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Wie Verkaufsgespräche trotz Maske gut verlaufen

Ich schau Dir in die Augen, lieber Kunde

In vielen Verkaufsgesprächen werden Emotionen hierzulande meist nicht wirklich berücksichtigt – zu Unrecht. Denn jede Kaufentscheidung wird letztlich durch eine Emotion ausgelöst. Wer diese im Gespräch erkennt, kann besser auf die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden eingehen. Menschen sind dabei grundsätzlich in der Lage, anhand der Mimik ihrer Gesprächspartner deren Emotionen zu erfassen. Was voraussetzt, sich im wahrsten Sinne des Wortes ins Gesicht sehen zu können.

Im dritten Jahr der Corona-Pandemie allerdings ist die medizinische Maske ein alltäglicher Begleiter geworden. Ob in der U-Bahn, beim Einkauf im Supermarkt oder eben bei Verkaufsgesprächen: Um uns und andere zu schützen, tragen wir Masken. Die Folge: Die Mundpartie – ein für das Erkennen von Emotionen wichtiger Teil des Gesichts – ist bedeckt. Doch ist dadurch tatsächlich die Möglichkeit eingeschränkt, Emotionen des Gegenübers wahrzunehmen? Oder kann sie nicht sogar eher förderlich sein, Emotionen tendenziell besser wahrzunehmen?

Sieben angeborene Emotionen

Die Mimik des Menschen ist ein ziemlich gut erforschter Bereich auf dem Feld der Körpersprache. Mittlerweile existieren rund 3000 verschiedene Studien zu dem Thema. „Es gibt sieben verschiedene Emotionen, die bei jedem Menschen kulturübergreifend anhand der Mimik erkennbar sind“ – zu diesem Ergebnis kamen 1971 die drei US-amerikanischen Psychologen P. Ekman, E. R. Sorensen und W. V. Friesen. 2009 zeigte eine weitere Studie, dass diese Emotionen angeboren sind und nicht erlernt werden.

Diese Emotionen sind:

  • Freude,
  • Ekel,
  • Verachtung,
  • Ärger,
  • Überraschung,
  • Angst und
  • Trauer.
  • Mikroexpressionen verraten, was man denkt

    Bereits 1966 gelangten US-Forscher zu dem Ergebnis, dass Einwände oder Bedenken – etwa bei Verkaufsgesprächen – sich unbewusst unmittelbar in der Mimik zeigen. Das Trio um Ekman zeigte fünf Jahre später, dass diese so genannten Mikroexpressionen, also unwillentliche Ausdrücke von Emotion, binnen 40 bis 100 Millisekunden auftreten. Zum Vergleich: Ein Augenblinzeln dauert zwischen zwei bis 300 Millisekunden. Das heißt, im Bruchteil einer Sekunde zeigen Menschen unbewusst ihre wahren Emotionen. Es ist zudem nicht trainierbar, diesen Impuls zu unterdrücken.

    Offener, neutraler Gesichtsausdruck: Die Augenpartie ist entspannt.

    Foto: Salesemotion / Joern Kettler

    Offener, neutraler Gesichtsausdruck: Die Augenpartie ist entspannt.
    Verärgerung: Die Augenbrauen sind mittig ­zusammengezogen und die Augen verengt.

    Foto: Salesemotion / Joern Kettler

    Verärgerung: Die Augenbrauen sind mittig ­zusammengezogen und die Augen verengt.

    So erkennen Sie das richtige und das unechte Lachen

    Wenn wir an die Mimik denken und an Empfindungen, die sich in ihr widerspiegeln, kommt uns sofort die Mundpartie in den Sinn: Ein Lächeln etwa oder heruntergezogene Mundwinkel zeigen uns vermeintlich sofort, was unser Gegenüber bewegt. Doch ein anderer Teil ­unseres Gesichts ist viel bedeutsamer, um Emotionen zuverlässig erkennen zu können: die Augen.

    Grundsätzlich soll ein Lächeln die Emotion Freude verdeutlichen. Doch müssen wir unterscheiden zwischen zwei Varianten: dem emotionalen Lächeln und dem Höflichkeitslächeln.

    Hinter der wahren, ehrlich empfundenen Freude verbirgt sich das emotionale Lächeln, das nicht gesteuert oder beeinflusst werden kann, da es Ausdruck einer echten Emotion ist. Das limbische System, das mit der Gesichtsmuskulatur verbunden ist, löst dieses Lächeln aus. Gut sichtbar wird dies daran, dass die Augen förmlich mit lachen.

    Unbewusst gesteuerte Prozesse

    Das beidseitige Hochziehen der Mundwinkel, wodurch sich das charakteristische Lächeln formt, ist für sich allein also kein verlässliches Zeichen für wahre Freude. Dieses Höflichkeitslächeln ist ein soziales Lächeln: Es soll nach außen hin Freude zeigen, die jedoch nicht wirklich erlebt wird. Häufig ist es sogar so, dass das Höflichkeitslächeln eine andere Emotion verbergen soll. Da dieses Lächeln kein Ausdruck wahrer Freude ist, zeigt es sich auch nicht in den Augen des Menschen.

