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Ein knapp bemessenes Budget rechtfertigt keine Leistungsverfehlung

Der Kunde ist “König“

Im beschriebenen Fall handelt es sich um die Fenster, Türen- und Rollladenlieferungen für eine Baumaßnahme von zwei Häusern mit je vier Geschossen, insgesamt 16 Wohneinheiten.

Es war ein umfangreiches Leistungsverzeichnis über die vereinbarte Werkleistung vorhanden. Die Fenster und Fenstertüren bestehen aus 68mm dickem, lamellierten Kiefernholz. Die Oberflächenbehandlung sollte gemäß Ausschreibung in fünf Arbeitsgängen erfolgen.

Nach Aussagen der Architekten sei ein wasserverdünnbares Lasursystem verwendet worden. Die Oberflächen wurden mit einem Farbton transparent beschichtet. Die zur Nordseite (Straßenseite) gelegenen Fenster waren einflügelig, wobei die Giebelseiten deckenhohe zweiflügelige Einheiten enthielten. Die Gartenseite (Südseite) beinhaltete durchlaufende Balkone und Terrassen mit deckenhohen Schiebetüren bzw. feststehenden Fensteranlagen. Diese waren durch ­etwa einen Meter breite, quer furnierte Kiefernpaneele voneinander getrennt. Über den Fensteranlagen und den genannten Paneelen waren durchlaufend Blenden angeordnet, hinter denen sich die elektrisch betriebenen Rollläden verbargen. Da sich abzeichnete, dass die Erwerber die Kaufobjekte sehr genau auf Mangelfreiheit untersuchen würden, hielt es die Genossenschaft für angebracht, die Werk-leistung des Fensterlieferanten gutachterlich untersuchen zu lassen. Es wurden die Fenster einer Musterwohnung und einer noch nicht verkauften Wohnung besichtigt. Die nachstehende Auflistung gibt ein recht genaues Bild der in der Tat vorhandenen Mängel ab.

Mängelkatalog

  • Wohnung 1. OG links:

Wohnzimmer: 2-flügelige Tür, links, Südseite, Größe 2050 x 2250mm. Ein Flügel hängt; die Schlagleistenkanten sind scharf, deren Rundung beträgt teils weniger als 1mm Radius. Die Wassernase an den Flügelunterstücken der barrierefreien Türschwellen ist mit transparentem, im Gegensatz zu der braunen Holzfarbe grau erscheinendem Silikon versiegelt. An einer Rollladenführungsleiste sind mechanische Beschädigungen vor-handen, das obere Ende ist ausgefranst.Weitere Rissbildung ist an einer Falzwange festzustellen.

Wohnzimmer: 2-flügelige Tür, rechts, Südseite, Größe 2050 x 2250mm. An einem inneren aufrechten Flügelstück befindet sich eine sogenannte „Schieferstelle“. Das ist ein abspäniges Holz mit Verletzungspotenzial. An einer Rollladenführungsleiste sind mechanische Beschädigungen vorhanden, das obere Ende ist ausgefranst. Die darüber befindliche Blende vor dem Rollladenkasten hat sich gelöst. Es stellte sich heraus, dass diese mit Silikon angeklebt und nicht kraftschlüssig befestigt worden war.

Element im Arbeitszimmer: 3-flügelig, Südseite, Größe 3030 x 2250mm. An der Wassernase sind Silikon-Verschmierungen vorhanden, die eine oberflächenmäßige Nacharbeit verhindern. An einer doppelten Rollladenführungsleiste ist eine Lasuraufschwemmung vorhanden.

Schlafzimmer: Kippflügel, Südseite, Größe 1000 x 2250mm. Auf einem aufrechten Flügelstück sind Lasur-Flecke vorhanden.

Schlafzimmer: 2-flügelige Tür mit Stulp-flügel, Südseite, Größe 2050 x 2250mm. An einem Flügelunterstück ist eine Harzgalle vorhanden. An einer Rollladenführungsleiste sind mechanische Beschädigungen vorhanden, das obere Ende ist ausgefranst.

Schlafzimmer: Blendrahmen, Südseite, Größe 1000 x 2250mm. Die obere Anschlagleiste des Rollladenpanzers aus Aluminium ist verbogen.

Die Blende zwischen beiden Türanlagen zeigt senkrechte Spritzlasuransätze.

Kinderzimmer: 4-flügelig Nordseite, Größe 1480 x 1880mm. An einem quer und aufrecht verlaufenden Flügelstück sind Flecke vorhanden. Versiegelungsfugen sind wannenartig ausgebildet. Niederschlagswasser vermag nicht abzulaufen.

Küche: DK, links, Größe 980 x 1400mm. Es sind Lasurflecken vorhanden. Die äußere Falzwange zeigt Risse. Die innere Falzfläche der Sohlbank ist „wasserrauh“.

