Der keramische Digitaldruck vereint die hohe Festigkeit und Farbbeständigkeit von ins Glas eingebrannten Keramikfarben (wie beim Siebdruck) mit der hohen Flexibilität des Digitaldrucks (der auf organische Farben zurückgreift). Die im CDP-Verfahren bedruckten Gläser lassen sich neben der Verwendung im Interieur auch für Fassaden und für andere Außenanwendungen einsetzen. Hier finden sie meist Anwendung auf der „trockenen Seite“ des Glases“, etwa in Isoliergläsern, bei Verbundgläsern und anderen, der Rauminnenseite zugewandten Verglasungen. CDP-bedruckte Gläser lassen sich auch direkter Bewitterung aussetzen.
Der keramische Digitaldruck, so wie wir ihn heute kennen, hatte seinen Durchbruch auf der glasstec 2006 in Düsseldorf. Dort stellte die Firma DipTech aus Kfar Saba in Israel ihr Drucksystem GlassJet erstmals einer breiten Öffentlichkeit vor. Hierbei handelt es sich um einen Flachbett-Drucker, mit dem sich die Glasoberfläche direkt (horizontal) bedrucken lässt. Die Anlage lässt sich problemlos in den Fertigungslauf einer Flachglaslinie eingliedern.
Die Drucker ermöglichen einen 6-farbigen Druck mit keramischen Farben, mit einer Auflösung von bis zu 720 dpi auf Glasformate bis zum Jumbo-Format von 3300 x 6000 mm.
Der Vorteil des digitalen Drucks liegt im deutlich verringerten Aufwand für den Verarbeiter: Das bei Siebdruck notwendige Wechseln von Farben und Sieben sowie das Vorbereiten und Archivieren von Filmen entfällt, ebenso das Risiko von Pass-Ungenauigkeiten im Mehrfachdruck.
Die Geschwindigkeit des Drucks ist von der gewünschten Qualität, Bildauflösung und Tintenmenge abhängig. Üblicherweise kann man bei dem GlassJet bei einer 360 dpi Auflösung mit einer Druckzeit von 2 bis 15 min/m2 rechnen.
Der Druckvorgang sollte in einer staubarmen Umgebung stattfinden, da die „Tinten“ eine weit niedrigere Viskosität als Siebdruckfarben besitzen und Schmutzpartikel leicht unerwünschte Fehlstellen auf dem Glas erzeugen können.
Zur Farbtrocknung nach dem Druck lassen sich Trockenöfen mit geringer Konvektion einsetzen. Sollte kein Trocknungs-Aggregat zur Verfügung stehen, kann auch eine einfache Trocknung bei Raumtemperatur erfolgen. Je nach Schichtdicke des Drucks kann dies mehrere Stunden dauern. Nach dem Trocknen lassen sich die Glastafeln auch vertikal lagern und transportieren.
Das Einbrennen der keramischen Farben erfolgt bei Temperaturen zwischen 550 und 700 °C. Damit ist dieser Prozess optimal auf die Ofenprozesse zur ESG- oder TVG-Fertigung abgestimmt.
Zudem ist das Einbrennen der Farben auch in allen Glasöfen möglich, die einen Temperaturbereich von 600 bis 700° C bedienen können
Idealerweise wird der keramische Digitaldruck in den Fertigungsprozess eines Herstellers von Sicherheitsglas eingebunden, da hierbei ein kontinuierlicher Prozessablauf gewährleistet werden kann. Scheiben, die im keramischen Digitaldruck gefertigt sind, lassen sich zu VSG laminieren.
Dünnere Farbschichten möglich
Der Farbauftrag beim keramischen Digitaldruck beträgt in der Regel nur rund 1/10 der Dicke der Farbschicht von Siebdruckgläsern. Durch die deutlich geringere Partikelgröße der Pigmente ist jedoch eine entsprechende Deckkraft der Farben gesichert, wodurch die Tintenkosten für keramische Digitaldruck-Farben, die Kosten für keramische Siebdruck-Farben unterbieten können.
Mit der beim GlassJet verwendeten „Drop-on-Demand“-Technik ist es möglich, beliebig viele, genau positionierte Tropfen auf die Glasoberfläche aufzubringen. Tropfendurchmesser und Linienbreiten von D < 80 µm stehen hierbei zur Auswahl. Aufgrund der feinen digitalen Verteilung der Farben ist es möglich, beliebige Farbverläufe und fotorealistische Reproduktionen ohne eine Verwendung von Rastern zu erzeugen.
