Im Kursaal von Bern informierten die Referenten sowie die ausstellenden Firmen die Teilnehmer der Advanced Building Skins 2022 über neue Konzept, aktuelle Entwicklungen und neue Materialien für die „Fassaden der Zukunft“. Diesmal waren über 400 Teilnehmer aus aller Welt nach in die Schweiz gereist, um sich über die neusten Entwicklungen im Fassaden-Segment zu informieren.
So international wie die Besucher – vorwiegenden Architekten und Fassadenplaner – waren auch die Referenten. Die Vortragenden lenkten ihren Fokus jedoch nicht nur auf die Konstruktion und Gestaltung der Gebäudehülle, sondern damit eng verknüpft, auch auf die Themen Recycling und Circular Economy (d.h. Kreislaufwirtschaft) in Bezug auf Fassaden, Glas und die zugehörigen Bauelemente und die eingesetzten Materialien.
Unter den Referenten waren diesmal neben den Vertretern bekannter Fassadenhersteller auch viele Glasspezialisten, u.a. von Saint-Gobain Glass, Okalux und AGC.
Die Ausstellung, ein wichtiger Teil der Veranstaltung
Abgerundet wurde die Tagung durch eine Ausstellung im Foyer des Kursaals. Dort präsentierten sich überwiegend Unternehmen aus dem Segment Fassadenbau, sowie spezialisierte Zulieferer aus den Segmenten Photovoltaik und fassadenintegrierter PV sowie Flachglas, auch einige Beratungsfirmen, z.B. für Brandschutz, waren dort vertreten.
Im Gespräch der GLASWELT mit den Ausstellern, zeigten sich diese sehr zufrieden mit der Besucherqualität. Dazu Andreas Bittis von Saint-Gobain: „Für uns hat sich die Teilnahme als Aussteller wirklich gelohnt. Viele Tagungsbesucher kamen bereits gezielt mit Fragen zu Produkten oder Projekten zu uns, um sich über die Umsetzung und Ausführung zu informieren. “
Generell waren die Aussteller mit der Besucherqualität – vorwiegend Architekten und Fassadenplaner – der Tagung sehr zufrieden, denn dies war genau die Zielgruppe der Aussteller.
Recycling, Recycling, Recycling
Sehr auffallend war, dass sich diesmal die Themen der zweitägige Konferenz stark um Recycling, Wiederverwertung und Circular Economy in Bezug auf die eingesetzten Fassadenmaterialien drehten. Weiter standen PV-Systeme in vielfältigen Farben, insbesondere zur Integration in die Fassade, im Fokus der Aussteller sowie auch das Thema Vogelschutzglas. Hier gabe es bei den Ausstellern eine Reihe unterschiedlicher Systeme zu sehen. Dazu stellten unter anderem die VSG-Spezislisten der Seen AG sowie Folienhersteller Eastman sowie auch Glashersteller Saint-Gobain ihre neuesten Vogelschutzprodukte vor.
Ebenso stand bei den Glas-Vorträgen der Vogelschutz ganz oben auf der Liste der Referenten. In den Gesprächen der GLASWELT mit den Referaten und mit den Vertretern ded Aussteller wurde deutlich, wie wichtig Vogelschutzgläser in Zukunft für die Fassadenbranche und ihre Glaszulieferer werden wird. Denn immer häufiger fordern nationale und internationale Bauregelwerke sowie die Verordnungen von Gemeinden und Städten bei Neubauten und Sanierungen verbindliche Aussagen und Maßnahmen zum Vogelschutz.
Die Digitalisierung von Fassaden schreitet voran
Spannend war auch zu sehen, wie die Digitalisierung von Fassaden, inklusive Gläsern und Bauelementen, weiter voranschreitet. Dazu stellte Saint-Gobain in Bern den neuen digitalen Service iWin (www.iwin.digital) vor. Dieser bringt die Fassadenbranche und ihrer Zulieferer eine ganze Reihe an Vorteilen.
Nach Auskunft der Entwickler eröffne iWin für die gesamte Bau- und Immobilienwirtschaft ein großes Potenzial, denn der neue Service verbindet die digitale Welt mit realen Fassaden und Immobilien – und dies über den kompletten Lebenszyklus hinweg.
Was steckt dahinter? Die Isolierglas-Einheiten einer Fassade werden mit einem RFID-Chip im Randverbund ausgestattet, der nicht zu sehen ist. Damit können dann Glasverarbeiter, Fenster- und Fassadenbauer sowie auch Gebäudeverwalter und Instandhaltungsteams jede Glaseinheit und das zugehörige Fassadenelement identifizieren und tracken wie ein DHL-Paket: von der Bestellung bis zur Lieferung an den Verarbeiter, weiter auf dem Weg zum Einbau, ebenso den Standort auf der Baustelle und schließlich als Teil des Gebäudes nach der Montage.
Welche Daten lassen sich hinterlegen?
Jeder Isolierglas-Einheit ist eine individuelle iWin ID zugeordnet und diese ist mit einer Datenbank verknüpft. Glasverarbeiter und Fassadenbauer, sowie Architekten, Generalunternehmer und Facility Manager können dann für jede einzelene Scheibe sowie für das zugehörige Bauelement die für sie relevanten Daten abrufen. Das Auslesen der RFID- Chips erfolgt mit gängigen Lesegeräten, auch der Einsatz von Smart-Phone Apps ist geplant.
Zu den hinterlegten Daten: Diese können Informationen zum Glas enthalten, wie Art, Format, Beschichtung etc. Weiter lassen sich Lieferdaten hinterlegen sowie die Zuordnung des Fassadenelements für den Einbau (genaue Fassadenposition) und selbst Links zu Montagevideos sind hinterlegbar.
Und hier schließt sich auch der Kreis zum Recycling, so wird das Urban Mining im Rahmen der Kreislaufwirtschaft vereinfacht, da die Materialien des jeweiligen Bauelemnts hinterlegt sind und so von den Recycling-Verantwortlichen entsprechent präzise und wirtschaftlich zugeordnet und weiter verteilt werden können.
Über iWin erhalten die Recyclinger nicht nur Zerlegehinweise, sondern auch genaue Daten zu den vorliegenden Glasqualitäten.
Neues Knowhow für Fassadenbauer nötig
Deutlich wurde auch, dass die Entwicklung solcher neuen elektronischen Anwendungen sowie auch elektronischer Steuerelemente in der Gebäudehülle schneller voranschreitet als angenommen. Und dies wird auch die Arbeit der Fassadenbauer beeinflussen und verändern und die Handwerker und Monteure müssen ihr Knowhow entsprechend erweitern bzw. Mitarbeiter ausbilden oder finden, die damit umgehen können.
Eines wurde auf der Advanced Building Skins 2022 in den Vorträgen mehr als deutlich: Da Fassaden immer komplexer werden, wirdt künftig von allen Baubeteiligten sowie den ausführenden Fassadenbauern und Handwerksunternehmen deutlich mehr Kommunikation untereinander gefordert sowie eine engere Zusammenarbeit.
Matthias Rehberger
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