Essecke: 2-teilig, rechts, Größe 1000 x 2250mm. Die Glasversiegelung ist zu gering gefüllt worden.

  • Wohnung 1. OG rechts

Küche: DK, links, Nordseite, Größe 980x1400mm. Der innere aufrechte Blendrahmenfalz ist rauh. Die Ursache mag einmal in stumpfem Schneidwerkzeug liegen, mit Sicherheit in unzulässig großer Wasseraufnahme mit Quellung.

Essecke, 2-teilig, rechts, Westseite, Größe 1000 x 2115mm. Am linken aufrechten Blendrahmen befindet sich eine abspänige Stelle mit Verletzungspotenzial. Der innere aufrechte Blendrahmenfalz ist rauh.

Wohnzimmer: 2-flügelige Tür, rechts, Südseite, Größe 2050 x 2250mm.

Auf beiden Rollladenführungsleisten befinden sich insgesamt drei tiefe Eindrücke. Die Türflügel lassen sich nur mit Gewalt schließen.

Wohnzimmer: Kipptür, rechts, Südseite, Größe 1000 x 2250mm. Der innere aufrechte Blendrahmenfalz ist rauh. Auf dem rechten unteren Flügelquerstück befindet sich ein Farbläufer.

Kinderzimmer: Fensteranlage, Südseite Größe 3050 x 2250mm. Die Blendenstoßfuge ist im Fugengrund mit Silikon verschmiert. Die rechte Blende ist verdreht bzw. hat sich gelöst.

Kinderzimmer: Fensteranlage, Südseite Größe 4000 x 2250mm Beschädigung der Glasversiegelung. Es besteht ein Fugenversatz bei den Blenden. Sie sind genagelt. Auf dem Flügelunterstück des Drehflügels besteht ein Farbunterschied.

Schlafzimmer: 4-scheibig, rechts, Größe 1480 x 1880mm. Ein aufrechtes Flügelstück weist eine Abspänigkeit mit Verletzungspotenzial auf. Die untere Außenversiegelung ist fehlerhaft angebracht.

Bewertung

Sämtliche Fenster und Fenstertüren (170 Positionen) erfüllen zu einem erheblichen Teil nicht die gestellten Anforderungen. Diese lassen sich dem Leistungsverzeichnis des Architekten, betrefflich die Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen, entnehmen und wie folgt definieren:

  • A: Einhaltung der ATV DIN 18355 – Tischlerarbeiten

Dies betrifft insbesondere die Holzqualität, damit verbunden die Rissbildung und die Abspänigkeit, die Ausführung der spanabhebenden Arbeitsgänge, das Oberflächenfinish und die Ausführung der Rollladenführungsleisten und der Blenden. Die nach dieser Norm einzuhaltenden Kantenrundungen wurden nicht überall durchgeführt.

  • B: Einhaltung der ATV DIN 18361 – Verglasungsarbeiten

Dies betrifft insbesondere die Glasversiegelung nach DIN 18545-3 – Abdichten von Verglasungen mit Fugendicht-stoffen

  • C: Einhaltung der ATV DIN 18363 – Maler- und Lackierarbeiten.

Dies betrifft insbesondere die gleich­mäßige ansatzfreie Beschichtung ohne Flecken und Streifen.

  • Zu A

Das verwendete Kantelmaterial zeigt auffallend viele Risse und Faseraufstellungen sowie abgesplitterte Holzteile, die manchmal unzureichend nachgebessert, vielerorts jedoch belassen worden sind. Dies trifft auch auf Stellen im Keilzinkenbereich zu. Die Faseraufwerfungen werden durch die Unterschiede der einzelnen Lamellen verstärkt. Dieses Phänomen deutet darauf hin, dass die Fräsarbeiten nicht mit optimal scharfem Werkzeug durchgeführt worden sind. Die Fälze sind nicht geschliffen worden. Da sie zu den halbverdeckten Bestandteilen eines Fensters gehören, ist dies auch nicht unbedingt erforderlich. Allerdings darf die Reinigungsarbeit nicht behindert werden. Die hier beschriebene Abspänigkeit einschließlich der vorstehenden – messerscharfen – Fasern geht jedoch weit über das zulässige Maß hinaus. Die von der Fensterherstellerin durchgeführte Imprägnierung mit einem wasserhaltigen Präparat hat mit Sicherheit zu den überdimen­sionalen Quellerscheinungen der Holzfasern geführt. Dies hätte unbedingt vermieden werden müssen.

