Die größte Menge an Recyclingglas fällt in Deutschland in der Behälterglas-Branche an. 1974 wurde hierfür ein flächendeckendes Sammelsystem eingerichtet. Verbraucher haben heute die Möglichkeit, ihr Altglas in einem der 250 000 Altglascontainern zu entsorgen. Unterstützt wird das Behälterglas-Recycling auch durch gesetzliche Vorgaben, wie dem Verpackungsgesetz. Aktuell werden in Deutschland rund 85 Prozent des auf den Markt gebrachten Behälterglases wieder eingesammelt.
Das Behälterglas-Recycling ist damit eine echte Erfolgsgeschichte, in der die beteiligten Glashütten, Aufbereiter, und nicht zuletzt die Verbraucher, eine wichtige Rolle spielen. So arbeiten die dem BV Glas angeschlossenen Glashütten mit den Glas aufbereitenden Firmen stetig daran, sowohl die Sammelquote zu erhöhen als auch den Glasanteil zu verringern, der beim Recyclingprozess verloren geht.
Lässt sich ein ähnlich erfolgreiches Modell auch in der Flachglas-Branche etablieren? Der Faktencheck liefert Antworten über den Status quo des Flachglas-Recyclings und die möglichen Potenziale: Flachglas besteht wie Behälterglas aus Kalknatronglas und lässt sich so sehr gut recyceln. Eine gesetzliche Verpflichtung für das Recycling von Flachglas, ähnlich dem Verpackungsgesetz, gibt es jedoch nicht. Daher werden immer wieder Forderungen nach einer Regulierung des Flachglas-Recyclings erhoben, um vor allem das Glas, das bei der Renovation und dem Abriss von Gebäuden anfällt, wieder in den Kreislauf zu bringen und bei der Neuproduktion von Glas einzusetzen.
Die drei Stoffströme beim Flachglas-Recycling
Generell unterscheidet man beim Flachglas-Recycling drei Stoffströme: Eigenscherben, Pre-Consumer-Scherben und Post-Consumer-Scherben (siehe Infobox). Das Glas, das bei der Renovation von Gebäuden anfällt, zählt zu den Post-Consumer-Scherben.
In Deutschland fallen jährlich 190 bis 230 Kilotonnen an, die nach der Aufbereitung fast komplett wieder in der Flachglas-, Behälterglas- und Glaswolle-Herstellung eingesetzt werden, ohne gesetzliche Regelung.
Gegen diese spricht auch, dass es sich bei den Fensterglas-Produkten, anders als bei Glasverpackungen, um kein „schnelldrehendes Wirtschaftsgut“ handelt. Eine Glasflasche kann nach dem Einwurf in den Altglascontainer und dem Recycling durchaus nach 30 Tagen wieder als neue Glasverpackung im Supermarktregal stehen. Das in Gebäuden verbaute Flachglas steht aber für die nächsten 20 – 30 Jahre nicht zum Recycling zur Verfügung.
Was passiert mit dem Glas aus Abrissgebäuden?
Eine explizite Regelung zum Recycling von Glas, das durch den Abriss von Gebäuden anfällt, gibt es nicht, allerdings schreibt die Gewerbeabfallverordnung vor, dass das Glas auszubauen und getrennt zu sammeln ist, wenn dies technisch und wirtschaftlich zumutbar ist. Laut dem derzeitigen Referentenentwurf ist das dann der Fall, wenn die Menge über 0,5 Kubikmeter liegt.
Wollte man dieses Glas recyceln und als Post-Consumer-Scherben in der Flachglasschmelze einsetzen, müsste es vorab so ausgebaut werden, dass es zu keinen Verunreinigungen käme, da die Flachglas-Produkte sehr hohen Qualitätsanforderungen unterliegen, z. B. was die Farbreinheit betrifft.
Steuerliche Anreize oder Förderprogramme könnten ein Weg sein, dieses Glas aus Abriss aufzubereiten und wieder in der Glasschmelze einzusetzen.
Laut den Zahlen des Statistischen Bundesamts werden in Deutschland jedoch jährlich weniger als 15 000 Gebäude abgerissen. Dies entspricht etwa einer Menge von maximal 10 000 bis 12 000 t Glas, die jährlich anfällt.
