Im November legt Roto regelmäßig auf einem Fachpressemeeting konkretes Zahlenwerk vor – so auch in diesem Jahr. Wermutstropfen in der ansonsten sehr positiven Bilanz sieht Dr. Keill im 4. Quartal: „Wir können die Preise gar nicht so schnell erhöhen, als uns die Rohstoffpreise weglaufen." Die Ertragsseite werde also etwas schwächer werden. Weiterer Wermutstropfen: Wir vermuten Vorzieheffekte, die sich jetzt bemerkbar machen könnten. Das könnte das Umsatzvolumen negativ beeinflussen.
Dr. Keill bekennt vor europäischen Fachpressevertretern: „Wir haben zu tief gestapelt.“ Roto-Chef Keill konstatierte, dass man vor einem Jahr das Ziel formulierte, erneut besser als die Märkte abzuschneiden, weiter „Best-Performer“ bei der Erfüllung der Kundenanforderungen zu sein, beim Umsatz wieder einen „Tick“ zuzulegen und die gesteigerte Ertragskraft wenigstens zu festigen. Heute wisse man: „Das war zu bescheiden.“
Die Entwicklung der Roto-Gruppe habe stattdessen alle Erwartungen übertroffen und könnte noch als Rekordjahr in die Chronik des Bauzulieferers eingehen, erklärte der Vorstand der Roto Frank Holding AG auf der Veranstaltung in Düsseldorf. Das sei umso bemerkenswerter, als man sich nach wie vor in instabilen Zeiten bewege.
Die in ihrer Dimension nicht zu erwartende Aufwärtsentwicklung schlage sich per Ende September 2021 im Gruppen-Gesamtumsatz signifikant nieder. Er habe sich um ein Fünftel (20,6 %) von 511,8 Mio. Euro auf 617,1 Mio. Euro erhöht. Mit jeweils zweistelligen Steigerungsraten seien die Divisionen Fenster- und Türtechnologie (FTT), Dachsystem-Technologie (DST) und Professional Service (RPS) fast im Gleichschritt gewachsen.
Roto vermutet volle Lager bei den Marktpartnern
Bis zum Jahresende werde die außergewöhnliche Dynamik jedoch vermutlich etwas abflauen. Zum einen sei das 4. Quartal 2020 besonders gut verlaufen. Zum anderen gelte es, den seit Monaten großen Lageraufbau bei den Marktpartnern infolge der Rohstoff- und Materialkrise zu berücksichtigen. Diese Vorzieheffekte könnten sich im Schlussquartal bemerkbar machen. Trotzdem rechnet Keill für 2021 insgesamt mit einem Gruppenumsatz von rund 800 Mio. Euro (nach 686 Mio. Euro), der damit so hoch wäre wie noch nie in der Firmengeschichte. Dabei bleibe die fast schon traditionelle Umsatzrelation „Ausland/Inland“ mit zwei Drittel zu ein Drittel erneut stabil.
Mit ca. 4.800 sei auch die Zahl der weltweit tätigen Mitarbeitenden konstant. Das Investitionsvolumen liege unter Budget, da Corona-bedingte Einschränkungen die Realisierung von geplanten Projekten verhinderten. Das könne 2022 bei einem ansonsten wieder normalisierten Programm zu Nachholeffekten führen.
Roto: Ertragssituation gebessert
Mit Blick auf die Ertragssituation berichtete der Holding-Vorstand per Ende September über ein „besonders erfreuliches Zwischenresultat“. Gegenüber der entsprechenden Vorjahres-Periode habe sich das Gruppenergebnis deutlich erhöht. Ähnlich wie beim Umsatz zeichne sich aber auch hier ein schwächeres 4. Quartal ab. Gründe dafür seien der starke Referenzzeitraum 2020, die Rückkehr zur Kostennormalität z. B. durch den Wegfall Pandemie-bedingter Einsparungen sowie vor allem die bisher nicht mögliche volle Kompensation der extrem gestiegenen Materialpreise. Unter dem Strich könne 2021 dennoch ein „sehr gutes Ertragsjahr“ werden. Es verbessere die ohnehin große wirtschaftliche Stabilität weiter erheblich und biete den Marktpartnern damit ein entscheidungsrelevantes Sicherheitsplus.
