_ Roto-Chef Dr. Eckhard Keill sagte schon auf der Messe: „Wir haben hier konkrete und ‚am realen Leben’ orientierte Ideen präsentiert, um sie mit unseren Kunden zu besprechen. Es ist für uns wichtig, unsere Partner früh in Themen einzubinden, die uns beschäftigen.“ Außerdem sei es das Ziel gewesen, Kundenmeinungen einzuholen und sie gleichzeitig auf mögliche Innovationen vorzubereiten.
Bereits im Messeverlauf zeigte sich Marketingleiter Udo Pauly mit Umsetzung und Resonanz sehr zufrieden: „Durch aussagekräftige Scribbles wurde eindrucksvoll demonstriert, wie Ideen entstehen und wachsen – von der ersten Phase bis zum Prototyp. Die Kunden sind stark interessiert und geben uns ein wichtiges Feedback, was sie gut oder auch weniger gut finden. Das hilft uns bei der Weiterentwicklung von Ideen.“
Natürlich wollte die GLASWELT nach der fensterbau/frontale mehr erfahren über die gemachten Erfahrungen. Der stv. Chefredakteur Daniel Mund hakte deshalb bei Marketingleiter Udo Pauly nach.
Glaswelt – Wie viele Kunden haben das Haus der Ideen letztlich besucht?
Udo Pauly – Wir registrierten weit über 100 Besuchergruppen, zu denen jeweils mehrere Personen gehörten. Sie kamen zu rund 80 Prozent aus dem Wirtschaftsraum Zentraleuropa, also aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.
GLASWELT – Wie fiel die Resonanz speziell von Verarbeitern auf solche Einblicke in die Innovationsentwicklung aus?
Pauly – Generell können wir ein sehr positives Fazit ziehen. Die Besucher zeigten sich ebenso überrascht wie beeindruckt von dieser ungewöhnlichen Möglichkeit der aktiven Integration in einem frühen Ideenstadium. Und der intensive Dialog war auch für Roto selbst äußerst fruchtbar. Viele Gäste brachten selbst konkrete Vorschläge und zum Teil sogar völlig neue Ansätze ein. Unter dem Strich können wir feststellen, dass die Initiative die Wahrnehmung der Innovationskraft von Roto eindeutig gestärkt und unsere erklärte „Nah am Kunden“-Strategie in besonderer Weise erneut manifestiert hat. Im Übrigen macht es immer Sinn, gemeinsam mit den Partnern über die Zukunft der Beschlagtechnologie nachzudenken.
GLASWELT – Kommen wir zu einzelnen Ideen, die Sie gezeigt haben. Dazu gehörte ein im Axer integriertes Element, das für eine stetige Nachjustierung und somit dauerhafte Funktionssicherung sorgen könnte. Wie war die Resonanz?
Pauly – Die Idee basiert auf dem aktuellen Trend in einigen Märkten zu sogenannten „liegenden Formaten“, also niedrigen und breiten Fensterflügeln. Sie neigen dazu, im Laufe der Zeit abzusenken. Dadurch hängt die Griffseite des Flügels tiefer als die gegenüberliegende Seite. Sollte der Flügel beim Schließen den unteren Rahmen berühren, wäre das ggf. mit einem Komfortverlust verbunden. Ein weiterer Nachteil: Ein optisches Minus durch „schief“ im Rahmen liegende Flügel. Die von uns in Nürnberg präsentierte Idee zielt darauf ab, diese Schwachstellen zu beseitigen und so beispielsweise Reklamationen zu vermeiden. Die neue Mechanik stieß – bei durchaus unterschiedlichem Feedback – im Kern auf gutes Kundeninteresse. Sie würde aber den Verarbeiter sicher nicht von der Aufgabe entbinden, weiter sorgfältig zu verklotzen.
GLASWELT – Bei einer anderen Station ging es um die Haustürverriegelung. Die Idee: Ein Riegel greift in der oberen Ecke der Tür in den Rahmen ein. Ist das nicht ein für PVC-Fenster ungeeigneter Ansatz?
Pauly – Mit Blick auf Dichtigkeit und Verzug befindet sich die Problemzone einer Tür stets im oberen Bereich. Verursacher ist ein zu großer Abstand zwischen dem obersten Verriegelungspunkt und der Ecke. Genau hier setzt unsere von den Besuchern mit Interesse aufgenommene, am Beispiel einer Holztür gezeigte Idee an. Wenn wir sie weiterverfolgen, müssen wir uns der Herausforderung stellen, ihre Eignung bei allen Profilmaterialien (Alu, PVC, Holz) zu gewährleisten. Speziell bei der Verarbeitung in PVC-Profilen – und insofern haben Sie recht – befürchteten unsere Diskussionspartner Schwierigkeiten in der Serienfertigung. Aber Ideen haben es nun einmal an sich, dass sie nicht gleich zu Beginn bis ins Detail ausgereift sind.
GLASWELT – In einem anderen Fall haben Sie es durch Modifikationen im Getriebe geschafft, dass die Bedienung des Fenstergriffes wahrlich federleicht wird. War es Ihr Ziel, kaufkräftigen „Silver-Agern“ die Fensterbedienung zu vereinfachen? Was waren hier die kritischen Stimmen?
