Für kleinere Fensterbaubetriebe mit langer Tradition gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder wird in die eigenen Produktionsabläufe kräftig investiert oder das Unternehmen überlässt die Fertigung größeren Betrieben und verlagert sich auf den Fensterverkauf und die Montage. Letzteren Weg haben in der jüngeren Vergangenheit viele Traditionsbetriebe eingeschlagen, die Branchenstruktur in Deutschland verändert sich zunehmend: Gab es vor zwei Jahrzehnten noch deutlich über 7000 fensterproduzierende Betriebe, so waren es 2015 nur noch 6400 und 2023 nur noch 5880 Unternehmen, die Fenster und Haustüren selbst herstellten. Innerhalb von zwei Jahrzehnten haben also rund 20 Prozent der Fensterproduzenten entweder aufgegeben oder ihren Geschäftsschwerpunkt deutlich verlagert.
Die Gründe für diese Verschiebung der Branchenstruktur sind vielschichtig und auch nachvollziehbar, dennoch gibt es Gründe, warum kleinere produzierende Fensterbetriebe am Leben bleiben sollten – und sogar sehr erfolgreich wirtschaften können. Zwei, die davon überzeugt sind, sind Raimund Drissner und Michael Mosner.
Raimund Drissner ist Fensterexperte und berät selbstständig Fensterhersteller bei der Modernisierung ihres Maschinenparks. Ihm liegt viel daran, den Strukturwandel in der Branche aufzuhalten: „Wir haben in Deutschland so viele Betriebe, die mit wenigen Mitarbeitern Höchstleistungen erbringen und für ihre Region tolle Fenster produzieren.“ Solche Produktionsbetriebe gingen für immer verloren, wenn sie nur noch als Händler am Markt aufträten. „Wenn kleinere Betriebe die eigene Produktion aufgeben und sich auf den Handel beschränken, weil eine größere Investition zu aufwendig und zu teuer wird, ist dieser Prozess unumkehrbar.“
Auch Michael Mosner, Vertriebsleiter der Fenstersparte bei Homag, setzt sich für die moderne Ausstattung kleinerer Produktionsbetriebe ein und sieht es als zwingend notwendig an, diesen Betrieben durch ein Netzwerk von Experten und Unternehmen einen sicheren Investitionshintergrund zu bieten, „sonst wird der Aufwand für die Fensterbauer zu hoch und zu unüberschaubar und dann kommt es vermehrt zu einem Sterben dieser tollen Handwerksbetriebe!“
Netzwerk-Meeting in Schopfloch
Eigens dafür bringt Mosner die Experten aus den Unternehmen zusammen, die großes Interesse daran haben, die Vielfalt der Produktionsbetriebe zu erhalten: Die Beschlagindustrie, Softwarehäuser, Systemlieferanten und weitere Zulieferer für fensterproduzierende Betriebe.
So auch jüngst im März: Homag hatte zum „Kick-off“ einer Investition der Firma Stoll in Meßkirch eingeladen. Der Fensterbauer aus dem westlichen Oberschwaben mit rund 12 Mitarbeitern hat sich für eine Großinvestition in eine CNC-Anlage entschieden. Damit wird Stoll in der Lage sein, hochwertige Holz- und Holz-Alu-Fenster der Typen IV 80 und IV 92 herzustellen. Für das Meeting hat Mosner die Firmen Gretsch-Unitas, das Softwarehaus n.CAD, den Dichtungsexperten Goll und den Systemgeber und Aluminiumschalenlieferanten Gutmann an einen Tisch gebracht, mit dem Ziel, „dass wir alle über das Gleiche sprechen, dass wir uns gegenseitig technologisch auf dem Laufenden halten und ein Netzwerk für unsere gemeinsamen Kunden bilden.“ Es kommt darauf an, dass der Fensterbauer weiterhin Spaß an der eigenen Produktion haben muss. Ein Motto scheint dabei über allem zu stehen: „Keep it simple!“ Es geht nicht darum, eine große Variantenvielfalt abzubilden, sondern genau das anzubieten, was der Betrieb braucht.
