GLASWELT: Warum steigt aktuell die Nachfrage bzgl. Sicherheitsgläser und zielt das mehr auf Fassadengläser oder Gläser für Interieur.
Christoph Hahn: Ich denke, es sind mehrere Faktoren dafür verantwortlich: So klafft die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander und dazu kommt ein negatives Sicherheitsgefühl. Außerdem spielt wohl die zunehmende Gewaltbereitschaft gerade in Städten eine wichtige Rolle. Und man darf auch die großen Anschläge der letzten Jahre nicht vergessen.
GLASWELT: Warum ist das Gewicht von Sicherheitsgläsern einer höheren Sicherheitsstufe so relevant?
Hahn: Im Wesentlichen aus zwei Gründen: Bei Drehkipp-Elementen ist
das maximale Gewicht durch die Beschläge limitiert. Durch 3-fach-Isolierglas hat sich das Glasgewicht sowieso erhöht. Außerdem wollen Architekten immer größere Glasflächen – dieses Gewicht muss konstruktiv aufgenommen werden und auch logistisch gehandhabt werden können.
GLASWELT: Wie kam es mit der Uni Siegen zum gemeinsamen Forschungsprojekt? Was sind die Ergebnisse?
Hahn: Wir forschen und arbeiten schon sehr lange erfolgreich mit der TU Siegen zusammen, zudem beschäftigen wir uns seit etwa 30 Jahren mit der Frage, wie man angriffhemmende Verglasungen leistungsfähiger konstruieren kann. Und so war es eigentlich logisch, dass wir dieses Thema auch gemeinsam angehen. Das Ergebnis ist eine P8B Verglasung mit einer Nenndicke von 20 mm und einem Flächengewicht von ca. 28 kg / m². Zusätzlich verbessert sich der Ug-Wert, da Kunststoffe weniger Wärmeleitfähigkeit als Glas haben.
GLASWELT: Wie sieht der Aufbau der neuen Scheibe aus? Und warum ist die Kombination aus Polycarbonat und Glas eine gute Alternative?
Hahn: Der Scheibenaufbau ist abhängig von der Glasstatik und der Größe der Scheibe. Prinzipiell sind Dünngläser nur bei relativ kleinen Scheibenflächen sinnvoll einzusetzen. Dort wo das Schutzbedürfnis ganz besonders hoch ist, macht die Kombination aus Dünnglas und Polycarbonat besonders viel Sinn, beispielsweise bei einbruchhemmenden Fluchttüren.
Das Ergebnis unseres jüngsten Forschungs-Projekts gemeinsam mit der TU Siegen ist eine P8B Verglasung mit einer Nenndicke von 20 mm und einem Flächengewicht von rund 28 kg /m².
Silatec
GLASWELT: Was passiert im Falle eines Glasbruchs, Stichwort „Resttragfähigkeit und Splitterbindung“?
Hahn: Versuche im Forschungsprojekt haben gezeigt, dass die Zwischenschicht die Glassplitter ausreichend gut an sich bindet. Polycarbonat stellt in Kombination mit den Glasbruchstücken in der Druckzone einer biegebeanspruchten Verglasung die Resttragfähigkeit sicher.
GLASWELT: Lassen sich die neu entwickelten Gläser auch bei Fluchttüren einsetzen?
Hahn: Ja, insbesondere bei einbruchhemmenden Flucht- und Paniktüren der Widerstandsklasse RC2, RC3 und RC4, da bei diesen Paniktüren noch mal deutlich härtere Anforderungen an das Glas gestellt werden, als die in der EN 356 definierten. Mit konventionellen VSG-Lösungen lässt sich hier keine Zulassung erwirken.—
Die Fragen stellte Matthias Rehberger.
Was leistet das leichte Sicherheits-Isolierglas von Silatec im Detail
Das neue 3-fach-Isolierglas mit Dünnglas und Polycarbonat erreicht mit einem SZR von 12 mm und einer Gasfüllung aus Krypton sowie einer Wärmschutzbeschichtung einen Wärmedurchgangskoeffizienten von unter 0,7 W/(m2K) sowie einen Gesamtenergiedurchlassgrad von 56 %. Damit erfüllt es die aktuellen energetischen Anforderungen.
Diese wärme- und sicherheitstechnischen Eigenschaften lassen sich mit einem 33 % schlankeren Querschnitt und bis zu 64 % leichteren Aufbau erzielen.