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VOB und Recht

OLG Hamm: 'Ca.'-Terminangaben sind keine verbindlichen Vertragstermine

Der Entscheidung (Beschluss vom 07.09.2021 - 21 U 10/20) liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der AG beauftragt den AN mit der Fertigung, Lieferung und Montage von ca. 300 Fenstern. Während den Vertragsverhandlungen übersendet der AN dem AG einen Terminplan, wonach der Montagebeginn „ca. sechs Wochen“ nach schriftlicher Freigabe der Werkplanung durch den AG sein soll. Weiter wird die Montagedauer mit „ca. acht Wochen“ angegeben. Später erstellt der AG Terminpläne mit konkreten Terminen.

Diesen widerspricht der AN und übersendet seinerseits dem Zeitablauf angepasste und erneut mit „ca.-Angaben“ versehene Terminpläne. Eine Einigung über die Termine erfolgt nicht. Der AN beginnt mit den Arbeiten. Aufgrund von Verzögerungen dauern diese fünf Monate an. Wegen dieses verlängerten Zeitraums behält der AG einen Teil der Schlussrechnungssumme als Schadensersatz ein. Er erklärt mit dieser die Aufrechnung gegen die Werklohnklage.

Ohne Erfolg! Die konkreten Termine des AG wurden keine Vertragstermine, da der AN diesen direkt widersprochen hatte. Den „ca.-Terminen“ des AN hatte wiederum der AG nicht zugestimmt. Zwar können die „ca.“-Angaben des AN in Ausnahmefällen verbindliche Fristen sein, wenn sich dies aus der Vereinbarung der Parteien ergibt, etwa dass hiermit nur Toleranzen angegeben werden. Dafür gibt es hier keine Anhaltspunkte. Insoweit gilt die Regel, dass „ca.“-Angaben des AN keine nach dem Kalender hinreichend bestimmbare Fristen sind. Dies gilt vor allem dann, wenn wie hier eine Mitwirkungshandlung des AG (Freigabe der Planung) notwendig ist, für die wiederum keine Frist vorgesehen ist. Damit fehlt es an einer verbindlichen Fertigstellungsfrist. Ein Verzug des AN mit der Fertigstellung, welcher aufrechenbare Schadenersatzansprüche des AG begründen würden, war daher nicht gegeben.

Hinweis für die Praxis in Sachen Vertragstermine

Prof. Christian Niemöller von der SMNG auf dem VFF-Jahreskongress 2024 in Hamburg. 

Daniel Mund / GW

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Vertragstermine sind ein Dauerbrenner. Zunächst stellt sich immer die Frage, ob eine Frist eine Vertragsfrist i. S. d. § 5 Abs. 1 S. 2 VOB/B darstellt, deren Überschreitung einen Verzug begründen kann, oder eine bloße Kontrollfrist zwecks Prüfung vorliegt, ob der Auftragnehmer seiner Baustellenförderungspflicht nach § 5 Abs. 3 VOB/B nachkommt.

Oft anzutreffen ist der Irrglaube, die Abwesenheit von Fristen und Terminen stelle den Arbeitsbeginn in das Belieben des Auftragnehmers. Tatsächlich sieht § 271 BGB vor, dass Leistungen grundsätzlich sofort zu erbringen sind. Dieses „sofort“ wird bei Bauleistungen etwas durch § 5 Abs. 2 VOB/B durch die 12-Werktage-Frist konkretisiert. Für den vorliegende Fall war dies irrelevant, da der AN mit den Arbeiten sofort begann.

Bzgl. einseitiger Vorgaben, etwa von Terminen, wird nochmals an das Risiko des kaufmännischen Bestätigungsschreibens erinnert: übersendet eine Vertragspartei irrtümlich oder wahrheitswidrig einen Text mit dem Inhalt, der bspw. Termine und eine angebliche vorherige Einigung hierüber wiedergibt, ist diesem Text in jedem Fall ausdrücklich und am besten schriftlich sofort zu widersprechen.

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Dieser Text stammt aus dem Newsletter VOB & Recht des Verbandes Fenster + Fassade, der viele weitere wichtige Informationen bereithält und an VFF-Mitgliedern verschickt wird. Die Inhalte werden durch die SMNG Rechtsanwaltsgesellschaft bereitgestellt.

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