Für einen finanzkräftigen Geschäftsmann aus dem Mittleren Osten war „Made in Germany“ das unbedingte Muss. Also wandte er sich an einen deutschen Metallbauer und dieser wiederum an Vetrotech: 30 Scheiben beschusshemmender Gläser höchster Kategorie unterschiedlichster Formate sollten geliefert werden, darunter auch XL-Formate.
Um sich zu überzeugen, dass die beschusshemmende Verglasung auch die gewünschte Sicherheit bringt, war die Auftragserteilung an einen erfolgreichen Beschussversuch gekoppelt. So reiste eine mehrköpfige Sicherheits-Crew des Auftraggebers aus dem Mittleren Osten nach Köln-Porz, um dort dem Beschusstest mehrerer Musterscheiben im Vetrotech-Beschusskeller mit kritischen Augen beizuwohnen. Gesehen, für gut befunden und Auftrag erteilt – nach kurzer Zeit machte sich die Entourage wieder auf den Heimweg.
„Für uns waren vor allem die XL-Scheiben eine echte Herausforderung“, so Vertriebsleiter Christoph Baier, „denn Gläser dieser Größe in dieser Beschusskategorie hatten wir bislang noch nicht produziert.“ Die Herstellung der Gläser erfolgte im Vetrotech-Werk Kinon Aachen; dann wurden die Transportkisten gefertigt und ein Großraumflugzeug für den Transport der XL-Scheiben geordert, eine russische Illjuschin.
Die Kiste passt nicht ins Flugzeug, was tun?
Starttermin: an einem Dienstag im Mai um 17 Uhr. Verschiebung des Termins: undenkbar! Die Produktion verlief fehlerfrei und fristgerecht. Aber dann, so Christoph Baier: „Mein Kollege und ich waren gerade in Oslo bei einem Beratungstermin, als ein Anruf kam: Die XL-Transportkiste passt nicht in die Illjuschin, die Kiste ist zu hoch!“
Was tun? Auf die Schnelle gab es nur eine Alternative: das Transportflugzeug zu wechseln und statt der Illjuschin eine größere Antonov zu ordern. Die Transportkosten hätten allerdings beim Doppelten des ohnehin schon sechsstelligen Betrags gelegen – ein Knockout-Kriterium, wie sich nach einem Anruf beim Auftraggeber herausstellte.
Kistenbau bei laufenden Triebwerken - Was nicht passt, wird passend gemacht
Also blieb nur eine neue Transportkiste nach dem Motto „was nicht passt, wird passend gemacht“. Diese musste über 30 cm niedriger sein als die bestehende Variante. „Altes mathematisches Wissen half uns bei der Lösung des Problems,“ so Christoph Baier. „Dem Satz des Pythagoras sei Dank kamen wir auf die Idee, die Scheibe diagonal in die Kiste zu schieben und erschütterungsfrei zu lagern.“
Die Baupläne wurden von Oslo nach Deutschland übermittelt und in Windeseile bauten die Techniker die neue Kiste, sozusagen bei laufenden Triebwerken – und tatsächlich, die neue Kiste passte durch die Heckklappe und die Maschine startete pünktlich wie geplant.
Christoph Baier: „Auch wenn vor Ort niemand von uns den Einbau begleiten durfte: Wir wissen, dass der Auftraggeber zufrieden war. Im Nachhinein das für mich einer der spannendsten Aufträge, die ich in den letzten 30 Jahren begleitet habe. Als Erfahrung nehme ich mit: geht nicht, gibt’s nicht!“