Farbpalette
Die Farbpalette des GlassJet-Systems ist nicht CMYK-orientiert, wie die bekannten Drucksysteme mit meist transparenten organischen Farben. Sie besteht aus den Basisfarben Schwarz und Weiß, gefolgt von Rot, Gelb, Grün und Blau. Die Farbe Blau ist bei den GlassJet-Farben eher transparent.
Die Farben besitzen einen vorwiegend opaken Charakter, das bedeutet, dass sie (im Unterschied zu Glasmalfarben) vorwiegend in der Reflexion des Lichts wirken. Dies ist gerade bei der Außenanwendung und im Fassadenbereich meist zwingend notwendig, um nicht den „Kirchenfenster-Effekt“ zu erhalten, der transparente Farben mit dunklem Hintergrund von außen vornehmlich als Grau erscheinen lässt.
Zusätzlich zu den genannten Grundfarben gibt es noch Mischfarben sowie Effektfarben. Letztere z.B. ETCH, erzeugen einen interessanten keramischen Satinierungseffekt, mit dem man auch Ätzungen oder Sandstrahlungen imitieren kann.
Alle Farben lassen sich miteinander als „Premix“ vormischen oder digital im Druckprozess kombinieren. So kann ein weiter Bereich in Farbsystemen, wie z.B. RAL, NCS oder PANTONE dargestellt werden. Aufgrund ihrer keramischen Basis besitzen die CDP-Farben die üblichen Farbraumgrenzen keramischer Farben dieses Temperaturbereichs. Manche Rot- oder Magenta-Töne lassen sich auch hier nur eingeschränkt reproduzieren.
Der GlassJet Drucker bietet die Grundlage für eine Vielzahl neuer Gestaltungsmöglichkeiten von Glas, die weit über die reine Farbgebung hinausreicht. So lassen sich mit ihm z.B. nicht nur natürliche und technische Oberflächen wie Holz, Stein, Streckmetall und sogar Textilien imitieren, sondern auch optische Wirkungen, wie Strukturglas, Dekorglas oder Glasbausteine simulieren.
Der Hersteller DipTech bietet seine Drucker der Reihe GlassJet in drei verschiedenen Varianten bzw. Größen an:
- Novo, Arbeitsfläche 1200 x 2200 mm, für Anwendungen bis zu Türgrößen
- Pro, Arbeitsfläche 2800 x 3700 mm, für industrielle Anwendungen
- Jumbo, Arbeitsfläche 3300 x 6000 mm, für maximale Glasformate.
Die Software des GlassJet ist einfach, gut durchdacht und vor allem verarbeiterfreundlich konzipiert. So können mithilfe der sogenannten DXP-Expert-Software einfache Mehrfarb-Druckaufträge auch von angelerntem Personal vorbereitet werden, ohne dass tiefergehende (theoretische) Fachkenntnisse notwendig sind.
Dennoch: anspruchsvolle Drucke und Gestaltungen können auch hier mittels Bearbeitung durch erfahrene Glasdesigner und eine professionelle Druckvorbereitung zu sichtbar hochwertigeren Qualitäten führen.
Ausblick
Durch die vielfältigen Möglichkeiten des Glasdrucks und seiner sicheren und kostengünstigen Anwendung sowie von farbbeständigen, langlebigen Drucken auf Glasoberflächen, findet ein Umdenken in der Architektur bei der Gestaltung von Glasfassaden statt. Interessante, teils gewagtere Bilder und Grafiken, verleihen hierbei Gebäuden bzw. Glasfassaden mehr Charakter und steigern die Exklusivität.
XXL-formatige Glasanwendungen, die häufig mehrere hundert oder gar tausend Quadratmeter umfassen, bringen meist völlig neue Herausforderungen an Glasdesigner und Druckvorbereiter mit sich. Auch hier ist es meist sinnvoll, sich der Dienste erfahrener Fassadengestalter zu bedienen. —
Tipp der Redaktion: englischsprachig Interessierte finden weitere Informationen unter http://www.cerdip.com.
Der Autor
Bernd Hoffmann ist seit über 20 Jahren Glasdesigner und Ingenieur für Glastechnik und Keramik. Seit 2006 entwickelt er neue Techniken für den keramischen Digitaldruck auf Glas. Sein Unternehmen, die Hoffmann GTD, berät Glasdesigner, Architekten, Glaserverarbeiter, Glasproduzenten und andere am keramischen Digitaldruck Interessierte. Weitere Informationen unter Hoffman GTD