Für Glasanwendungen, etwa bei Interieurverglasungen, bei denen früher häufig Einscheibensicherheitsglas zum Einsatz kam, wird heute zunehmend Verbundsicherheitsglas aus ESG und/oder TVG (Teilvorgespanntes Glas) verwendet. Denn dadurch lässt sich die Festigkeit von ESG mit der Reststandfähigkeit von TVG kombinieren: Kommt es zum Glasbruch, bleibt die gebrochene Scheibe im Rahmen und die Scherben bleiben an der Folie kleben. Es fallen auch keine Bruchstücke herab.
Die steigende VSG-Nachfrage können Verarbeiter in der Regel mit dem reinen Zuschnitt aus zugekauften, vorgefertigten VSG Tafeln abdecken. Aber auch eine eigene Herstellung solcher Sicherheitsgläser, lohnt sich zu erwägen.
Betrachtet man die eingangs genannten Glaskombinationen mit ESG und TVG, liegt es für Betriebe mit eigenem Vorspannofen nahe, sich auch in Richtung VSG-Herstellung zu orientieren. Für die Herstellung von Verbundsicherheitsglas gibt es zwei verschiedene Verfahren: mit und ohne Autoklav.
VSG-Herstellung mit Autoklav
In der Regel erfolgt die Herstellung mit Autoklaven über eine VSG-Linie (Bild 01): Nach dem Zuschnitt werden die Gläser gewaschen und fahren dann in einen Reinraum ein, wo sie mit der Folie zusammengelegt werden (Glas – PVB Folie – Glas). Anschließend wird ein Vorverbund über Presswalzen und einem Vorverbundofen erzeugt. Nun sammelt man die Gläser auf dem Autoklavengestell, um sie anschließend im Autoklaven unter Druck und Temperatur zu VSG zu „verbacken“.
Zur Investition zählen folgende Komponenten:
- Waschmaschine zum Reinigen der Gläser (demineralisiertes Wasser ist notwendig um den Verbund zu gewährleisten)
- VSG-Linie, entweder manuell, halbautomatisch oder vollautomatisch
- Reinraum zum Zusammenlegen des Verbunds (20°C klimatisiert bei max. 25 % Luftfeuchte)
- Autoklav mit Zubehör (Kompressor, Wasserkühlkreislauf; Heizung und Abluftsystem).
VSG-Herstellung ohne Autoklav
Auch bei Folien- oder Sackverfahren (Bild 02) muss man zuerst die Gläser waschen. Dann werden sie im Reinraum mit der zusätzlich vorgetrockneten PVB-Folie (Restfeuchte nach Herstellerangaben) zusammengelegt. Anschließend wird dieser Verbund in eine spezielle Folie (Vakuumsack) eingeschweißt, mit einem Vakuumventil versehen und im Vakuumofen erst kalt vorverbunden und anschließend, immer noch unter Vakuum, bei ca. 130°C endverbunden.
Beim Vorverbund ist es bei diesem Verfahren ausschlaggebend, dass die Entlüftung zwischen den Scheiben und der PVB-Folie vollständig erfolgt (mindestens 15 Minuten kaltes Vakuum ziehen, um die Luft zu entfernen).
Beim autoklavenfreien Sackverfahren werden die nachstehenden Komponenten benötigt:
- Waschmaschine zum Reinigen der Gläser
- Ofen zum Vortrocknen der PVB-Folie
- Reinraum zum Zusammenlegen des Verbundes (20°C, bei max. 25 % Luftfeuchte)
- Vakuumofen zum Entlüften der Scheiben und zum Verbinden der Scheiben.<sup>1</sup>
Zusätzlich werden beim Vakuumsack-Verfahren noch folgende Verbrauchsmaterialien benötigt: Hitze- und vakuumbeständige Folie (min. 135°C beständig) zum Einpacken der Gläser für das Entlüften und das Endverbinden.
Dazu kommen Klebebänder und/oder ein Folienschweißgerät, um die Gläser luftdicht einzupacken sowie wieder verwendbare Vakuumanschlüsse, um das Glaspaket während des Verbundprozesses ständig unter Vakuum (mindestens –0,2 bar oder besser) zu halten.
