Weltweit ist Vogelschlag mit einer der Faktoren, die für den Rückgang der Vogelpopulation verantwortlich sind. In mehr und mehr Ländern ist oder wird es gesetzlich verankert, den Vogelanprall durch geeignete Maßnahmen zu reduzieren, Tendenz steigend.
Die Problematik: Vögel erkennen die Glasscheiben nicht als Raumbegrenzung und glauben aufgrund der Transparenz des Glases, hindurchfliegen zu können. Zudem werden von ihnen auch stark reflektierende Oberflächen nicht als Hindernis gesehen, denn Vögel glauben in dem gespiegelten „Raum“ den Flug fortsetzen zu können, insbesondere wenn sich Bäume oder Büsche im Glas widerspiegeln.
Ein weiteres bekanntes, weniger erforschtes Phänomen, sind Beleuchtungen in der Nacht, welche zur Irritation der Vögel führen können, sodass sie auf die Beleuchtungsquelle hinter der Scheibe zufliegen und mit dem Glas kollidieren.
Hintergrund: Vögel haben im Vergleich zum Menschen eine unterschiedliche visuelle Wahrnehmung, so ist es für manche Arten möglich, Strahlungen ab 350 nm Wellenlänge zu erkennen und damit auch auf ultraviolettes Licht oder auf den violetten Bereich anzusprechen. Dazu zählen u. a. Sperlingsvögel, Papageien und Möwen. Eine große Zahl der im urbanen Raum lebenden Vögel besitzt diese visuelle Wahrnehmung.
Weiter geht die Forschung davon aus, dass im Vergleich zum Menschen die meisten Vögel eine reduzierte dreidimensionale Wahrnehmung haben. Dies ist auf die Anatomie und Position der Augen seitlich am Kopf zurückzuführen. Daraus folgt, dass sich der Blickwinkel der einzelnen Augen kaum überlagert und deshalb das stereoskopische Sehen und die dreidimensionale Wahrnehmung reduziert sind.
Als Folge aus den vorgenannten Gründen sind Vögel von Natur aus kaum in der Lage, transparente Fassadenelemente als Gefahr zu erkennen. Die Lösung der Glasbranche sind Gläser, welche Vögel als Hindernis wahrnehmen.
Welche Muster auf Glas bieten wirksamen Vogelschutz?
Werden Gläser bedruckt oder anderweitig mit Mustern belegt, sollte die Oberflächengestaltung der Gläser folgende Regeln befolgen: Das Muster sollte homogen über die gesamte Glasfläche angebracht sein. Einzelne Vogelsilhouetten oder Musterelemente auf einer Oberfläche sind wirkungslos.
Weiter sollte die „Maschenweite“ des Musters die Flügelspannweite von kleinen Singvögeln nicht überschreiten, da diese ansonsten eine scheinbar mögliche Flugroute erkennen. Die weitläufige bekannte Handflächenregel ist ein guter Indikator für die Mustergröße.
So wird Vogelschutzglas getestet
Die Prüfungen im Flugtunnel funktionieren weltweit auf dem Prinzip des Wahlversuchs. Um die mögliche Wahrnehmung von Beschichtungen und Mustern auf vogelfreundlichen Verglasungen zu beurteilen, werden Glasscheiben am Ende eines Flugtunnels eingebaut und in standardisierten Versuchen geprüft.
Hierbei sind am Ende des Tunnels nebeneinander zwei Scheiben angebracht, eine mit Vogelschutzglas und eine ohne. Vor diesen Gläsern ist ein Netz gespannt, dass vermeidet, dass ein Testvogel letztendlich gegen eines der Gläser fliegt.
Doch eines darf man nicht vergessen, global und auch auf EU-Ebene gibt es aktuell noch keine einheitlichen Normierungen der Prüfverfahren, alles basiert auf dem Prinzip „try and error“. Für die jeweiligen Tests werden Vögel in der freien Natur gefangen (Wildvögel) und einmalig in einem Flugtunnel fliegen gelassen. Instinktiv fliegen diese dann der vermeintlichen Öffnung entgegen, sprich auf die Prüfgläser zu.
Am Ende des Tunnels sind wie beschrieben die beiden Glaselemente nebeneinander eingebaut: Die Referenzverglasung (i.d.R. eine klare Float-Scheibe) und das zu prüfende Vogelschutzglas.
Vor den Gläsern befindet sich noch ein feines Netz, welches die Kollision der Vögel mit der Glasscheibe verhindert. Um ein statistisch aussagekräftiges Ergebnis zu erzielen, werden für jede Prüfung mindestens 80 Testvögel benötigt.
Kritisch: Aufgrund der fehlenden Standardisierung von Testbedingungen und Bewertungskriterien auf globaler sowie auch auf europäischer Ebene werden von verschiedenen Testeinrichtungen unterschiedliche Bewertungsskalen verwendet, um die Wirksamkeit einer Testscheibe im Test zu ermitteln. Damit verbunden sind Bezeichnungen wie „Wirksam“ und „Hochwirksam“ daher nur bedingt vergleichbar.
Unterschiedliche Arten von Vogelschutzglas
Vogelschutzgläser können unzählige Erscheinungsbilder und Funktionsprinzipien besitzen. Zum einen gibt es Markierungen auf der Glasoberfläche mit Farbe bzw. metallischen Mustern. Diese sind auch für das menschliche Auge deutlich erkennbar. Die beschränken aber die Transparenz der Glasoberfläche. Vereinfacht kann man sagen, dass derartige Systeme in Prüfungen Wirksamkeiten von 85 – 95 % erzielen können.
Systeme, die auf der Wirkung von ultraviolettem Licht basieren, sind für das menschliche Auge nur bedingt erkennbar und erlauben dem Architekten eine kaum eingeschränkte gestalterische Freiheit. Die Wirksamkeiten in Flugtunneltests von derartigen Verglasungen liegen meist in einem Bereich von 70 - 85 %. Auf Basis der bisher bekannten Prüfergebnisse kann man sagen, dass je besser die Vogelschutzprodukte für das menschliche Auge erkennbar sind, desto höher die Wirksamkeit im Test und desto geringer die architektonische Freiheit.
Fazit
Vogelfreundliche Architektur und vogelfreundliche Fassaden sollten ein Gesamtkonzept beinhalten, das neben Vogelschutzgläsern in besonders gefährlichen Bereichen, auch das eigentliche Gebäude-Design, die Größe der Scheiben, die Umgebungsbepflanzung und weitere Faktoren mit berücksichtigt.
Auch wenn getestete, vogelfreundliche Glasprodukte maßgeblich zur Minderung von Vogelschlag beitragen, lässt sich die vollkommene Vermeidung von Vogelanprall nicht garantieren.