GW – 30 Jahre ProHolzfenster, Herr Appelhans, seit wann sind Sie dabei?
Eduard Appelhans – Von Anfang an. Unser Betrieb, die Sorpetaler Fensterbau, bekam 1994 die Einladung zu einem ersten Treffen bei der Weinig AG in Tauberbischofsheim. Zusammen mit Achim Kopfmann, Rudi Walz, meinem Bruder Norbert, Andreas Neumeier und anderen konnte ich mitwirken, die Struktur für die ‚Initiative ProHolzfenster‘ aufzusetzen. Man musste versuchen, den damals stetigen Rückgang der Marktanteile von Holzfenstern zu bremsen und wenn möglich wieder zu stabilisieren. Schon vor der ersten Zusammenkunft hatten uns Berliner Abgeordnete angesprochen, dass wir ihnen Argumente pro Holzfenster liefern sollten.
GW – Was war der Grund dafür?
Appelhans – Umweltverbände hatten damals das chlorhaltige PVC als höchst problematisches Material identifiziert und entsprechende Kampagnen initiiert. Chlor war ein Abfallprodukt der chemischen Industrie, das untergebracht werden musste – unter anderem seit Anfang der 1960er Jahre im PVC-Fenster, und zwar in großen Mengen. Dafür hatte die Chlorchemieindustrie eine starke Lobby-Organisation aufgebaut.
GW – Und hat diese Lobbyarbeit es in Ihren Augen dem Holzfenster schwergemacht?
Der Holzfenstermarkt geriet immer mehr unter Druck. Das Motto „Nie mehr streichen“ war gut, stimmte aber nicht, wie man heute weiß. Schauen Sie sich mal alte Kunststofffenster an, besonders wenn sie dunkel waren.
Appelhans – Diese Lobbyarbeit war echt gut, sehr langfristig strategisch angelegt und effektiv. Das Motto war einfach: „Nie mehr streichen.“ Anfangs waren PVC-Fenster teurer als Holzfenster. Als aber ihre Marktanteile in den 1980er Jahren stiegen und immer größere Mengen produziert wurden, wurden sie deutlich billiger. Der Holzfenstermarkt geriet immer mehr unter Druck. Das Motto war gut, stimmte aber nicht, wie man heute weiß. Schauen Sie sich mal alte Kunststofffenster an, besonders wenn sie dunkel waren.
GW – Was erhoffte man sich bei der Gründung von ProHolzfenster?
Appelhans – Wir hatten diese Anfragen aus Berlin und wussten nur, das Holzfenster ist unter Druck. Die größeren Zusammenhänge waren uns damals gar nicht klar. Wir hatten das Gefühl, wir sind wie Störche und die Aufträge sind die Frösche, von denen wir leben. Und Frösche können eben nur in einer Feuchtwiese leben und gedeihen. Unsere Wiese wurde aber immer mehr trockengelegt. Die Lobbyarbeit und strategische Vorgehensweise, wie sie die internationale Alu- und PVC-Grundstoffindustrie an den Tag legten, waren wir einfach nicht gewohnt. Von den Waldbauern über die Sägewerke, die Holzhändler bis zum Holzfensterbauer sind wir ja mittlere und kleinere Unternehmen, oft handwerklich aufgestellt. Wir mussten deshalb unbedingt versuchen, die Wiese feucht zu halten, also Marktanteile zu stabilisieren.
GW – Ist das gelungen?
Appelhans – Mengenmäßig sind die Zahlen stetig weiter abgesackt. Die Fensterfertigung wurde immer mehr skaliert. Das Holzfenster als Naturprodukt ist nicht so skalierfähig wie das PVC- oder Aluminium-Fenster. Und um den Markt zu drehen, hatten wir nicht das Budget. Wir bekommen aber heute mehr Geld für unsere Produkte. Daran merkt man die hohe Wertschätzung, die sie erfahren. Und was die Marktanteile betrifft: Es zählen immer noch die, die in Euro gemessen werden. Das ist gut für uns.
GW – Was hat man darüber hinaus erreicht in 30 Jahren?
