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3-fach-Isoliergläser mit vergrößertem SZR

Vorsicht, sonst knallt‘s

Heute erwartet man von einem 3-fach-Isolierglas einen Ug-Wert von 0,7 W/m2K, was bei Argon-Füllung einen Aufbau mit ­­2 x 12 mm SZR erfordert. Der für die Klimabelastung maßgebliche Gesamt-SZR beträgt damit bereits 24mm. Doch die Tendenz ist steigend. Denn ein Ug-Wert von 0,5 W/m2K kann mit Standard-LowE-Glas auch ohne teure Krypton-Füllung erreicht werden, wenn der Scheibenzwischenraum auf 2 x 18 mm, also insgesamt 36mm vergrößert wird.[1] Die Auswirkungen dieser „U-Wert-Olympiade“ auf die Beanspruchung und Dauerhaftigkeit von 3-fach-Isolierglas wurden von Professor Feldmeier in der letzten GLASWELT (Heft 4/2009, Seite 44) beschrieben.[2] Welche Konsequenzen eine Vergrößerung des SZR auf ­­2 x 18 mm hat, und welche Glasdicken und Kleberüberdeckungen erforderlich werden können, wird im Folgenden gezeigt.

Berechnung und Bemessung

Mit dem Rechenverfahren der TRLV[3] und den Beiwerten B von Prof. Feldmeier[4] , wurden symmetrisch aufgebaute, rechteckige, vertikale 3-fach-Isoliergläser aus Floatglas mit 2 x 18 mm SZR untersucht. Die kurzen Kantenlängen wurden von 0,20 bis 3,20 m variiert, die Kantenverhältnisse von 1:1 bis 1:8. Als Belastung wurde ausschließlich die TRLV-Standardklimalast „Sommer“ angesetzt, d.h. 16 kPa Überdruck in jedem SZR und unbelastete Mittelscheibe. Obwohl keine anderen Lasten berücksichtigt wurden, erfolgte die Glasdickenbemessung mit den erhöhten zulässigen Biegezugspannungen nach Abschnitt 5.2.1 der TRLV[3].

Im ersten Berechnungsschritt wurde die Dicke der äußeren Scheiben bemessen. Dabei zeigt sich bei Unterschreiten einer kritischen Länge der kurzen Kante von 0,64 m, der für Floatglas typische Effekt des „Aufschaukelns der Glasdicke“ (Bild 1). Dieser entsteht, wenn durch Überschreitung der zulässigen Glasspannung die nächstgrößere Glasdicke, z.B. 5 mm gewählt werden muss. Damit erhöht sich jedoch die Biegesteifigkeit und somit auch die Klimalast. So wird erneut die zulässige Glasspannung überschritten und man muss wiederum die nächstgrößere Glasdicke, z.B. 6 mm wählen. Infolgedessen werden je nach kurzer Kantenlänge und Kantenverhältnis Floatglasdicken von bis zu 12 mm erforderlich (beim höher belastbaren ESG taucht dieser „Aufschaukeleffekt“ nicht oder nur sehr selten auf). Oberhalb der kritischen Kantenlänge von 0,64 m können äußere Scheiben aus 4mm dickem Floatglas die Klimalast aufnehmen.

Belastungen von Glas und Randverbund

Unterhalb einer kritischen Länge der kurzen Kante von 0,64 m ist die Spannungsausnutzung der äußeren Gläser sehr hoch. Oberhalb davon nehmen die Glasspannungen zwar ab, sind aber im Vergleich zu einem Standard-3-fach-ISO mit 2 x 12 mm SZR um 50 Prozent größer.

Unterhalb einer kritischen Länge der kurzen Kante von 0,64 m sind die Durchbiegungen der äußeren Glasscheiben aufgrund ihrer großen Dicke bzw. Biegesteifigkeit klein. Oberhalb davon nehmen die Durchbiegungen deutlich zu und sind im Vergleich zu einem Standard-3-fach-ISO mit ­­2 x 12 mm ­SZR um 50 Prozent größer.

