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Neues Geschäftspotenzial durch Digitalen Glasdruck

Gute Chancen mit guten Strategien

_ Die Frage, ob ein Verarbeiter bedruckte Gläser für den Innen- oder Außeneinsatz oder für beides anbieten will, ist eine strategische Entscheidung und hat einen wesentlichen Einfluss auf die notwendige Anlagentechnik und die zugehörigen Arbeitsschritte.

Der Glasdruck für Außenanwendungen (z. B. Fassadengläser) setzt aufgrund der UV-Belastung durch die Sonne grundsätzlich die Anwendung von keramischen, aus anorganischen Pigmenten bestehenden Tinten mit Fritten (gemahlenes Glas) voraus.

Diese Tinten sind hochpigmentiert, relativ schwer (spezifisches Gewicht > 1,3) und weisen größere Partikel auf, etwa um 1 µ, Die Tinten sedimentieren daher leicht bzw. trocknen ein über die Lösungsmittel, die die Trägerflüssigkeit bilden.

Heute wird diesem Phänomen bei Inkjet-Druckern durch den Einsatz von zirkulierenden Druckköpfen (z. B. QSR von Fujifilm-Dimatix im Durst RHO Vetrocer) begegnet, bei denen die Tinten dauernd zwischen Haupttank, Zwischentank und Druckköpfen zirkulieren. Damit sind die Tinten ständig in Bewegung und sedimentieren nicht. Aufgrund der Tatsache, dass so laufend frische Tinte an den Düsenauslässen vorbeiströmt, können diese auch nicht verdunsten (evaporieren und eintrocknen).

Die auf die Glasoberfläche gejettete Tinte muss angetrocknet werden, damit der Tropfen „steht“ und wird dann bei 675 bis 700 °C eingebrannt, wobei Pigment, Fritte und die flüssig-zähe Glasoberfläche miteinander verschmelzen.

Fährt man mit dem Finger über die gedruckte Fläche, so spürt man keine Erhebung (Struktur).

Vorteile: Die so bedruckten Gläser sind resistent gegen UV-Licht, stehende Feuchte, Heiß-Kalt-Klimaschwankungen, sind kratzfest und chemisch resistent wie unbedrucktes Glas.

Nachteile: Die Farben sind deckend, blickdicht – nicht transluzent; was in Innenbereichen (Türen, Duschkabinen) oft unerwünscht ist, da die Tinten aus anorganischen Pigmenten – Metallen wie Mangan, Chrom4, etc. bestehen – die die Temperaturen im Einschmelzprozess überstehen, ohne zu verdampfen oder zu zerfallen. Zudem ist der Farbraum solcher Tinten eingeschränkt, besonders im Rot-Bereich, auch bei Blau. Die Blickdichte kann jedoch auch ein Vorteil sein, etwa beim schwarzen Rand, der die dahinterliegende Verklebung gegen UV-Strahlung schützen soll.

Der CMYK- oder RGB-Farbprozess, wie man ihn im Grafikdruck kennt, lässt sich im Digitaldruck mit keramischen Glas- Farben nicht realisieren.

Insbesondere für Neueinsteiger, die keine Einbrennöfen besitzen, fallen hohe, zusätzliche Investitionskosten an für: Einbrennofen – ca. 600 000 Euro, dazu kommen ein 400 bis 600 KW Anschluss, Raumbedarf ca. 20 m2 sowie ein erhöhter Sicherheitsbereich.

Die Digitaldrucker selbst kosten, je nach Produktivität von 280 000 bis 450 000 Euro, die Kosten der keramischen Tinten liegen bei ca. 3,85 bis 4,25 Euro/m2. Die gesamten variablen Produktions-kosten (Strom, Tinten, Wasser, Abwasser, Abluft, Handling) liegen bei rund 9,75 bis 12,50 Euro/m2, bei erzielbaren Druckpreisen zwischen 80 bis 110 Euro/m2. Ohne die Investition in eine Ofen-Waschanlage-Zwischentrocknung liefern etwa 6000 m2 bedrucktes Glas den Break-Even.