„Wir kriegen euch auch noch dahin, wo wir die Holz-Rollladen-Bauer inzwischen haben, nämlich unter drei Prozent Marktanteil!“
Appelhans – Der Verband hat einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, diesen Verdrängungswettbewerb zu dämpfen. Zu einer Veranstaltung der Grünen 1996 in Münster zum Thema PVC reisten die PVC-Vertreter busweise an. Die haben damals persönlich zu mir gesagt: „Wir kriegen euch auch noch dahin, wo wir die Holz-Rollladen-Bauer inzwischen haben, nämlich unter drei Prozent Marktanteil!“ Das war mein Erweckungserlebnis – das haben sie mit uns nicht geschafft!
Heute rennen wir mit unseren Anliegen, schöne Holzfenster im Markt zu halten, offene Türen ein. Wir haben eben einen natürlichen Werkstoff – als einzige in der Branche übrigens.
Der Bundesverband ProHolzfenster ist der Ansprechpartner auch und gerade für die Politik und die Öffentlichkeit. Wir erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass das Holzfenster erhalten bleibt und nicht zu einem absoluten Randprodukt wird. Heute stehen viele unserer Betriebe gut da. Der Holzfenstermarkt ist erstaunlich stabil. Den großen Massenmarkt haben wir allerdings nicht mehr. Das ist vielleicht auch ganz gut so.
GW – Ist der Verband heute noch notwendig?
Appelhans – Das bestimmende Thema heute ist der menschengemachte Klimawandel und die Notwendigkeit des Klimaschutzes, insbesondere im Gebäudesektor. Große Teile der Bauindustrie sind darum bemüht, ihren konventionellen Bauweisen einen grünen Anstrich zu verleihen. Die Fensterbranche ist davon nicht ausgenommen. Plötzlich heißt es, das Holzfenster sei nicht so nachhaltig wie das Kunststoff- oder Alufenster, weil es sich nicht ‚recyceln‘ ließe. Dies ist eine grobe Verdrehung der Tatsachen und spricht dem Holz seine Kerneigenschaft als nachhaltigstes Fensterrahmenmaterial ab.
Der Bundesverband ProHolzfenster ist der einzige Verband, der ausschließlich die Interessen der Holzfensterbranche vertritt! Auch die kontinuierliche Vernetzung unter Fensterbauern, Zulieferern und den Verbänden der Branche ist wichtig, das schafft Vertrauen. Wir werden mittlerweile im politischen Spektrum als Mittelständler mit ökologischem Werkstoff gut gehört.
GW – Was wünschen Sie dem Geburtstagskind?
Appelhans – Man kann nur hoffen, dass die junge Generation dort weitermacht, wo wir heute stehen – aber da bin ich ganz zuversichtlich, wenn ich den Nachwuchs in unserer Zukunftswerkstatt anschaue und sehe, dass sich so viele mit Herzblut für den Werkstoff Holz einsetzen. Mit Kai Pless haben wir zudem einen engagierten jungen Geschäftsführer gefunden, der aus der Wissenschaft kommt und sich für unsere Anliegen begeistert.
Ich wünsche dem Bundesverband ProHolzfenster, dass er weiterhin seinen Beitrag dazu leistet, dass das Holzfenster in Deutschland seinen Platz behauptet. Denn das Holzfenster verkörpert echte Baukultur. Dahinter steht ein meisterliches Können. Das kann man spüren, gerade wenn man durch historische Städte geht. Es manifestiert sich in der Fassade von Gebäuden, die das Gesicht von Orten prägen und gestalten. Übrigens nicht nur in historischen, sondern immer mehr auch in modernen bis avantgardistisch gestalteten Gebäudefassaden. Hier spielen unsere hochwertigen Holz-Alu-Fenster eine herausragende Rolle.
Und es ist wichtig, dass auch die Betriebe weiterhin ihren Beitrag dazu leisten, ohne sie geht es nicht. In diesem Verband ist mit relativ geringen Mitteln doch einiges möglich. Aber ein paar Mittel brauchen wir eben schon noch, deshalb sollte sich jeder nach seinen Möglichkeiten daran beteiligen. Alle, die Interesse daran haben, dass unsere lebendige Baukultur erhalten bleibt, müssen sich engagieren. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, das hinzubekommen.