Glaswelt – Vakuum-Isolierglas ist seit Jahren ein großes Themen der Glasbranche, kam aber nie so richtig in Fahrt. Ändert sich das gerade?
Roland Skomda – Mit unserem Vakuum-Isolierglas (VIG) hat sich das geändert, wir bedienen eine immer höhere Nachfrage. Vor allem, weil wir die Nachteile herkömmlicher Vakuumgläser durch einen neuen Produktionsprozess eliminieren konnten: Fineo braucht keine Evakuierungsöffnung und hat keine Dichtungen, stattdessen ist das Glas in einem dünnen Randbereich anorganisch aufeinander geschmolzen und dauerhaft dicht. Zudem produzieren wir Fineo mitten in Europa statt in Asien und sind so schneller und flexibler, haben das Geschäft besser in der Hand. Die herkömmlichen Fertigungen in Asien waren für den heimischen Markt immer nachteilhaft.
Glaswelt – Ähnlich wie bei schaltbaren Gläser kommt auch bei VIG immer die Frage nach dem Quadratmeter-Preis, warum es so viel teurer ist als Standard-ISO. Was antworten Sie darauf?
Skomda – Für den höheren Preis erhalten unsere Kunden die Möglichkeit, deutlich filigranere Fenster-Profile einzusetzen, denn die schweren Flügel für 3-fach-Isolierglas sind teuer, unpraktisch und die energetische Schwachstelle im Bauteil Fenster. Mit Fineo erhalten sogar hundert Jahre alte, sehr filigrane und schöne Holzfenster eine zeitgemäße Energiebilanz. Die Fenster sind viel leichter und ästhetischer, Architekten ermöglicht das neue Ansätze, auf die sie schon lange gewartet haben. Auch technisch: Fineo transmittiert mehr Tageslicht, mehr solare Energiegewinne für den Winter, es ist farbneutraler in der Durchsicht und verbessert den Schallschutz. Im Grunde ist es das Warmglas 2.0 – mit 15 Jahren Garantie und dauerhaft konstanten technischen Werten. Häufig ist die Montage von Fineo wesentlich einfacher und günstiger, was den höheren Materialpreis ganz oder teilweise relativiert.
Glaswelt – Kommt VIG heute eher bei Neubauten zum Einsatz oder bei der Renovierung?
Skomda – Fineo eignet sich gleichermaßen für den Neubau und die Sanierung. Die technischen Werte des Glases bleiben aufgrund der Konstruktion ohne Dichtungen für immer konstant, es sei denn, das Glas bricht. Dazu kommen die ganzen energetischen Vorteile – es handelt sich also um eine hervorragende Langzeitinvestition.
Im Bereich der Sanierung ist es seit einigen Monaten sogar der Renner: Alles ist möglich, Sie können damit das Einfachglas in historischen Holzfenstern ersetzen oder ein bestehendes 2-fach-Isolierglas ersetzen. Wir können jetzt nämlich auch ein fertiges und passgenaues 2-fach-ISO liefern, in dem eines der Basis-Gläser durch eine 7 mm dünne Fineo-Einheit ersetzt wird. Wir nennen das dann Hybridglas. Das ISO erzielt so einen sensationellen Wärmedämmwert von ca. 0,4 W(m2 K). Damit ist es möglich, Kunststoff- und Aluminiumfenster in der bisherigen Glasstärke umzuglasen. Die bestehenden Glasleisten können weiterverwendet werden.
Glaswelt – Also lässt sich mit Fineo und seinen guten technischen Werten (z. B. Ug-Wert) der Denkmalschutz einfach umsetzen?
Skomda – Ja. Im Denkmalschutz setzen unsere zertifizierten Partner das Glas sehr gern ein, denn die komplette Glaseinheit ist nur 6 mm dünn und nach dem korrekten Einbau in filigrane historische Profile kaum von einem Einfachglas zu unterscheiden. Es dämmt aber wie ein 3-fach-ISO und ist allein beim Glasanteil um ein Drittel leichter. Inzwischen ist es sogar mit historisierenden Scheiben kombinierbar, dann sieht es aus wie historisches, gezogenes Glas. Durch den geringen Scheibenzwischenraum von 0,1 mm ist kein Abstandhalter sichtbar, was den optischen Anforderungen im Denkmalschutz entgegenkommt.
Glaswelt – Wenn die Vakuumgläser bei Sanierungen bzw. alten Fenstern verbaut werden, braucht es dazu ein spezielles Know-How und wer setzt das dann um?
