„Nach den turbulenten Jahren der Krise werden die Aussichten für die Glasindustrie wieder besser. Der Bedarf nach hochwertigen Glasprodukten nimmt weltweit deutlich zu,“ so Arto Metsänen, CEO und Präsident von Glaston: „Wir müssen künftig von Glas als einer Form von Energie denken. Denn im Fokus der Nachfrage stehen mehr denn je energieeffiziente Glasprodukte und solche, die Energie gewinnen können.“
Jorma Vitkala, der Organisator der GPD, ergänzte: Die Glasbranche müsse Architekten und Planern genau zuhören, um aktuelle Trends früh zu erkennen, und sich mit den geeigneten Produkten auf diese Nachfrage einstellen. „Die GPD dienen hierbei als Netzwerk, um Wissen und Information rund um Glas zu teilen und zu vermitteln.“
Sonnige Aussichten für die Branche
Gerade für den Solarbereich sähe die aktuelle Situation sehr gut aus, so Martti Kohtanen, CEO von Siemens Finnland: „Auf dem Feld der Energiegewinnung sind aktuell entscheidende Umwälzungen im Gange. Um dies in die Praxis umzusetzen, insbesondere für PV-Module, brauchen wir Glas. Viel Glas. Um beispielsweise die Kapazitäten für die Gewinnung von 500 MW Strom durch Solarmodule bereitzustellen, werden rund 95000 t Glas benötigt. Dies zeigt den Bedarf und die Kapazitäten auf, die sich für die Glasbranche über das Segment Solar ergeben.“
Zudem bräuchte es künftig intelligente Gebäude, die die Energienutzung selbst regelten und dadurch ihren eigenen Verbrauch optimierten. Hierfür werden gebäude-integrierte Systeme und Steuerungen benötigt, um dies umzusetzen. Das Smart-Building-Segment in der Baubranche müsse und werde in den kommenden Jahren deutlich zulegen, so der Siemensmann.
Bewegend war die emotionale Rede von Guardian-Chef Russell J. Ebeid, der seinen Abschied für die zweite Jahreshälfte ankündigte. Er prognostizierte: „Die Glasbranche wird in den kommenden zehn Jahren einen Quantensprung machen.“ Heute gehe es nicht mehr nur um Glas, es gehe um Energie. Die Transformation von Glas zur Energiegewinnung habe gerade erst begonnen und es sei noch einiges zu erwarten. Ebeid: „Wir werden mehr denn je energieeffiziente und energiegewinnende Glasanwendungen brauchen und entwickeln. Ebenso werden wir viele neue (Glas-) Produkte kommen sehen, die das Leben für den Verbraucher angenehmer machen.“ Die Ausrichtung des Marktes werde sich dabei stärker auf den Endverbraucher konzentrieren. Das Branding von Glas müsse künftig stärker forciert werden, denn der Konsument wolle auch beim Glas Markenprodukte. Weiter müsse der Service stimmen. Es reicht dem Verbraucher nicht, nur einfach Produkte vorgesetzt zu bekommen. Heute könne der Glaser deshalb wieder an Bedeutung gewinnen, da er direkt am Kunden ist und einen exzellenten Service bereitstellen kann, der künftig deutlich stärker nachgefragt wird.
„China wird zunehmend billige Glasprodukte auf den Markt werfen“, so der Glasprofi. „Europa und die USA werden darauf mit noch hochwertigeren Produkten reagieren müssen. Nutzen Sie die Chance und Ihren Wissensensvorsprung.“
Standing Ovations und anhaltender Applaus folgte der Rede von Ebeid, einem Urgestein der Glasbranche, der seit über 40 Jahren in der Glasbranche agiert. Er hat Guardian zum milliarden-schweren Glashersteller mit weltweit fast 30 Floatanlagen gemacht.
Die Trends in der Glasbranche
Energie war diesmal das entscheidende Thema und in diesem Zusammenhang auch die Nachhaltigkeit von Produkten aus und mit Glas. Die Gebäude der Zukunft müssen in der Lage sein, bei einem minimierten Energieverbrauch selbst Energie zu erzeugen, so die Aussage vieler Referenten. Beim Gebäudedesign müssten im Zuge dieser Optimierung künftig alle beteiligten Disziplinen enger zusammenarbeiten.
