Befand sich die Fensterindustrie vor der Pandemie bereits in einem sich beschleunigten Konsolidierungsprozess, sind jetzt zu Beginn der Post-Pandemie-Phase eine noch höhere Komplexität der Wertschöpfungskette und steigende Zulieferproduktpreise hinzugekommen. Experten diskutierten diese Gemengelage auf dem 2. Wiener Fensterkongress, der Ende Juni vor rund 50 anwesenden und ca. 20 virtuell zugeschalteten Teilnehmern erfolgreich durchgeführt wurde. Auf der Fachkonferenz drehte sich alles um die aktuellen Trends in der Fensterbranche. Den ersten Tag dominierten Themen rund um Märkte und Strategien: Johann Brandstetter gab Einblicke zu den Vertriebsstrategien vom Markenprimus Internorm. Es komme dem Unternehmen darauf an, mit ausgewählten Handelspartnern langfristige Partnerschaften in definierten Vertriebsgebieten Europas einzugehen. Auch die Digitalisierung habe man bei Internorm immer im Blick, referierte Brandstetter: Bestellungen erfolgen zu 100 Prozent online, der Fachpartner erhält nach Bestelleingang eine stundengenaue Terminaviso. „Wir sind absolut zuverlässig und berechenbar bis zur Baustellenanlieferung.“
Die großen Unternehmen werden größer
Darauf folgte eine Zukunftsvision zur Industrie im Jahre 2030, die viel Dynamik im Sektor erwartet: „Die großen Player werden immer größer werden“, so Christoph Blepp von S&B Strategy. „Der durch Preis und Komplexität getriebene Konsolidierungsdruck im Fenstermarkt wird zu wenigen großen europäischen Playern führen, die den Markt dominieren.“ Gleichzeitig warnte er: „Der Kuchen wird nicht größer, durch Covid-19 und die EU-Investprogramme verändert sich die Ausgangslage in der Fensterindustrie zugunsten hochwertiger PVC-Spieler.“ Aus Kundensicht werden die Themen CO2-Effizenz, Funktionalität und Design sowie Service Support hinsichtlich Tools, Software und Beratung an Bedeutung gewinnen, so seine Vision.
Auch die Beziehung zum Kunden stand im Fokus seines Vortrages. „Man muss verstehen, was der Kunde braucht, nicht was er will – das weiß er oftmals selber nicht“, so Blepp.
Veranstalter Dr. Frederik Lehner ließ es sich nicht nehmen, die unterschiedlichen Prinzipien der Krisenbewältigung der EU, der USA und Chinas aufzuzeigen. „Europa kommt mitunter am schlechtesten durch die Wirtschaftskrise“, so sein Fazit. Auch warnte er, dass die Inflation wieder ein Thema werden könnte – mit all seinen Auswirkungen auf die Bauwirtschaft.
Darin ist Österreich Europameister
Mit Blick auf den Fenstermarkt steht für Lehner der Europameister – oder sogar Weltmeister– fest: Schließlich werden nirgendwo sonst in der Welt so viele Fenster pro Einwohner verkauft wie in Österreich. Und interessant ist auch bei Betrachtung der DACH-Region die klare Aufteilung:
Die Trends, die er für die DACH-Region ausgemacht hat: Kombinationen gewinnen weiter an Bedeutung (Holz/Alu & PVC/Alu steigern MA-Anteil), Kombinationen eröffnen die Abkehr vom reinen Materialdenken
Lehners Resümee
Im Anschluss an die ersten Vorträge konnten in einer Podiumsdiskussion, die von GLASWELT-Chefredakteur Daniel Mund moderiert wurde, die vorgetragenen Informationen vertieft werden. Alle Podiumsteilnehmer (Christoph Blepp, Johann Brandstetter und Dr. Frederik Lehner) konnten ihre Meinungen zu Erfolgsfaktoren für die Branche darlegen.
Anschließend verschob sich der Fokus hin zur Digitalisierung: Federico Caiumi von Voilap inspirierte mit Ideen zum Retail 4.0, er betonte jedoch, ebenso wie Jens Eberhard von Oknoplast, die Relevanz von lokalen Händlern für einen idealen Kundenkontakt.
Den zweiten Tag eröffnete Patrick Seitz (aluplast) mit seiner Prognose zu den „Grünen Aussichten“ der Branche. Nachhaltigkeit erfordere ihm folgend eine Reduktion an Komplexität (Materialien etc.), was in einem umfassenderen Blick auch Handel und Handwerk entlaste. Die zweite Podiumsdiskussion zu den Auswirkungen der Digitalisierung machte das Programm komplett.
Die Preisträger der WFK.Awards
Im Rahmen des 2. Wiener Fensterkongresses (WFK) wurden vom Marktforschungsunternehmen Interconnection Consulting die entsprechenden Awards verliehen. Vergeben wurde die Auszeichnung gemäß eines Jury-Votums in den Kategorien Innovation, Nachhaltigkeit und „Bester Webauftritt“.