Glaswelt – Wie ist die Situation in Corona-Zeiten bei Glaston?
Sasu Koivumäki – Als sich die Coronakrise im Januar in China ausbreitete, begannen wir frühzeitig damit, die Dinge in unserer dortigen Fabrik zu regeln und am Laufen zu halten. Dort werden Maschinen für den chinesischen Markt gefertigt. Gleichzeitig haben wir unsere Lieferketten stabilisiert, damit sie weltweit intakt bleiben. Diese frühen Maßnahmen haben es uns ermöglicht, uns gut auf die Krise in Europa vorzubereiten. Hier in Deutschland, Finnland und der Schweiz lief es dann trotz Corona immer rund. Wir haben nie aufgehört zu produzieren und auszuliefern. Die Installation neuer Anlagen hat in den letzten Monaten nie aufgehört. Jetzt beginnen wir langsam, unsere Besuche bei den Kunden wieder aufzunehmen.
Glaswelt –Sie haben Produktionen in Finnland, Deutschland und der Schweiz. Wie ist hier die Marktlage und welche Rolle spielt der deutsche Markt?
Koivumäki – Der deutsche Markt ist für uns historisch gesehen ein wichtiger Markt, und heute ist er ein Markt, von dem aus wir gute Aufträge erhalten. Insbesondere das Quartal 01/2020 zeigte eine sehr starke Nachfrage aus Deutschland. Trotzdem sehen wir, dass die Coronakrise einen Einfluss hatte und im zweiten Quartal eine gewisse Verlangsamung verursachte. Aber die Nachfrage der Kunden ist da.
Glaswelt – Sie sind jetzt amtierender CEO, warum nicht Nachfolger von Arto Mätsänen?
Koivumäki – Glaston ist eine Aktiengesellschaft und an der Börse in Helsinki gelistet. Daher müssen wir ein gewisses Procedere einhalten, wenn es um Veränderungen im Top-Management geht. Am Ende ist der Verwaltungsrat dafür verantwortlich, eine gründliche Bewertung aller Optionen vorzunehmen, um die beste Wahl für das Unternehmen zu treffen.
Glaswelt –Was sieht die Glaston-Strategie für die Digitalisierung aus? Was haben Sie für Verarbeiter in petto?
Koivumäki – Die Digitalisierung ist für uns sehr wichtig und wir arbeiten bereits seit mehreren Jahren an diesem Thema. Und ich bin ein bisschen stolz darauf, dass ich dafür verantwortlich war, dieses Thema in unserem Unternehmen voranzutreiben. Bei der Digitalisierung geht es darum, den Grad der Automatisierung zu erhöhen. Die Vernetzung von Maschinen und Produktionsstätten muss das Ziel sein. Und Daten sind der Schlüssel dafür. Deshalb arbeiten wir ständig daran, unsere Maschinen und die Effizienz der Linien und Arbeitsprozesse zu verbessern. Weiter helfen wir die Arbeitsweise der Menschen in der digitalisierten Produktion zu optimieren. Neue digitale Tools verbessern zudem unseren Service und den Kundensupport.
Glaswelt – Sagen Sie etwas zu digitalen Tools.
Koivumäki – Wir setzen u.a. Augmented Reality und künstliche Intelligenz ein. Dies wird immer mehr Bestandteil der Produktionsprozesse werden. Wir arbeiten bereits seit längerem daran, Augmented Reality zu nutzen, um unsere Produktion und unseren Vertrieb zu unterstützen. Das ist nicht nur eine Spielerei. Im Gegenteil, es ist ein wirklich gutes Werkzeug, besonders in Corona-Zeiten. Dies ermöglicht(e) uns generell eine bessere Kommunikation mit unseren Kunden.
Glaswelt –Nennen Sie ein weiteres Beispiel.
Koivumäki – Ein weiteres Tool, das wir immer häufiger verwenden, ist das Live-Streaming. Wir haben unsere Streaming-Möglichkeiten optimiert: Ein gutes Beispiel war unser Streaming-Service auf der letzten glasstec-Messe, wo wir eine Live-Schaltung zu unserer Produktion in Tampere hatten. So konnten wir unsere ESG-Möglichkeiten in der realen Produktion zeigen. Messebesucher konnten via Stream mit den Technikern vor Ort sprechen und sogar verschiedene Glassorten auswählen, die dann in Tampere vorgespannt wurden. Mit diesem Tool können wir unsere Produkte auch ohne Reisen live präsentieren.
Glaswelt –Sie haben drei Unternehmens-Segmente: Heat Treatment, Isolierglas + Automotive, Emerging Technologies. Worauf konzentrieren Sie sich in Forschung und Entwicklung?
Koivumäki – Wir konzentrieren uns auf die Optimierung unserer ESG-Systeme sowie der Laminierungsprozesse und Isolierglas-Linien. Hier arbeiten wir Hand in Hand mit unseren Partnern aus der Glasindustrie, da wir kundenorientiert Produkte entwickeln. Ein Thema, das für alle unsere Segmente immer wichtiger wird, ist die Verwendung neuester digitaler Werkzeuge sowie künstlicher Intelligenz. Hier arbeiten wir auch eng mit Universitäten und anderen Institutionen zusammen. Darüber hinaus haben die GPDs einen großen Einfluss auf unsere Entwicklungsarbeit, da wir dort mit allen wichtigen Playern der Branche in Kontakt sind und diese in Tampere zusammenbringen.
Glaswelt – Sie haben selbst angefangen, schaltbares Glas zu entwickeln. Wie kommt das?
Koivumäki – Dies ist Teil unserer Strategie in unserer Geschäftseinheit ‚Emerging Technologies‘. Wir haben hierfür in ein US-amerikanisches Unternehmen investiert, das an schaltbarem Glas arbeitet. Unser Fokus ist dabei die Umsetzungstechnik und die Produktionsmittel bereitzustellen. Hier unterstützen wir vor allem Unternehmen mit guten Ideen, aber ohne industriellen Produktionshintergrund. Darüber hinaus arbeiten wir weltweit mit allen großen Glasverarbeitern zusammen, so können wir neue, aufstrebende Unternehmen mit diesen Marktpartnern zusammenbringen.
Glaswelt –Die glasstec wurde auf 2021 verschoben. Was passiert dann mit den GPD 2021?
Koivumäki – Die Glass Performance Days finden nächstes Jahr auf alle Fälle statt. Das ist sicher. Dieses Event ist wirklich wichtig für uns. Möglicherweise müssen wir den ursprünglich geplanten GPD Termin im Juni 2021 wegen der verlegten glasstec verschieben.
Glaswelt –Was sind Ihre Ziele für Glaston?
Koivumäki – Ich arbeite seit 18 Jahren für Glaston. Dies ist auch im Herzen mein Unternehmen. Wir haben fast 800 Mitarbeiter mit zusammen Tausenden Jahren an Erfahrung. Dieses Wissen werden wir nutzen, um die Kunden bei der Optimierung ihrer Prozesse zu unterstützen. Das ist unser Ziel. Sind wir hier erfolgreich, bringt das die gesamte Glasindustrie voran.
Das Exklusiv-Interview führte Matthias Rehberger
Über Sasu Koivumäki
M.Sc. (Wirtschaftswissenschaftler) Sasu Koivumäki kam 2002 zu Glaston und bekleidete seitdem mehrere Führungspositionen im Unternehmen, unter anderem im Finanzwesen und im Vertrieb. Seit 2012 ist er Mitglied der Executive Management Group und in 2015 wurde er zum Stellvertreter des CEO ernannt.