Es deutet nichts darauf hin, dass der im Leistungsverzeichnis unter der Rubrik „Oberflächenbehandlung“ enthaltene „Zwischenschliff“ durchgeführt worden wäre. Der Abschnitt 3.13.1.1 der DIN18355 – Tischlerarbeiten – besagt, dass eine einwandfreie, im Sinne dieser Vorschrift hergestellte Oberfläche in Faserrichtung geschliffen sein muss.

Die Quellungen und somit die vorstehenden Fasern wären vermieden worden, wenn die Imprägnierung und die Grundierung mit lösemittelhaltigen Präparaten und anschließender 24-stündiger Trocknung vorgenommen worden wären.

Rollladenbereich: Ausführung unprofessionell

Hier besteht die Auffassung, dass die Quellungen im Rahmen einer werks­eigenen Produktionskontrolle (WPK) hätten frühzeitig entdeckt werden müssen. Das gleiche gilt für Risse an den Rahmenteilen, besonders an den Rollladenführungsleisten. Diese hätten ersetzt werden müssen.

Die Ausführung der Kantenrundungen lässt zu wünschen übrig. Alle Schlagleisten weisen Kantenrundungen mit allenfalls 1mm Durchmesser auf. Merkwürdig mutet es an, dass z.B. Schlagleisten und Rollladenführungen auch dort gerundet worden sind, wo sie auf Rahmenholz treffen. Insoweit sind Spalte vorhanden.

Ein weiterer wesentlicher Grund zur Beanstandung ist die Ausführung der Blenden über den Rollladenkästen. Die inneren Kästen eignen sich wegen ihrer Konstruktion nicht zur Revision, weil die mit spritzbaren Massen verfüllten Fugen zuvor aufgeschnitten werden müssten. Im Leistungsverzeichnis ist die Rede von 2-fach vorlasierten MDF-Platten mit unterseitigem Kastendeckel, sichtbar mit Linsenkopfschrauben verschraubt. Diese wurden nicht verwendet. Die äußeren Blenden wurden mit Silikon angeklebt. Verschiedene dieser Blenden haben sich bereits gelöst und stehen von der Soll-Linie ab. Manche wurden mit kleinen Stiften befestigt. Die durch die Klebearbeiten verursachten Verschmierungen mit Silikon sind wesentliche Mängel.

Bei der Prüfung der Rollladenführungsleisten wurde festgestellt, dass diese nicht kraftschlüssig, d.h. mit Einhängebeschlägen, Schrauben o.ä. auf den Fenstern befestigt worden sind. So ist zu erklären, dass sich zwischen manchen Rollladenführungsleisten Fugen gebildet haben. Dies hatte auch Auswirkungen auf den Sitz der großflächigen Paneele, die an verschiedenen Fenstern nicht bündig sitzen.

Mängelbeschreibung inden Arbeitsschritten

Wenn die Revision der südseitigen Rollläden von außen durchgeführt werden soll, müssen andere, jederzeit lösbare Befestigungselemente verwendet werden.

  • Zu B

Die Abdichtungen von Verglasungen zu den Holzrahmen erfordern gemäß der DIN 18545-3 die Verwendung von Vorlegeband als Abstandshalter und Dichtstoff, besonders dann, wenn Schallschutzqualitäten verlangt werden. Bei besonderer Vereinbarung kann auf die Verwendung von Vorlegeband verzichtet werden.

Ob diese Vereinbarung getroffen wurde, ist nicht bekannt. Die Prüfung der Versiegelungsnähte ergab jedoch an manchen Fenstern wannenartige Vertiefungen, in denen Niederschlagswasser stehen bleiben kann. Mit einer Fühlerlehre wurde festgestellt, dass Haftungsdefizite bestehen.

Die vorlegebandfreie Versiegelung bedeutet keine Qualitätsverbesserung. In Abschnitt 5 der oben angeführten Norm heißt es: Für eine Verglasung ist entsprechend der zu erwartenden Beanspruchung die Beanspruchungsgruppe nach der Tabelle „Beanspruchungsgruppen zur Verglasung von Fenstern“ Ausgabe April 1983, herausgegeben vom Institut für Fenstertechnik e.V., Rosenheim, maßgebend.

  • Zu C

Die Oberflächenbeschichtung wurde ebenfalls von der Fensterherstellerin durchgeführt. Gleichwohl war sie verpflichtet, die diesbezüglichen in der DIN 18363 niedergelegten Qualitätsstandards einzuhalten. Das ist nicht hinreichend gelungen. Auf einer Vielzahl, der in den dem Gutachten beigefügten Tabellen vermerkten Bauteilen und Flächen sind Spritzstreifen, welche quer zur Textur verlaufen, sichtbar. Rollladenleisten und Flügelrahmen sind fleckig. Tropfen von den Spritzköpfen wurden nicht beseitigt. An den Kanten von Rollladenführungsleisten sind Farblaufspuren zu sehen. Weitere Laufstreifen finden sich in Verlängerung von angefasten Leimfugen.