Die Roto-Gruppe hat ihre Ziele 2021 insgesamt klar übertroffen und damit ein „eindrucksvolles Zeichen gesetzt“, fasste Keill zusammen. Konkrete Merkmale seien ein voraussichtlicher Umsatzrekord, ein kräftiger Ertragsschub und gestärkte Marktpositionen. Als „Väter des Erfolgs“ hob der Vorstand die hohe Lieferfähigkeit sowie die konsequente Kundennutzenstrategie bei Produkten und Services hervor.
Der Global Player habe seinen Kunden weltweit u. a. die für sie aktuell wichtigste Industrieleistung geboten: eine gute Lieferperformance. Auf Nachfrage bestätigte auch Spartenleiter Markus Sander (FTT), dass es zwar mit den Kunden Gespräche gegeben habe, die die Lieferkonditionen betrafen, der Konzern aber jederzeit in der Lage war, gefragte Zulieferprodukte bereitzustellen. Fensterherstellerseitig sei es durch Roto nicht zu Produktionsausfällen gekommen.
Dr. Keill mit politischen Seitenhieben
In seinem generellen Ausblick widmete sich Keill einigen Rahmenbedingungen und ihren Einflüssen auf die Wirtschafts- und Marktentwicklung 2022. Die Politik forderte er auf, „Probleme zu lösen und keine neuen zu schaffen“. Letzteres sei indes häufig genug der Fall. So kritisierte er das noch von der alten Bundesregierung verabschiedete Lieferkettengesetz. Während man einerseits über große Versorgungsschwierigkeiten diskutiere, mute sich Deutschland als einziges EU-Mitglied eine weitere staatliche Regulierung zu. Jedem müsse bewusst sein, dass sie neben ihren wettbewerbsverzerrenden Elementen am Ende das Beschaffungsthema nochmals verschärfe.
Die globale Pandemie bleibe auch 2022 ein wichtiger, aber unkalkulierbarer Einflussfaktor. Die Materialkrise dürfte sich nach Meinung von Roto sukzessive entspannen, so dass sich die Situation auf der Verfügbarkeits- und Preisebene bis zur Jahresmitte wahrscheinlich beruhige. Eine Fortsetzung der weltweiten Bau-Sonderkonjunktur sei trotz überwiegend guter Vorhersagen nicht gesichert. Im günstigen Fall komme es zu einem stabilen bis leicht wachsenden Endverbrauchermarkt. Die Frage, ob und wie die Investitionsbereitschaft des privaten Publikums unter den aktuell explodierenden Baukosten leide, stelle noch eine Unbekannte dar.
Nachhaltigkeit wird Pflichtthema
Der Roto-Holding-Chef beschrieb in Düsseldorf auch sein künftiges Themenspektrum. Neben der Digitalisierung müsse man sich vor allem mit der Nachhaltigkeit beschäftigen – dieses Thema entwickle sich vom reinen, eher unverbindlichen „Hygienefaktor“ zum „knallharten“ Ausschlusskriterium etwa bei Finanzierungskonzepten. Die EU-Kommission strebe bis 2023 ein einheitliches Regelwerk an, dessen nationale Umsetzung ab 2024 erfolgen solle. Keill machte deutlich, dass das auch viele Fenster- und Türenhersteller betreffe, denn nach aktueller Planung gelten die entsprechenden Richtlinien für alle Firmen mit mindestens 40 Mio. Euro Jahresumsatz und 250 Mitarbeitenden. Die ganze Branche sei daher gut beraten, sich mit dieser Materie intensiv zu befassen.
Abschließend formulierte Dr. Keill vor rund 75 Journalistinnen und Journalisten die Ziele für die nächste Wirtschaftsperiode: „Wir wollen 2022 selbst auf dem jetzigen hohen Niveau nochmals ein deutliches Umsatzplus schaffen und unseren Wachstumskurs auch auf der Ertragsseite bestätigen.“