Alle 15 Jahre kommt die Anlagenentscheidung
Für Drissner ist klar: „Ein Fensterbaubetrieb investiert frühestens alle 15 Jahre in größerem Umfang. Dann kann er sich aber nicht auf diese Investition konzentrieren – er muss sich schließlich um sein Fenstergeschäft kümmern.“ Und ihm fehlt meist auch das fundierte Know-how, worauf es bei einer Investitionsentscheidung ankommt. Weniger dem Zufall zu überlassen und einen Experten an Bord zu holen, ist in einem solchen Fall wohl die sinnvollste Entscheidung. Der Unternehmensberater mit dem Blick über den Tellerrand weiß, was alles mit einer solch umfassenden Anlageninvestition verbunden ist – denn es geht nicht nur darum, sich mit der neuesten Maschine des Anlagenbauers einzudecken. Es gibt so viele Fragen, die über die reine Anlageninvestition hinausgehen:
All diese Fragen müssen im Vorfeld umfassend beantwortet werden. Raimund Drissner geht mit Leidenschaft in die Diskussion mit den Betriebsinhabern. Dabei kommt ihm seine jahrzehntelange Branchenerfahrung zugute. Er sagt: „Wir brauchen dieses Netzwerk in der Holzfensterbranche. Das ist wichtig für die Fensterhersteller und für die Firmen, die diese Produktionsbetriebe mit Software, Maschinen und Beschlägen ausstatten wollen. Wir müssen sie gemeinsam unterstützen und ihnen zeigen, dass es sich lohnt, selbst Fenster zu produzieren.“ Wichtig sei, dass die Netzwerke der Zulieferer funktionieren – dann könne der Fensterbauer auf gebündeltes Know-how zurückgreifen.
Homag: 25 Jahre Erfahrung im Bereich der Fensterfertigung
Den Netzwerkern in Schopfloch liefert Mosner einen Einblick in die Homag-Fensterbau-Kompetenz im Allgemeinen und auch im Speziellen, was die Anlage von Stoll angeht: „Konsolenmaschinen sind die Allrounder, auf denen man Tischlerarbeiten und Fenster fertigen kann. Ich kenne keinen anderen Maschinenhersteller, der diese Vielfalt auf einer Maschine bieten kann.“ Dass diese Vielfalt auch einen geringeren Durchsatz bedeutet, ist klar. Dennoch: Bis zu 20 Fenstereinheiten pro Tag sind mit diesem Anlagenkonzept möglich.
Für höhere Stückzahlen sind die Powerprofiler ausgelegt: Je nach Ausstattung und Werkzeugbestückung können bis zu 60 Fenstereinheiten pro Tag produziert werden – abhängig von der Anzahl der Motoren, der Art der Eckverbindung und der Werkzeugteilung.
Ein wichtiger Aspekt ist auch die mannlose Produktionszeit: Der Powerprofiler hat mit dem Zuführtisch Möglichkeiten geschaffen, die Anlage auch mehrere Stunden alleine laufen zu lassen. Es besteht also die Chance, mit einer klugen Anlageninvestition auch auf Personalengpässe reagieren zu können.
Drissner ergänzt: „Viele wissen gar nicht, was eine Schlagleiste oder eine Glasleiste kostet, wenn sie einzeln gefertigt werden müssen. Die heutigen Anlagen, vor allem die von Homag, sind in der Lage, alles auf einer Maschine zu bearbeiten.“ Das würde zwar auch zu Lasten des Durchsatzes gehen, aber das ist für kleinere Betriebe oft nicht entscheidend.
Auch der Werkzeuglieferant hat viele Möglichkeiten, es hängt vieles vom Werkzeug-Splitting ab: Drissner: „Das ist dann auch meine Aufgabe, die Konzepte zu vergleichen.“ Dabei stehen sich Kapazität und Variabilität einer Anlage oder Werkzeuges meist diametral gegenüber, gerade hier ist viel Erfahrung gefragt, sonst leidet das Budget besonders.
Was die Software angeht, so haben sich die Oberschwabener Fensterproduzenten auf eine Premiere eingelassen: Die Anlage wird mit der Software n.CAD von Cobus bedient. Der Fensterbauer ist damit in der Lage, selbst Systemerweiterungen in der Software zu erstellen, und Schreiner und Maschinenbediener Andy Hennig zeigte sich beim Kick-off-Termin regelrecht begeistert: „Ich habe mir das angeschaut und eigentlich viel schwieriger vorgestellt“.
Was die Auftaktveranstaltung und den Netzwerkaspekt betrifft, sind alle Beteiligten überzeugt, auf dem richtigen Weg zu sein. Stefan
Treibmann von Gutmann bringt es auf den Punkt: „Uns allen geht es darum, kleine und mittlere Unternehmen in die Lage zu versetzen, sich auch in Zukunft wettbewerbsfähig am Markt zu positionieren. Es gilt, dieses Netzwerk im Sinne des Kunden immer weiter auszubauen.“