Darüber hinaus finden sich sowohl auf den Rollladenführungsleisten als auch auf Rahmenflächen Lasuraufschwemmungen. Eine effektive WPK hätte ­dies bemerken müssen. Jedenfalls waren die Fenster- und Fenstertüren etc. zum Zeitpunkt der Besichtigung nicht abnahmereif.

Nachbesserung

Nachbesserungen an dieser Werkleistung können nur in Teilbereichen durchgeführt werden. Der wichtigste Teilbereich erstreckt sich auf die Beseitigung der gequollenen Strukturen durch intensives Schleifen der Fälze und Nuten, Ausleimen der abspänigen Stellen und Aufbau einer festigenden Oberfläche mit einem Alkydharzlacksystem an Blend- und Flügelrahmen. Hierzu müssen die Schließbleche losgenommen werden, möglicherweise auch einige Kantengetriebe. Es sollte ein „Probefenster“ nachgebessert werden.

Druckstellen und äußere Beschädigungen sollten mit Hartwachs fachgerecht ausgebessert werden. Es ist davon auszugehen, dass bei den Schleifarbeiten Staub anfällt, der nicht allein durch Staubsauger vermieden werden kann. Weiter lassen sich die Vertiefungen der waagerechten Versiegelungsnähte der Scheiben auffüllen.

Die Farbunterschiede einschließlich der Flecken lassen sich nicht beseitigen. Hierfür wurde ein Minderwert geschätzt.

Ein wichtiger Punkt ist die Nachbes­serung der Rollladenkastenkonstruk­tion. Die Blenden müssen abgenommen, die rückseitigen Silikonmassen entfernt, anschließend mit brünierten Schrauben befestigt werden.

Kosten

Die in der dem Gutachten beigefügten Tabellen-Gesamtübersicht enthaltene Kostenaufstellung kann nur als grobe Übersicht über den Arbeitsumfang angesehen werden, wenn ein Drittunternehmen mit der Überarbeitung beauftragt wird.

Wenn der Fensterhersteller nachbessert, fallen diese Kosten nicht an. Jedoch sollten die Regiekosten berücksichtigt werden. Bei der Ermittlung der mutmaßlich anfallenden Arbeitszeiten muss weiter berücksichtigt werden, dass mit Rücksicht auf die Wohnungseigentümer nicht kontinuierlich durchgearbeitet werden kann. Wird hier nicht nachbessert und diese Arbeiten Dritten übertragen werden, betragen die Kosten der Nachbesserung schätzungsweise 13 265,50 Euro, der verbleibende Minderwert 1095,00 Euro netto ohne Mehrwertsteuer. Zu diesen Summen sind fakultativ noch Regie- und Überwachungskosten hinzuzurechnen.

Kommentar

Die von der Fensterherstellerin bewirkte Werkleistung kann nicht als Erfüllung des Vertrages angesehen werden. Die Defizite liegen sowohl im Bereich der Ausführung in der Fabrikationsstätte als auch im Bereich der Montage. Die hier aufgezeigten Kritikpunkte erfassen jedoch nicht jedes kleinste Merkmal, sondern nur wesentliche Punkte. Es ist nicht einzusehen, dass diese Art der Bauausstattung „lockerer“ gesehen wird, als die Ausstattung eines Einfamilienhauses.

Wie kann es geschehen, dass Türflügel mit Rollschnäppern keinen Außengriff erhalten? Ob diese in dem Werklohn enthalten sind, kann nicht beurteilt werden. Vergleicht man diese Fenster mit Kunststofffenstern, fällt es sehr schwer, noch Vorteile für den Werkstoff Holz zu nennen, obwohl diese bei ordnungsgemäßer Fertigung und sorgfältiger Montage durchaus vorhanden sind. Ich ­wage zu bezweifeln, dass diese Fenster in jeder Hinsicht den Vorschriften der RAL-Gütegemeinschaft entsprechen.

Zur künftigen Vermeidung solcher Leistungen sollte schon während der Produktion eine Kontrolle durch den Auftraggeber bzw. seinen Erfüllungsgehilfen vorgenommen werden.

Als Positives für den Herstellerbetrieb sei angefügt, dass dieser einen Facharbeiter für etwa sechs Wochen abgestellt hatte und unter meiner Aufsicht alle Mängel beseitigt wurden. Er musste zwar keinen Minderwert gegen sich gelten lassen, aber die Kosten der Begutachtung und Überwachung tragen.|

Fritz Jurtschat

! Autor

Fritz Jurtschat, Tischlermeister und Innenarchitekt, ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Tischlerhandwerk sowie Fachbuch-Autor.

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