das Holz- und das Holz-Alu-Fenster sich ihren Markt halten und zurückerobern werden: Bei „Friday for Future“ setzen sich Hunderttausende von Jugendlichen für mehr Klimaschutz ein. Es gibt EU-weite Petitionen für das Abschaffen von Plastikverpackungen. Die Politik erhöht den Druck auf Hersteller, für Einweg- und To-go-Produkte umweltverträgliche Lösungen zu finden. Die Verbraucher sind heute besser informiert denn je und hinterfragen sehr genau, welche Materialien verwendet werden und woher sie stammen. Das alles ist doch eine Steilvorlage für den nachwachsenden Rohstoff Holz, der auch noch das klimaschädliche CO2 speichert und auf diese Weise hilft, den Treibhauseffekt zu verringern und die Klimaziele zu erreichen! Wir haben das, was die Leute wollen: Holz ist der Baustoff der Zukunft.

Glaswelt – Was sind die Herausforderungen, denen sich ihre Branche mit sehr inhomogenen Strukturen – vom Spezialisten mit einer Handvoll Mitarbeiter bis zum Quasi-Industriebetrieb mit einigen Hundert Mitarbeitern – stellen muss? In welchen Bereichen muss Ihre Branche noch nachsitzen, wo werden Sie als Verband noch aktiver werden müssen?

Appelhans – Traditionell werden der Holzfensterbranche mit ihren handwerklich geprägten Betrieben viele Sympathien entgegengebracht. Doch im Materialwettbewerb mit den Rohstoffkonzernen der PVC- oder Aluminiumbranche lässt sich damit allein kein Blumentopf gewinnen. Da zeigt sich vielmehr das Bild des Davids gegen Goliath – eines Kampfs mit sehr ungleichen Mitteln. Trotz sehr problematischen Inhalts – Stichwort Chlor bei PVC – tun wir uns an dieser Stelle als Branche schwer. Wir sind vom Rohstoff, dem Baum, bis zur Montage an der Baustelle sehr kleinteilig geprägt. Das heißt für mich aber auch, dass wir unsere Position als Sympathieträger mit mehr Nachdruck und mehr Selbstbewusstsein für unsere Zwecke nutzen müssen. Wir müssen unsere Vorteile – hinsichtlich Regionalität, Nachhaltigkeit, Umweltschutz usw. – noch mehr in Aufträge verwandeln.

Dem Verband kommt hier eine doppelte Aufgabe zu. Er ist der Stachel im Fleisch seiner Mitglieder und kann aufzeigen, wo sie sich vielleicht konsequenter positionieren müssen. Und er ist der Stachel im Fleisch der konkurrierenden Fenstermaterialien. Wir brauchen einen Verband, der immer wieder die Fahne des Holzfensters hochrecken und die Vorteile, die Schönheit und die Qualitäten dieses Fenstermaterials ins Bewusstsein bringen und im Gespräch halten muss. Das kann ein einzelner Betrieb einfach nicht leisten und ich glaube, dass wir als Verband uns hier immer wieder und immer stärker öffentlich und politisch einbringen müssen.—

Die Fragen stellte Daniel Mund.

ProHolzfenster-KOngress

Am 21. März kehrte der Verband zurück zur Gründungsregion: Rund 140 Teilnehmer kamen im großen Kursaal in Bad Mergentheim zusammen, um die Erfolgsgeschichte zu feiern und weiter den wichtigen Stellenwert eines guten Holz- oder Holz-Aluminium-Fensters darzustellen. Wer jetzt aber denkt, die Branche benötige eine Frischzellenkur, ist auf dem Holzweg. Mehr über den Kongress und die Inhalte lesen Sie in der nächsten Ausgabe der GLASWELT.

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