Pauly – Es ist bekannt, dass mit der Zahl der in einem Fenster oder einer Balkontür verwendeten Schließstellen in der Regel auch der zum Öffnen bzw. Schließen des Elementes erforderliche Kraftaufwand steigt. Ihn könnte das neue Getriebe nachhaltig reduzieren und damit den Bedienkomfort erheblich erhöhen. Mehrheitsmeinung auf Kundenseite war, die vor allem für große Elemente und hohe Sicherheitsstufen geeignete Idee weiter auszuarbeiten. Überrascht haben uns aber Hinweise, die dieses Fenster schlicht als zu leichtgängig einstuften und bezweifelten, dass es „wirklich dicht ist“.
GLASWELT – Wenn es um Beschlag-Innovationen geht, liegt es fast auf der Hand, dass die Fensterdigitalisierung ein Thema ist. Sie haben zur Messe gezeigt, dass man mittels einer Box dem Fenster eine Internet-Adresse geben könnte. Diese kommuniziert dann mit allen Komponenten am automatisierten Fenster und macht es so über das WorldWideWeb ansteuerbar. Gab es Bedenken, dass es dadurch auch möglich wäre, ein Fenster zu „hacken“?
Pauly – Der Trend zu mehr Bedienkomfort durch Automatisierung spart auch oder gerade das Wohnen nicht aus. Insofern ist der Ansatz der Idee nur konsequent, dem Fenster über ein neues, elektronisches Zusatzbauteil eine IP-Adresse und damit eine eindeutige Identifizierung zu geben. Es ließe sich damit über Smartphone, Tablet oder Funkempfänger universell ansteuern – und das ohne viel Konfigurationsaufwand. Die Box wäre via WLAN-Schlüssel schnell und unkompliziert im Home-Netzwerk einzubinden.
An dieser Lösung zeigten sich primär die Kunden interessiert, die sich schon jetzt verstärkt mit automatischen Fensterantrieben befassen. Sie plädierten beispielsweise dafür, derartige Entwicklungen nicht als „Insellösung” zu konzipieren. Bedenken zur Sicherheit des WLAN-Standards gab es – erstaunlicherweise – nicht, obwohl hier fraglos ein Restrisiko bleibt. Das gilt besonders dann, wenn das Heimnetzwerk nicht über einen Sicherheitsschlüssel vor Zugriffen geschützt ist. Dann würde ich mir aber, offen gesagt, mehr Sorgen über meine persönlichen Daten etwa beim Online-Banking machen als über die Manipulationsmöglichkeiten eines elektrischen, über WLAN angesteuerten Fensterantriebes.
GLASWELT – Ein intelligentes Kontaktelement signalisiert, ob das Fenster zu oder auf ist. Das konnte das alte aber auch schon. Das neue hat aber den Vorteil, auf den Dialog mit einem Gegenstück verzichten zu können. Hat das die Besucher überzeugt?
Pauly – Mit der stark steigenden Zahl von Wohnungseinbrüchen wachsen die kundenseitigen Sicherheitsanforderungen bei Fenstern und Fenstertüren. Mehr Sicherheit mit wenig Sonderbauteilen und möglichst wenig Zusatzaufwand – auf diesen Nenner lassen sich die Verarbeiterwünsche bringen. Bei unserer Idee übernimmt das intelligente Kontaktelement die Aufgabe der kombinierten Öffnungs- und Verschlussüberwachung und verzichtet dabei komplett auf Sonderbeschlagbauteile. Es entlastet damit die Lagerhaltung und erspart eine arbeitsintensive Feinjustage. Zudem ist das System weniger toleranzanfällig und manipulationssicherer als heutige Lösungen. Im Kern fanden diese Vorteile bei den Besuchern durchaus Anklang. Hier, wie bei allen anderen präsentierten Ideen, werden wir jetzt eine etwaige Realisierung in Ruhe prüfen.
GLASWELT – Wird es in zwei Jahren bei der nächsten fensterbau/frontale wieder ein „Haus der Ideen”geben?
Pauly – Das wissen wir heute noch nicht. Sicher ist aber, dass uns das positive Echo auf die Premiere dazu motiviert, diese Form der Diskussion und Kommunikation mit unseren Kunden fortzusetzen. Wie das geschieht, ist noch offen. Neben einer stationären Präsenz wie Nürnberg kommen dafür generell auch virtuelle Instrumente in Frage. Aber jetzt haben wir erst einmal genug damit zu tun, das erste „Haus der Ideen“ gewissermaßen aufzuarbeiten und daraus die richtigen Schlüsse für eventuelle konkrete Produktentwicklungen zu ziehen.—
Die Fragen stellte Daniel Mund, stv. Chefredakteur der GLASWELT.
Vier Tage in vier Teilen
Messe-Nachlese einmal anders – dieses Motto setzte Roto in bewegter Form um. Heraus kamen vier etwa fünfminütige Filmproduktionen.
Dabei ging es um die
- Dokumentation von Trendkompetenz,
- Präsentation von Produkt- und Serviceneuheiten,
- Umsetzung der „Nah am Kunden“-Devise und
- um den Wohlfühlaspekt bei den Gästen.
Natürlich auch ein konkretes Thema im Film: das „Haus der Ideen“. Wer sich das „Quartett“ ansehen will: Die vier Nürnberger Branchentage stehen „vorführbereit“ unter
http://www.ftt.roto-frank.com/de/fensterbaufrontale-2014/videos