In Verglasungen integriert lassen sich prismatisch strukturierte Elemente als Lichtlenkelemente einsetzen, wobei sie Sonnenlicht tief ins Gebäude lenken oder als statisch-saisonal wirksame Sonnenschutzelemente eingesetzt werden. Aus Gründen der Material-, Gewicht- und Kostenersparnis sowie geringerer Absorption, eines flächig-homogenen Erscheinungsbildes und einer einfachen Integration in einen Glasverbund wird versucht, die Strukturen zu miniaturisieren.
Am Fraunhofer ISE und dem ISFH werden die Anwendungsmöglichkeiten mikrostrukturierter Elemente in Verglasungen für den Sonnenschutz sowie zur Tageslichtlenkung untersucht. Ebenso werden dort passende Strukturen für Lichtlenkelemente und für den saisonalen Sonnenschutz entwickelt, hergestellt und optimiert und mit Industriepartnern an entsprechenden Produkten für den Praxiseinsatz gearbeitet.
Funktionsweise und Einsatzgebiete
Mikrostrukturierte Lichtlenkelemente können einfallendes Sonnenlicht gezielt umlenken oder reflektieren. Die Lichtlenkung und -reflexion in solchen mikrostrukturierten Elementen basiert auf Brechung und interner Totalreflexion in den Strukturen. Jahreszeitlich variable Transmissionseigenschaften von Strukturen mit statischem Sonnenschutz werden durch die winkelabhängige Transmission und den wechselnden Sonnenstand erzielt: Flach einfallende Strahlung im Winter und helles Zenithimmelslicht wird so durchgelassen, jedoch die hoch stehende Sommersonne reflektiert. Die saisonale Regelung übernimmt der sich ändernde Sonnenstand. Bei Strukturen zur verbesserten Tageslichtnutzung wird die Richtung von transmittiertem Licht so ver ändert, dass das Licht tiefer in den Raum eindringt und auch weit vom Fenster entfernte Bereiche ausreichend mit Tageslicht versorgt werden. Da gleichzeitig die Blendung von Personen im Raum vermieden werden muss, gelingt dies z.B. damit, dass das Licht unter flachem Winkel nach oben an eine hell reflektierende Decke gelenkt wird.
Da in der Regel durch prismatisch (mikro-)strukturierte Elemente keine oder nur eine eingeschränkte Durchsicht möglich ist, eignen sie sich für den Einsatz in Bereichen, wo klare Durchsicht nicht zwingend erforderlich ist (Oberlichter etc.) oder für Anwendungen, bei denen die Strukturen nur teilflächig eingesetzt werden. D.h. wenn sich strukturierte Bereiche und solche mit klarer Durchsicht abwechseln. Besonders vorteilhaft ist der Einsatz der Elemente in oder vor transluzenten oder opaken Fassadenelementen, z.B. Module mit transparenter Wärmedämmung (TWD) vor opaken Wänden, die im Winter zur Raumheizung beitragen und durch die saisonale Verschattungsfunktion vor unerwünschter sommerlicher Erwärmung geschützt werden.
Bei der Integration in Wärmeschutzverglasungen werden verschiedene Ansätze verfolgt (Bild 1). Eine mikrostrukturierte Folie kann freitragend als‚ dritte Schicht‘ in eine Zweischeiben-Isolierverglasung eingespannt werden. Dies hat Vorteile bei den thermischen Eigenschaften, die mit Ug-Werten von bis zu 0,6 W/(m2 K) mit denen von 3-fach-Isolierverglasungen vergleichbar sind. Nachteilig ist die etwas geringere Transmission im Winter durch die zusätzlichen Grenzflächen. Alternativ kann die mikrostrukturierte Folie auch einseitig auf eine Glasscheibe auflaminiert sein. Hier entsprechen die thermischen Eigenschaften denen einer 2-fach-Isolierverglasung mit einer (im Vergleich zur eingespannten Variante) etwas höheren Transmission im Winter.