Druck von Interieurglas

Bei der Bedruckung von Interieurgläsern ist die Haftung der Tinte auf dem Glas die wesentliche Herausforderung, denn hier wird die Tinte nicht eingebrannt. Hintergrund ist die extrem unterschiedliche Oberflächenspannung des Glases zu jener der Tinte. Diese kann durch Beflammung (Pirsosil-Verfahren) oder dem Auftragen von Primern überwunden werden.

Ist durch das Aufbringen von Haftvermittlern die Haftung gewährleistet, kann über UV-härtende Tinten ein transluzenter Farbfilm im CMYK-Farbprozess aufgetragen werden. Der Farbfilm (ca. 12 µ Dicke) ist deutlich haptisch spürbar. Wird der Farbfilm durch Kratzen einmal zerstört, ist die Haltbarkeit durch Eindringen von Nässe begrenzt, der Film löst sich ab.

Bei Innenbereichen mit höherer Feuchtebelastung, wie Duschkabinen, Küchen, Saunen sowie bei häufigen Reinigungsintervallen mit aggressiven Reinigungsmitteln, reichen Kratzfestigkeit und Feuchteresistenz dieser Druckart nicht aus.

Entweder wird bei solchen Anforderungen nach dem Dekordruck mit UV-härtender Tinte ein Glas-Klarlack aufgetragen. Dies kann digital oder analog über Siebdruck erfolgen, oder man verwendet das Durst SolGel-Tintenverfahren. Dabei wird die zugehörige Sondertinte aus organischen Pigmenten und SolGel-Chemie über einen Temperprozess bei 200 Grad „heißgetrocknet“ und gewährt so eine wesentlich höhere Feuchtraum- und Kratz-Resistenz.

Vorteile: Die Farben für den Interieurglas-Druck sind transluzent, der CMYK-Farbprozess ist anwendbar, nur geringere Investition ohne Ofen, (bei SolGel-Verfahren nur ein Temperofen, ca. 200 000 Euro). Die Kosten für den Digitaldrucker bewegen sich je nach Produktivität zwischen 200 000 bis 500 000 Euro, die UV-Tinten mit Primer liegen bei 2,25 bis 3,50 Euro/m2, mit Schutzlack bei ca. 4,75 Euro.

Die Break-Even Menge liegt aufgrund der geringeren Verkaufspreise/m2 bei rund 9000 bis 12 000 m2 bedrucktem Glas.

Nachteile: Bedruckte Gläser sind nur für die Innenanwendung einsetzbar, begrenzte Kratzfestigkeit und Feuchteresistenz, Blickdichtheit wird durch die begrenzte Schichtdicke und Pigmentierung der Tinte nicht erreicht (z. B. um Verklebungen „unsichtbar“ zu machen). Bei Bedarf wird hier zusätzlich ein Siebdruck oder Aufrollen von dichter Farbe notwendig.

Die Prozess-Schritte

Glasdruck ist ein dekorativer Druck, verlangt aber besondere Aufmerksamkeit, da bei Fehlern die Korrekturen mit hohen Kosten verbunden sind. Wichtig: Während des gesamten Verarbeitungsprozesses muss der Verarbeiter bzw. der Bediener Stoffhandschuhe tragen.

Vorbehandlung: Das Glas muss professionell von Staub, Fett, Klebespuren etc. gereinigt werden. Händisches Reinigen mit Reinigungsmittel oder Tüchern hinterlassen fast immer Spuren (Wolken), die nach dem Druck deutlich sichtbar sind. Die Anschaffung einer Glasreinigungsanlage, die wäscht und trocknet, ist Voraussetzung für professionellen Glasdruck. Dies gilt gleichermaßen für keramische Tinten sowie für UV-Tinten.

Der Glasdruck sollte möglichst in einem reinen, weitgehend staubfreien Raum erfolgen. Staub setzt sich nach dem Druck relativ leicht an der noch feuchten, nur angetrockneten Tinte (vor dem Einbrennen oder Tempern bei SolGel–Tinten) ab und ist dann nach Fertigstellung deutlich sichtbar.