Mit den Beiwerten Bq[4] von Prof. Feldmeier lässt sich die größte Zugkraft im Randverbund berechnen. Daraus kann unter Annahme einer zulässigen Kleber-Dauerzugspannung (z.B. 0,25 N/mm2) die erforderliche Kleberüberdeckung ermittelt und über der kurzen Kantenlänge aufgetragen werden (Bild 2). Man sieht, dass bei Unterschreiten einer kritischen Länge von 0,69 m eine Kleberüberdeckung von 3mm nicht mehr ausreicht, um die Randlast ohne Überschreitung der zulässigen Kleber-Dauerzugspannung aufzunehmen. Im Vergleich zu einem 3-fach-ISO mit 2 x 12 mm SZR, kann die 12-fache Kleberüberdeckung erforderlich werden! Oberhalb von 0,69 m reicht bei der angenommenen zulässigen Kleber-Dauerzugspannung eine Kleberüberdeckung von 3 mm. Jedoch sind die Kleberspannungen im Vergleich zu einem Standardaufbau mit 2 x 12 mm SZR um 50Prozent größer.

Bewertung

Die Berechnungen zeigen, dass 3-fach-Isoliergläser aus Floatglas mit 2 x 18 mm ­SZR unter Standardklimalast stark beansprucht werden. Anhand der kritischen Länge der kurzen Kante von ca. 0,7 m lassen sich deutlich zwei Bemessungsbereiche unterscheiden:

Kurze Kantenlänge kleiner 0,7 m: Die zur Aufnahme der Standardklimalast erforderliche Dicke der äußeren Floatglasscheiben beträgt bis zu 12 mm. Die Glas- und Kleberspannungen sind sehr groß, die Durchbiegungen aber klein. Die Klimalast wird nicht durch Verformung der äußeren Scheibe abgebaut, sondern vom Randverbund getragen. Entsprechend groß ist die erforderliche Kleberüberdeckung. Wird dies nicht beachtet, muss mit Glasbruch und verminderter Dauerhaftigkeit des Randverbunds gerechnet werden. Alternativ empfiehlt es sich, die äußeren Scheiben in ESG auszuführen, da diese die Klimabelastung durch Verformung abbauen können.

Kurze Kantenlänge größer 0,7 m: Die zur Aufnahme der Standardklimalast erforderliche Dicke der äußeren Floatglasscheiben beträgt 4 mm. Die Durchbiegungen, Glas- und Kleberspannungen sind im Vergleich zu einem Standard-3-fach-ISO mit 2 x 12 mm SZR jedoch um immerhin 50 % größer. Die größere Durchbiegung kann sich bei großformatigen Verglasungen optisch störend bemerkbar machen. Es empfiehlt sich, die Kleberüberdeckung proportional zur gestiegenen Kleberspannung zu erhöhen, um einer geringeren Dauerhaftigkeit des Isolierglas-Randverbundes vorzubeugen.

Ausblick

Isoliergläser mit großen Scheibenzwischenräumen werden heute nicht mehr grundsätzlich in Frage gestellt, sondern sorgfältig bemessen. Je nachdem, ob die kurze Glaskante ober- oder unterhalb der kritischen Länge von ca. 0,7 m liegt, ergeben sich notwendigerweise unterschiedliche Glas­dicken und Randverbundgeometrien, aber auch unterschiedliche Durchbiegungen. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen bieten einige Isolierglashersteller bereits Produkte mit 2 x 18 mm SZR an.

Literatur:

[1] DIN EN 673: Glas im Bauwesen–Bestimmung des Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert). Juni 2003.

[2] Feldmeier: Nicht gegen die Natur arbeiten – Klimabelastung von ­3-fach-Isoliergläsern. GLASWELT, Heft 4/2009.

[3] Technische Regeln für die Verwendung von linienförmig gelagerten ­Verglasungen (TRLV) – Schlussfassung August 2006. DIBt Mitteilungen, 2006, Heft 3.

[4] Feldmeier: Klimabelastung & Lastverteilung bei Mehrscheiben-Isolierglas. Stahlbau, Heft 6/2006.

Der Autor

Martin Reick, Dipl.-Ing. (Bauwesen), ist seit 2007 als Anwendungstechniker bei der Flachglas MarkenKreis GmbH tätig. Er betreut dort den Bereich Sicherheitsglas sowie konstruktive Glasanwendungen.

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