Herstellung der Strukturen
Mikrostrukturen für Sonnenschutz, Lichtlenkung und andere Anwendungen werden am Fraunhofer ISE interferenzlithografisch generiert: Dabei wird ein lichtempfindlicher Lack (Fotoresist) mit einem Laser-Interferogramm belichtet. Von den entwickelten Fotoresists werden Prägewerkzeuge hergestellt, mit denen sich die Strukturen im Mikroreplikationsverfahren in großen Flächen replizieren lassen. Alternativ zu interferenzlithografisch hergestellten Urformen werden Strukturen untersucht, die durch Ultrapräzisionsbearbeitung (z.B. Diamantfräsen oder -drehen) hergestellt wurden. Letztere lassen sich direkt auf eine Prägewalze schneiden, was die Abformung einer endlosen Folienrolle ohne Naht erlaubt.
Bei beiden Herstellverfahren können die Strukturen zudem moduliert werden, was zu einer zusätzlichen Lichtstreuung führt. Diese reduziert mögliche Farbeffekte (Zerlegung des weißen Lichtes in die Spektralfarben durch die Brechung an den Prismen) und verringert hohe Leuchtdichten, die Blendung verursachen können. Am ISFH werden Varianten untersucht, bei denen eine unmodulierte Mikrostruktur mit Licht streuenden Gläsern kombiniert wird, um dieselben Effekte zu erzielen. Die verschiedenen Herstell-Technologien sowie Varianten zur Kombination mit Lichtstreuung stehen zur Verfügung, werden getestet und können je nach den speziellen Anforderungen eingesetzt werden.
Beispiele und Eigenschaften
Die gezeigten Strukturtypen stellen nur eine Auswahl, der im Verglasungsbereich einsetzbaren Strukturen dar. Prinzipiell werden hier nur lineare, prismatische Strukturen betrachtet. Bild 2 zeigt einen Strukturtyp und die schematische Funktion. Der an einem Verglasungs-Prototypen gemessene Transmissionsgrad für Licht und Solarstrahlung ist in Abbildung 3 gezeigt. Je nach exakten Strukturparametern und Art der Integration in die Verglasung kann der Abfall der Transmission bzw. des g-Wertes mit dem Einfallswinkel und damit das saisonale ‚Schalten‘ der Sonnenschutzfunktion noch steiler verlaufen als in Bild 3 gezeigt.
Die Struktur in Bild 2 wird in vertikalen Verglasungen eingesetzt. Als statisch-saisonaler Sonnenschutz in geneigten Verglasungen, wie Dachverglasungen, eignen sich Strukturen, die fast senkrecht auf die Struktur einfallendes Licht reflektieren. Andere Strukturen für Tageslichtlenksysteme lenken das Licht nach oben um und weisen im Idealfall für große Einfallswinkel eine höhere Transmission auf als eine Standardverglasung ohne Lichtlenkstruktur.
Bei der Miniaturisierung prismatischer Strukturen treten neben Reflexionen zwischen den Grenzflächen der Strukturen auch Beugungseffekte auf, die die erwünschte Funktion abschwächen oder aufheben können (Nebenbilder, Farbeffekte). Diese Phänomene können vorhergesagt und quantifiziert werden.
Für die beiden in Bild 1 in der Mitte bzw. rechts gezeigten Varianten wurden großformatige Verglasungs-Prototypen gefertigt und charakterisiert. Erste durchgeführte Stabilitätsuntersuchungen zeigen vielversprechende Ergebnisse. Aktuell sind noch weitere Tests und Optimierungen notwendig, um verlässliche Produkte gemeinsam mit Marktpartnern zu realisieren.—
Der Autor
Dr. Peter Nitz, Leiter der Gruppe Lichttechnik und Solare Konzentration Abteilung Materialforschung und angewandte Optik Fraunhofer ISE, Freiburg (peter.nitz@ise.fraunhofer.de).
Co-Autoren: Federico Giovannetti, ISFH
Dr. Helmut Weinläder, ZAE Bayern
Jan Wienold, Fraunhofer ISE
Text-Quelle: ForschungsVerbund Erneuerbare Energien, Berlin, Themenheft 2008, https://www.fvee.de/