Gemessen an der Gesamtproduktionsmenge von Flachglas in Deutschland, die pro Jahr rund 2 Mio. t beträgt, ein sehr geringer Anteil. Ökonomisch gesehen ist das Recycling dieser kleinen Menge daher nicht wirklich sinnvoll.
Scherben aus der Float-Herstellung
Neben Post-Consumer-Scherben aus Renovation setzt die Flachglasindustrie aus den genannten Qualitätsgründen vor allem Eigenscherben und sogenannte Pre-Consumer-Scherben ein. Die Eigenscherben fallen in den Floatglas-Werken an und werden vollständig einem Recycling zugeführt. Die Pre-Consumer-Scherben fallen durch die Weiterverarbeitung des Glases bei den Kunden der Flachglashütten an.
Viele Hütten haben mit ihren Kunden bereits Wege etabliert, um die Glasscherben wieder zurückzubekommen und einzuschmelzen. Denn Recyclingglas ist bei der Herstellung von Flachglas ein wichtiger Faktor, um den CO2 -Fußabdruck zu verringern: Je 10 % eingesetzte Scherbenmenge werden in der Produktion 3 % Energie und etwa 3,6 % CO2 eingespart. Bezieht man die Einsparung auf die gesamte Produktionskette erhöht sich dieser Anteil sogar noch erheblich.
Darum lohnt es sich, Scherben in der Produktion einzusetzen
Der Anreiz ist daher groß, möglichst viele Scherben einzusetzen, die allerdings für den Flachglas-Prozess von hervorragender Qualität sein müssen. Der überwiegende Anteil der Pre-Consumer-Scherben durchläuft daher einen Sortierprozess in einer Scherbenaufbereitungsanlage.
Es gibt allerdings auch Pre-Consumer-Scherben, die so rein sind, dass sie direkt wieder in der Floatanlage eingesetzt werden können. Die gesamte Menge der Pre-Consumer-Scherben beträgt in Deutschland je nach Produktions-, Import- und Exportmenge des verarbeiteten Flachglases schätzungsweise 70 – 115 Kilotonnen pro Jahr, die nahezu vollständig wieder für die Herstellung von Flachglas, Behälterglas und Glaswolle eingesetzt werden. Nur ein geringer Teil, etwa 4 – 8 Kilotonnen, wird deponiert.
Wie geht es beim Flachglas-Recycling weiter?
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Das Glas, das als Post-Consumer-Scherben bei der Renovation von Gebäuden anfällt, wird fast vollständig recycelt und in der Flachglas-, Behälterglas- und Glaswolle-Produktion eingesetzt.
Aus Qualitätsgründen setzt die Flachglasindustrie heute zum überwiegenden Teil Eigen- und Pre-Consumer-Scherben ein. Die Menge an Glas, die jährlich durch den Abriss von Gebäuden zur Verfügung steht, ist so gering, dass es keine ökonomischen Anreize gibt, diese Gläser einem Recycling zuzuführen. Und in den Bereichen Automotive und Solarglas liegt der Anteil von Glas, das jährlich für ein Recycling zur Verfügung steht, nur im vierstelligen Bereich.
Stofffluss Altglas aus dem Gebäudebereich 2021
Diese Scherbenarten sind relevant
Im Flachglassegment unterscheidet man zwischen drei verschiedenen Scherbenarten, die unterschiedliche Qualitäten mit sich bringen:
Eigenscherben
Abschnitte, Ränder und Fehler, die in der Flachglashütte anfallen und direkt wieder in der Float-Produktion eingesetzt werden. Der Eigenscherbenanteil beträgt i. d. R. rund 20 – 25 Prozent der Schmelzmenge
Pre-Consumer-Scherben
Abschnitte und Produktionsfehler, die bei glas- und weiterverarbeitenden Betrieben anfallen. Der Anteil beträgt etwa 6 – 7 Prozent der Absatzmenge (rund 93 000 t). Diese Menge wird nach der Aufbereitung vollständig je nach Qualität in der Flachglas-, Behälterglas- und Glaswolle-Industrie recycelt.
Post-Consumer-Scherben
Scherben, die nach der Nutzung der verschiedenen Glas-Produkte an unterschiedlichen Stellen anfallen. Post-Consumer-Scherben werden durch den Ausbau verunreinigt, sodass die Scherben die Qualitätskriterien für die Flachglas-Produktion i. d. R. nicht erreichen, jedoch für Behälterglas und Glaswolle.