    Ärger in den Augen erkennen

    Ebenso verhält es sich bei der Emotion Ärger. Auch sie ist sehr gut an der Augenpartie erkennbar: Die Augenbraueninnenseiten werden zusammengezogen, das untere Augenlid ist dabei angespannt. Für den Bruchteil einer Sekunde ist daran das starke Signal der Ablehnung oder des Einwands zu erkennen. Häufig folgt darauf der Versuch, die Verärgerung zu verschleiern, indem das Höflichkeitslächeln aufgesetzt wird. Gewissermaßen um sich „nicht in die Karten ­schauen“ zu lassen. Ebenso wie bei der Emotion Freude werden diese Prozesse unbewusst und automatisch vom Gehirn gesteuert.

    Jeder Emotion liegt ein Bedürfnis zugrunde

    Was bedeutet dies für den Vertrieb? Angenommen, im Rahmen eines Verkaufs- oder Vertriebsgesprächs wird eine ungefähre Preisspanne genannt. Sofern sie von der Kundin oder dem Kunden als sehr gut empfunden wird, ist die emotionale Freude darüber an der Augenpartie ablesbar – ein starkes Kaufsignal. Ebenso ist Verärgerung über eine vermeintlich zu hohe Preisspanne für einen kurzen Augenblick deutlich zu erkennen.

    Jede Emotion hat einen Auslöser sowie ein zugrundeliegendes Bedürfnis. Der Auslöser der Emotion Freude beispielsweise ist ausnahmslos die Bedürfnisbefriedigung oder die Wunscherfüllung. Im Verkaufs- oder Vertriebsgespräch artikulieren Kundinnen und Kunden jedoch eher selten diese hinter den Emotionen liegenden Bedürfnisse. Um womöglich einen noch günstigeren Preis zu erzielen, werden Kundinnen und Kunden wahrscheinlich nicht signalisieren wollen, dass sie bereits einverstanden sind. Sie versuchen vielleicht, sich ihre Freude über ein sehr gutes Angebot nicht anmerken zu lassen. Für einen kurzen Moment verraten die Augen jedoch die Emotion Freude.

    Richtig umgehen mit Verärgerung

    Wenn die Augen Ablehnung – also Verärgerung – zeigen, Ist dies ein starkes Signal des Einwands, das bestenfalls aus dem Weg geräumt werden sollte. Denn wer Ärger verspürt, kauft nicht beim Urheber der Verärgerung. Hier gilt es, den erkannten Ärger empathisch anzusprechen, um Vertrauen zu gewinnen oder wiederzugewinnen. So werden Verständnis und Wertschätzung zum Ausdruck gebracht.

    Damit dies gelingt, ist eine emotional intelligente Fragetechnik vonnöten. Zielführend sind Aussagen wie: „Ich habe das Gefühl, dass es sich für Sie nicht gut anfühlt, wenn wir die Höhe Ihrer möglichen Investitionen erörtern. Gibt es etwas, worüber wir sprechen dürfen?“ Ungeachtet der Reaktion des Gegenübers hilft die Frage dabei, den Ärger in dem Moment zu minimieren. Es ist wissenschaftlich belegt, dass durch das Ansprechen von Ärger das limbische System stimuliert und die Stärke der Emotion reduziert wird.

    Auf emotionaler Ebene ansprechen

    Kundinnen und Kunden wollen in einem Verkaufs- oder Vertriebsgespräch verstanden werden und das perfekt auf sie zugeschnittene Produkt angeboten bekommen. Damit die Kaufentscheidung positiv ausfällt, müssen sie daher auch auf emotionaler Ebene angesprochen werden.

    Bei Verkaufs- oder Vertriebsgesprächen werden hierzulande Einwände in 90 Prozent der Fälle nicht offen angesprochen. Wenn Vertriebler jedoch in der Lage sind, Mimik richtig zu lesen und zu deuten, Einwände empathisch anzusprechen und zu lösen, spiegelt sich dies in einer höheren Zahl von Verkaufsabschlüssen wider. Letztendlich kauft man dort, wo man sich verstanden und am besten aufgehoben fühlt. Dabei spielt der Preis in der Regel eine untergeordnete Rolle.

    So lästig die Masken uns im Alltag auch scheinen, bei der Wahrnehmung von Emotionen sind sie also sogar hilfreich. Sie lenken den Fokus automatisch auf den Augenbereich, wodurch Emotionen leichter erkannt und von gespielten oder aufgesetzten unterschieden werden können. Denn die Augen täuschen eben nicht.

    Kommunikationsexperte Joern Kettler ist seit mehr als 20 Jahren im Vertrieb und berät Unternehmen zu ­Verkaufsstrategien.

    Foto: Salesemotion / Joern Kettler

    Kommunikationsexperte Joern Kettler ist seit mehr als 20 Jahren im Vertrieb und berät Unternehmen zu ­Verkaufsstrategien.

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