Farbmanagement

Glas hat eine Eigenfarbe. Zum Druck eignet sich eisenoxidarmes Weißglas am besten, da es der Basis der Farbwiedergabe (weiß) am ehesten entspricht. Hat man eine bestimmte Farbe zu reproduzieren, sind einerseits Farbmessungen (in Transparenz) des Glases durchzuführen und im Farbmanagementsystem als Korrektur einzugeben. Einige Anwender reproduzieren das Farbmuster in klein, korrigieren in ein oder zwei Schritten die Farbe, bevor sie das endgültige Produkt in Originalgröße herstellen.

Problematisch ist ein Nachdruck, da Glas mit derselben Farbtönung selten wieder lieferfähig ist. Hier empfiehlt es sich aus dem Produktionsbatch für ein Projekt einige Tafeln in Reserve auf Lager zu halten. Bei keramischen Tinten, die bei 670 bis 700 Grad eingebrannt werden, sind Dauer des Einbrennvorgangs, Temperatur und Energiekurve Einflussfaktoren für die Farbwiedergabe.

Datei-Vorlage/Druckvorlage

Druckvorlagen (Motive) werden entweder vom Designer/Architekten geliefert, vielfach wünscht der Kunde auch ein bestimmtes Motiv (Holz, Stein sowie verschiedene Farbrichtungen).

Auch wenn der Digitaldruck die Möglichkeit bietet alles zu drucken, vielfach fehlt beim Kunden die Vorstellung, wie der finale Glasdruck wirkt, wie groß eine Datei bzw. die Bildauflösung sein muss und meist besitzt er kein passendes Motiv.

Faustregel: Der Druck sollte in einer Auflösung von mindestens 800 dpi (Dot per Inch) erfolgen.

Für Verarbeiter, die Glasdruck professionell betreiben wollen, ist demnach der Aufbau eines Archives von Druckvorlagen aus verschiedenen Motivbereichen in entsprechender Auflösung anzuraten. Ebenso ist die Beschäftigung von erfahrenem Personal notwendig, das über Photoshop die Dateien freistellt, retuschiert, weiß hinterlegt, Farbkorrekturen durchführt etc. Glasdruck ohne eine solche Pre-Press Abteilung wird scheitern.

Lagerung/Handling/Logistik

Das Glashandling und die Lagerung nach dem Druck wird für Glaskonverter kein Problem sein; Vertikallagerung in eigenen Ständern für den innerbetrieblichen Transport oder den Transport zum Einsatzort sind klar. Bei mit UV-härtenden Tinten bedruckten Glastafeln sind Kratz-und Abschürf-Spuren durch Halterungen problematisch. Grundsätzlich ist die Logistik und der Einbau bedruckter Gläser aufgrund möglicher Beschädigungen ein kritischer Bereich, der unbedingt beachtet und geplant werden muss.

Ausblick

Glasdruck ist eine attraktive Nische, die dem Glasveredler interessante Wachstumsmöglichkeiten und ein Ausweichen aus dem Preisdruck verspricht. Dabei steht der reine Druck weniger im Vordergrund als die gesamte Dienstleistung des Bildgestaltens.

Da der Glasdruck mit keramischen Tinten einerseits hohe Kompetenz in der Glasbehandlung (Einbrennen, Handling, Logistik) erfordert andererseits auch profunde Kenntnisse von Farbmanagement und digitaler Bildbearbeitung und des Druckverfahrens, sind Joint Ventures zwischen Glasverarbeitern und einem Digitaldrucker, oder der Aufbau einer Pre-Press Abteilung in einem Glas-Konverter Betrieb, interessante Geschäftsformen.

Entscheidend für den Erfolg ist darüber hinaus die kompetente Beratung des Kunden, auch im Hinblick auf Design und (Raum-)Gestaltung. —

Der Autor

Dr. Richard Piock ist bei der Durst Industrial Inkjet Application GmbH, Lienz (A), zuständig für den Bereich Business Development.

http://www.durst-online.com

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