Was unterscheidet die Verfahren?
Das Autoklavverfahren erfordert weit höhere Investitionen als das Sackverfahren. Betrachtet man die reinen Investitionskosten, sind es zunächst die Anschaffungskosten für den Autoklaven, die ins Auge stechen. Diese beginnen bei ca. 200000 Euro, plus Peripherieanlagen.
Ein wesentliches Kriterium, für welches Verfahren man sich entscheidet, ist jedoch die Menge an VSG, die produziert werden soll. Liegt sie bei über 50 m2 pro Tag, erreicht man den kritischen Punkt und man wird um eine VSG-Linie mit Autoklaven nicht mehr herumkommen. Das autoklavenfreie Sackverfahren ist bei einer solchen Menge nicht mehr rentabel, da man an die Grenzen der Herstellungskapazität kommt. Denn das Einschweißen in die Folie erfolgt grundsätzlich manuell.
Deckt der Verarbeiter jedoch schon den Bereich VSG mit Zuschnitt aus VSG-Bandmaßen ab, und er will flexibler werden (bei Glassorten und VSG-Aufbauten z.B. ESG/TVG), bietet sich die autoklavenfreie Herstellung an.
Hier liegen die Investitionskosten deutlich unter den Kosten (50 % und mehr) für eine Fertigung mit Autoklaven.
Zusätzlich lassen sich mit dem Folien- oder Sackverfahren auch gebogene Scheiben problemlos zu VSG verbinden, da bei allen gebogenen VSG-Scheiben zumindest der Vorverbund mit dem Vakuumsack durchgeführt werden muss. Allerdings sollte man berücksichtigen, dass die Verbrauchsmaterialien beim Sackverfahren einen erheblichen Anteil an den Herstellungskosten ausmachen. Denn die Folie für den Vakuumsack ist nur bedingt wieder verwendbar. Sie wird nach einigen Durchgängen porös und ist nicht mehr vakuumdicht und sollte deshalb bereits vorher aussortiert werden. Die Kosten für diese vakuum- und hitzebeständige Folie sind ein nicht zu unterschätzender Kostenblock.
Auch kommt im autoklavenfreien Prozess dem Vortrocknen der Laminat-Folie (PVB) eine entscheidende Bedeutung zu. Nur wenn die PVB-Folie nach Herstellervorgabe für die Restfeuchte verwendet wird, ist gewährleistet, dass der Endverbund blasenfrei und haltbar ist. Dies erfordert einen Trockenschrank, um die Folie auf die Restfeuchte (meist ca. 4 %) herunterzutrocknen.
Anders bei der Autoklavenfertigung: hier wird die PVB-Folie so verarbeitet, wie sie vom Hersteller geliefert wird: Ein zusätzliches Trocknen ist nicht erforderlich, solange die Folie im Reinraum bei den vorgegebenen Klimabedingungen gelagert und verarbeitet wird.
Auch können bei diesem Prozess Verbünde, die nicht absolut blasenfrei sind, in einem zweiten Durchgang im Autoklaven blasenfrei gemacht werden. Das verringert den Ausschuss deutlich. Diese Vorgehensweise ist beim autoklavenfreien Prozess nicht mehr möglich.
Es gibt bei der Herstellung der VSG-Glasverbünde auch Mischformen, wie beim gebogenen VSG: der Vorverbund wird im Sackverfahren durchgeführt, der Endverbund im Autoklav.
Mit jedem der beiden vorgestellten Prozesse lässt sich VSG in bester Qualität produzieren. Allerdings variieren je nach Verfahren die Anschaffungs- und Herstellungskosten deutlich. Ebenso variieren die umsetzbaren Produktionsmengen. —
Der Autor
Hermann Frey war über 12 Jahre als Niederlassungsleiter der Tamglass GmbH in Deutschland sowie drei Jahre als Verkaufsleiter bei der Bystronic Maschinen AG, Bützberg, tätig. Seit 2007 ist er selbstständiger Berater in der Glasindustrie. freyhermann@t-online.de