Wie kann man Glas für die Nachhaltigkeit von Fassaden noch effizienter einsetzen? Zu diesem Ansatz gab es einen von DowCorning gesponserten Workshop: Dort diskutierten internationale Architekten, Ingenieure, Fassadenberater und -hersteller sowie Glasverarbeiter (ISO) und Zulieferer, wie man die Energieeffizienz (Sommer und Winter) u.a. mittels schaltbarer Gläser, Low-E-Beschichtungen und Einbinden von Vakuumwärmedämmung weiter steigern kann. Die Tageslichtnutzung, so ein Ergebnis, werde bei Planung und Entwicklung von Fassaden verstärkt bedacht werden müssen. Der Einsatz von natürlichem Licht werde eine zentrale Rolle bei Gebäuden spielen, um das Wohlfühlen des Nutzers zu gewährleisten. Auch die Glasfarbe und die Wahrnehmung des Außenlichts sowie die Lichtausbeute werden an Bedeutung gewinnen.
Bei den Fassaden wird wohl die Displaytechnik mit der man Bilder, Filme oder Farben über die (Isolier-) Verglasung abspielen kann, verstärkt Einzug halten. Zudem kann man sie zur Verschattung bzw. zum Blickschutz nutzen. Dr. Walter Haase vom ILEK, Stuttgart, stellte hierzu schaltbare Verglasungen auf Basis von Flüssigkeitskristallen vor. Das System reagiere innerhalb von Millisekunden und brauche gleichzeitig nur sehr wenig Energie. Das Besondere daran ist die Möglichkeit, einzelne Bereiche auf einer Scheibe zu schalten (opak oder transparent). Diese Felder können frei gewählt und geändert werden. Gerade arbeiten die ILEK-Entwickler daran, dieses System in Isoliergläser zu integrieren.
Reinhard Cordes von onlyglass stellte eine digitale Medienfassade vor. Die Isoliergläser werden durch integrierte LED-Technik zum Display. Dabei ist die ungestörte Durchsicht nach außen ist gegeben, auch wenn außen Filme oder Bilder abgespielt werden. Auch der Glashersteller AGC stellte die aktuellen Entwicklungsergebnisse einer neuen LED-Fassade vor.
Bei den Vorträgen zu Architektur und Fassade war ein starker Trend bei Glasscheiben in Richtung freie und runde Formen auszumachen. Ebenfalls werde die (digitale) Bedruckung von Glas in allen Segmenten (Fassade, Interieur, Automobil) weiter zunehmen.
Claus Puschmann, Bystronic Glass brachte die Stärken der Veranstaltung auf den Punkt: „Auf den GPD ist die Themenbreite enorm und reicht vom Basisglas bis zum Endprodukt. Das gilt auch für die Segmente Solar und Automotive. Es gibt weltweit keine vergleichbare Veranstaltung, auf der sich die internationalen (Glas-) Experten so umfassend austauschen können, wie hier in Tampere.“
Statements der GPD-Besucher
Prof. Jens Schneider, TU Darmstadt
„Mich begeistert der internationale Austausch mit Planern, Industrie und Herstellern. Für die Gespräche, die ich hier geführt habe, müsste ich sonst einen Monat lang durch Europa reisen. Der persönliche Kontakt ist dabei das Wichtigste.“
Erich Trösch
„Ich komme zu den GPD, um viele Kollegen zu treffen und um zu sehen, was am Markt aktuell läuft. In Tampere sehe ich auch die neuesten Entwicklungen beim Glas und bei den Fassaden. Zudem interessiere ich mich für die aktuelle Architektur mit Glas.“
Hanno Sastre, Entwicklungsleiter von seele
„Was die Neuheiten angeht, war mir vieles bereits bekannt. Aber die Summe der Vorträge, der vorgestellten Verfahren und Anwendungen machen den Unterschied und man lernt so einiges dazu. Und natürlich der Austausch mit den Kollegen aus aller Welt.“
Michael Elstner, Interpane Architekturberatung
Ich bin überrascht, wie viel im Glasbereich bei neuen Verbindungstechniken und dem Material aktuell geforscht wird. Man sieht, wie viel mit Glas gebaut wird.