Skomda – Beim Einbau braucht es gutes altes Handwerk, das beherrscht werden muss, hierfür haben wir unsere Fineo Montagepartner, das sind alles erfahrene Fachbetriebe, die besonders geschult sind, um so den speziellen Anforderungen bei Einbau von Fineo gerecht zu werden. Nur so können wir die Garantie von 15 Jahren mit gutem Gewissen gewähren. Im Grunde ist die vorherige Bearbeitung der Holzprofile entscheidend, wegen des idealen Einstands der VIG im Holz.
Glaswelt – Wie schulen Sie ihre Partner?
Skomda – In der DACH-Region arbeiten wir inzwischen mit 65 zertifizierten Partnerbetrieben, so dass wir auch in der Fläche schon sehr gut verfügbar sind .Unsere Partner erhalten die Schulungen vor Ort und dazu natürlich ausführliche Dokumentationen und Verarbeitungshinweise. Fineoglass (www.fineoglass.eu/de) will damit gewährleisten, dass der Nutzer dauerhaft ästhetisch und technisch perfekte Fenster erhält.
Glaswelt – Sagen Sie noch etwas zu den Spacern und wie der Randverbund aufgebaut ist.
Skomda – Zur genauen Beschaffenheit hinsichtlich der fast unsichtbaren Spacer zwischen den Scheiben und zur Art der Verschmelzung des Randverbunds darf ich keine Auskunft geben, da die Technik derzeit noch weltweit einzigartig ist.
Glaswelt – Lassen sich die VIG Scheiben auch aus oder mit laminierten Gläser aufbauen?
Skomda – Die eigentliche Vakuumglas-Einheit besteht aus zwei mindestens 3 mm dicken nicht vorgespannten Gläsern, die nur durch ein 0,1 mm dünnes Vakuum getrennt sind. Diese VIG-Einheit ist quasi monolithisch. Derzeit ist es noch nicht möglich, ESG für die Basisgläser einzusetzen, denn wir brauchen eine sehr exakte Ebenheit der Glasscheiben. Wir können jedoch weitere Scheiben laminieren, um ein VSG zu erzeugen. So werden bei der nächsten Generation von Fineo auch Glaseinheiten als Kombination aus ESG/VSG in verfügbar sein. Unsere Experten arbeiten daran.
Glaswelt – Was denken Sie, welche Marktposition wird VIG mittelfristig einnehmen?
Skomda – Generell sehen wir sehr gute Marktchancen. Aufgrund des einzigartigen Produktionsprozesses, der nicht mit einer herkömmlichen ISO-Produktion vergleichbar ist, fehlt es jedoch derzeit noch an Produktionskapazität, um mit dem Millionen-Quadratmeter-Markt herkömmlicher Isolierglas-Produkte zu konkurrieren. Der Ausbau wird nach und nach erfolgen und die Mengen werden steigen. Im Laufe des nächsten Jahres rechnen wir mit der Inbetriebnahme der zweiten Fineo-Produktionslinie in Lodelinsart (B). Dann wird sich die Kapazität vervielfachen und wir können deutlich größere Formate fertigen.
Glaswelt – Wo sehen Sie Chancen?
Skomda – Neben dem absehbar hohen Marktanteil im Renovierungssegment rechnen wir mit wachsendem Interesse aus der Wohnungswirtschaft. Das vorab erwähnte Fineo-Hybridglas ist eine ideale Lösung zur energetischen Ertüchtigung von bestehenden Fenstern, bei denen die alten 2-fach-Gläser, einfach gegen Fineo ausgetauscht werden, die dann in die bestehenden Fensterrahmen kommen. Neben der erheblich geringeren Belastung der Mieter durch einen reinen Scheibentausch und den Kostenvorteilen gegenüber dem Einbau neuer Fenster mit 3-fach-Isolierglas ist zudem auch der ökologische Aspekt zu beachten: Es müssen weder Rohstoffe für neue Fenster verbraucht werden, noch ist das Recycling der alten Fensterprofile notwendig.
Glaswelt – Wie steht es beim Objektbau?
Skomda – Der Gewichtsvorteil gegenüber 3-fach-Isolierglas ist natürlich auch interessant für neue Fenster und Fassaden. Wir arbeiten mit Systemhäusern aus der Aluminium- und Kunststoffbranche an Lösungen, die die Vorteile von Fineo für filigrane und nachhaltige Profilsysteme nutzen. Auch Produzenten von Holz- und Holz-Alu-Systemen sind an einer Kooperation interessiert. Und gerade im Objektbau, insbesondere bei hohen Gebäuden, sollte der Raumgewinn nicht unterschätzt werden. Durch die dünnen Fineo-Einheiten sind deutlich dünnere Fassaden-Aufbauten möglich, als bei den dicken 3-fach-Gläsern.
Das Interview führte Matthias Rehberger