Die Helmut Meeth GmbH fertigt RAL-geprüfte Fenster und Türen aus Kunststoff und Alu und ist in den letzten Jahren enorm gewachsen, auch der Maschinenpark wurde immer größer. Automatisierung war und ist immer ein Thema. Investitionen in die IT stehen ganz oben auf der Prioritätenliste: „Wir haben bei der Beschaffung angefangen. Diesen Prozess konnten wir so digitalisieren, dass er direkt in unser System eingespeist werden kann“, sagt Markus Jungbluth, Leiter der Abteilung IT und Geschäftsprozessmanagement. Aktuell folgt ein weiterer Digitalisierungsschritt: In Kooperation mit dem Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Kaiserslautern hat das Unternehmen ein Projekt zur KI-basierten Qualitätskontrolle von Isolierglasscheiben durchgeführt.
„Wenn wir Reklamationen haben, ist es immer das Thema Glas. Das ist die Komponente, mit der es die meisten Komplikationen gibt“, erklärt Jungbluth. Die Glasprüfung ist deshalb ein wichtiger, aber zeitaufwändiger und personalintensiver Vorgang. „Da steht ein Mitarbeiter davor und kontrolliert mit bloßem Auge die Scheiben auf Fehler“, so der Abteilungsleiter IT, der auch Leiter des KI-Projekts ist. Zwar arbeiten die Mitarbeiter auf einem speziellen Prüfstand und betrachten die Scheibe vor einem speziellen Grünlicht, allerdings ist das sehr ermüdend. „Nach einer Stunde erkennt man keine Fehler mehr.“ Die Folge: Viele Mitarbeiter müssen rotieren. „Wir brauchen die Mitarbeiter an anderen Stellen in der Fertigung“, sagt auch Helmut Meeth. Das ist insbesondere wichtig, weil das Unternehmen expandieren möchte. „Wir möchten 60–70 Personen neu einstellen“, erklärt der Geschäftsführer. Dabei denkt das Unternehmen auch jenseits der normalen Rahmenbedingungen: Beispielsweise ist es langfristig der Plan, eine Viertagewoche einzuführen.
KI-Umsetzung noch in diesem Jahr geplant
Die Qualitätskontrolle der Glasscheiben soll in Zukunft eine Künstliche Intelligenz übernehmen. Mit einer Kamera überprüft der Algorithmus die Scheiben dann auf Fehler und sortiert sie gegebenenfalls aus. Sind die Glasscheiben in Ordnung, werden sie ins Glaslager gebracht. Wo heute ein Mitarbeiter die Scheiben noch per Saugkran in das bereits „verheiratete“ Fenster einsetzt, soll dann ein Roboter zum Einsatz kommen – der Prozess wird also komplett automatisiert und digitalisiert. Zusammen mit dem Kompetenzzentrum wurde deshalb ein Lastenheft aufgesetzt und konkretisiert, aktuell laufen mit einem Anbieter die Gespräche für die technische Umsetzung. Geschäftsführer Meeth schätzt, dass ab dem nächsten Jahr dann eine KI die Qualitätsprüfung übernehmen wird.
Die digitale Grundlage
Um ein solch anspruchsvolles KI-Projekt durchführen zu können, müssen mittelständische Unternehmen zuerst die Voraussetzung geschaffen haben. Bei Helmut Meeth kann der gesamte Fertigungsprozess bereits digital abgebildet werden, das Unternehmen nutzt ein ERP-System. Auch hat jeder Mitarbeiter an den verschiedenen Stationen einen Bildschirm vor sich, mit dem er durch den Arbeitsprozess geleitet wird. Das ERP-System sorgt zudem dafür, dass genug Daten vorhanden sind, mit denen die KI gefüttert werden kann. Markus Jungbluth weiß, warum manche Unternehmen vor KI zurückschrecken. „Für uns als mittelständisches Unternehmen ist es natürlich immer schwierig, solche komplexen Themen anzugehen“, erklärt er. Mit dem Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum habe man deshalb den richtigen Partner gefunden und sei an die Hand genommen worden. „Die Kommunikation und der Austausch auf Augenhöhe waren wirklich sehr wertvoll für uns“, meint Jungbluth. Vor allem für Unternehmen ohne eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung sei das ein wichtiges Angebot.
Innovation ist Helmut Meeth ein wichtiges Anliegen, um auch im Markt Aufmerksamkeit zu erzielen. „Wir sind den anderen meilenweit voraus“, sagt er selbstbewusst. Aber auch mit Digitalisierung braucht das Unternehmen Mitarbeiter, die sich insbesondere um die handwerklich anspruchsvollen Aufgaben kümmern. „Wir brauchen trotz aller Digitalisierung Manpower, um die Produkte zu fertigen“, ist sich Markus Jungbluth sicher.
Tipp der Redaktion: Lesen Sie auch das Interview in der GLASWELT mit Helmut Meeth über die Cloudwindow: www.glaswelt.de/fenster/was-steckt-hinter-der-cloudwindow-innovation
Was ist das Mittelstand-Digital Zentrum
Das Mittelstand-Digital Zentrum Kaiserslautern gehört zu einem Netzwerk, gebildet aus den Mittelstand-Digital Zentren, der Initiative IT-Sicherheit in der Wirtschaft und „Digital Jetzt“. Dabei werden umfassende Unterstützung bei der Digitalisierung angeboten. Kleine und mittlere Unternehmen profitieren von konkreten Praxisbeispielen und passgenauen, anbieterneutralen Angeboten zur Qualifikation und IT-Sicherheit. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ermöglicht die kostenfreie Nutzung und stellt finanzielle Zuschüsse bereit.
Kurzinfo über das KI-Projekt
Geeignete Technologien haben KI-Trainer vom Mittelstand Kompetenzzentrum Kaiserslautern der Helmut Meeth GmbH & Co. KG vorgestellt, diese wurden auf die praktische Anwendung unter Laborbedingungen in einer veranlassten Studie unter der Leitung des Partners PSI Technologies recherchiert und geprüft. In einem Lastenheft wurden die Anforderungen an das neue Verfahren genau skizziert. Dieses Lastenheft beinhaltet beispielsweise die Beschreibung der Glasfehler und deren Bewertung gemäß den Richtlinien des Bundesverbandes Flachglas.
Das weitere Vorgehen des KI-Projektes besteht darin, ausgewählte Anbieter zu filtern und zu vergleichen. So soll der richtige Partner gefunden werden. Jetzt werden aussagekräftige Fehlerscheiben gesammelt, die ein breites Spektrum der möglichen Fehlerquellen abdecken. Diese Exemplare werden als Muster an die Studie weitergeleitet.
Die Künstliche Intelligenz in die Produktionskette zu integrieren garantiert die Sicherstellung und Optimierung der Qualitätsansprüche. Als zuverlässige Kontrollinstanz kann die innovative Technologie Mitarbeiter entlasten und Fehlerquellen des menschlichen Auges minimieren.
„Die Zusammenarbeit mit dem Mittelstand Kompetenzzentrum hat uns sehr begeistert. Mithilfe der Ideenwerkstatt waren wir dazu in der Lage, ein solches Projekt ohne eigene F&E-Abteilung voranzutreiben. In effektiven Workshops entstand im Dialog mit den KI-Trainern ein Lastenheft, das als Grundstein für das weitere Projekt dient. So bleibt eine Idee nicht nur eine Idee!“, so Markus Jungbluth, Leitung der IT und Prozessmanagement.