Der Standort Eggenfelden war früher mit der Fensterbranche fest verbunden: Hier wurden nicht nur Fensterprofile
verarbeitet, hier wurden auch Profile extrudiert und das Glas hergestellt. Vor zwei Jahren produzierten 250 Mitarbeiter Werte in Höhe von 29 Mio. Euro – für Hoco gehörte die hohe Fertigungstiefe zur Erfolgsrezeptur, das war ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal, welches dem Betrieb zum Schluss aber auch das Genick gebrochen hatte: Die Komplexität aller Wertschöpfungsebenen wuchs dem Unternehmen über den Kopf und eine hohe Fertigungstiefe ist immer mit einer kritischen Umsatzmasse verbunden. Diese Größe hatte Hoco nie erreicht.
Das Unternehmen wurde schließlich „durchgereicht“ – gegründet von der Haas-Gruppe kam es in Besitz der Beteiligungsgesellschaft Adcuram (zu der auch Bayerwald gehört). Schließlich wurde das Hoco 2016 an ein Investorenduo veräußert. Noch einmal keimte Hoffnung auf bei der Belegschaft – diese löste sich aber schließlich in Luft auf, als im Februar 2019 der Insolvenzverwalter übernahm. Kleine Randnotiz: Noch einen Monat vor der Pleite wurde die Messe-Präsenz auf der BAU in München gefeiert.
Jetzt erinnern nur alte Werbeplakate („Auf längere Sicht…Werte von Dauer…“) an die geschäftige Betriebsamkeit auf dem Gelände. Viele Branchenbeteiligte waren andererseits wohl froh, dass mit der Pleite auch Kapazitäten vom Markt verschwanden. Ein Mann allerdings kannte die „Assets“ ganz genau und witterte seine Chance: Arnold Winter, noch 2018 als Gebietsverkaufsleiter bei Hoco eingestellt, wagte den Schritt in die Selbstständigkeit, gründete die Haustürenschmiede Hocotherm und bot damit 12 entlassenen Hoco-Mitarbeitern eine neue Chance.
Mit dem Prestigeprodukt punkten
Der 51-jährige Winter hatte schon länger davon geträumt, eigene Aluminium-Haustüren zu entwickeln, zu produzieren und zu vermarkten. Mit der neuen Manufaktur möchte er qualitativ ganz oben mitspielen und er betont, dass er nicht „in die Quantität hineinproduzieren“ möchte. Für 2020 plant Winter mit einem Output von 1500 Türen – in früheren Zeiten habe die alte Hoco mit 18 Mitarbeitern bis zu 3500 Türen hergestellt. An diesen Durchsatz denkt Winter aber (noch) nicht.
Fenster und Türen aus einer Hand
Einen gewissen Hebel beim Absatz verspricht sich der Neu-Unternehmer durch die Partnerschaft mit dem Fensterhersteller HeKa aus dem badischen Graben-Neudorf. HeKa-Vertriebsmann Andreas Heilig skizziert die Vorteile, die sich dadurch für beide Partner ergeben: Der Fensterhersteller HeKa löst für die Haustürenschmiede die Themen Vertrieb und Logistik durch die Aufnahme in das HeKa-Portfolio.
Winter gewinnt einen starken Partner an seiner Seite und ist sogar in der Lage, sein eigenes Portfolio mit Nebeneingangs- und Funktionstüren zu ergänzen.
„HeKa seinerseits schließt damit Engpässe in seinem Haustürenangebot“ und kann den Händlerkunden so ein noch breiteres Angebot bieten – man agiert also als Handelsvertreter für die Hocotherm-Tür. Heilig dazu: „Strategisch gesehen ist es uns immer lieber, unsere Kunden vollumfänglich bedienen zu können.“
Nicht zuletzt erleichtert es auch für Hocotherm-Kunden den Zugriff auf Kunststoff- und Aluminiumfenster aus Graben-Neudorf. Man hat sich also über Kreuz partnerschaftlich verbunden, jeder ist in der Lage, Fenster und Türen aus einer Hand anzubieten. Eine Brücke nach Österreich hat Hocotherm freilich schon gebildet: Dort war HeKa bislang noch gar nicht präsent. Heilig spricht offen über Zahlen: Er kann sich vorstellen, mit dieser Liaison einen zusätzlichen Umsatz von immerhin 1,5 bis 2 Mio. Euro zu generieren.
Was macht die Hocotherm-Tür aus?
Winter will wie bereits angesprochen bei der Qualität ganz vorne sein. Der Standard seiner Türen (Automatik- und Mehrfachverriegelungen, durchgehende Schließleisten aus Edelstahl) sei hoch und optional sind natürlich mit, Fingerprint und Co. keine Grenzen gesetzt – mit jedem relevanten Zulieferer sei man in Kontakt. Auch auf die Gestaltungsmöglichkeiten legt Winter großen Wert, ein Produktkonfigurator ist bereits für die Homepage geplant. Als das zentrale Verkaufsargument für seine Türen sieht er die Verwendung des verdeckt liegenden Bandes. Gerne würde man auch auf das früher von Hoco verwendete „Tresorband“ zurückgreifen. Dies ist allerdings aus Patentgründen nicht möglich – nach der Hoco-Insolvenz hat die Patentinhaberin auf die alleinige Verwendung des Bandes von Siegenia bestanden. Aber auch das Axxent-Band von Siegenia könne mit vielen Vorteilen punkten: Neben der besonderen Optik durch nicht sichtbare Beschlagteile sind die hohe Sicherheit dank Aushebelschutz, die Belastbarkeit, das leichte Ein- und Aushängen und die integrierte Öffnungsbegrenzung überzeugende Argumente. „Siegenia ist uns auch beim Aufdrehwinkel entgegengekommen und hat extra für uns das Freimaß in Verbindung mit dem Wicona-Haustürenprofil um 3 bis 4 mm erweitert.“
Warum ist Winter von dem Erfolg des Neustarts überzeugt? „Weil ich den Vertrieb beherrsche und die Händler kenne.“ Ehemalige Kunden hätten ihm bereits das Vertrauen signalisiert. Jetzt freut er sich darauf, den Markt zu gestalten, innovativ zu sein und die Richtung vorgeben zu können. Auch Andreas Heilig freut sich, dass es hier weitergeht: „Es gibt hier auch etwas zu erhalten, das darf ich als ehemaliger Wettbewerber sagen. Wenn wir im Vertrieb auf eine Hoco-Tür getroffen sind, war das schon schwer zu knacken. Das Produkt hat gestimmt, der Preis, bis hin zur Verpackung.“ Jetzt werden die Interessen verbunden.
Daniel Mund
Hocotherm
Auf dem Hoco-Gelände in Eggenfelden setzt der ehemalige Vertriebsleiter und Neugründer Arnold Winter mit der „Hocotherm GmbH“ auf einen Neustart mit hochwertigen Aluminium-Haustüren – das Aushängeschild der vorherigen Firma „Hoco Fenster und Haustüren GmbH“. 2020 plant das Unternehmen mit rund 1500 verkauften Einheiten. Vertrieb und Logistik werden künftig vom Fensterhersteller HeKa aus Graben-Neudorf (www.HeKa.de) übernommen.www.hocotherm.de