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Im Interview mit Prof. Peter Andres

„Tageslicht ist durch nichts zu ersetzen“

Glaswelt – Auf Ihrer Webseite steht als Zitat: Licht ist ein Grundnahrungsmittel. Was macht Licht so wichtig und welche Rolle spielt es in ­unserem Leben und wie beeinflusst es uns ganz konkret?

Prof. Peter Andres – Ohne Licht gäbe es uns ganz ohne Zweifel nicht. Und Licht ist nicht nur da, um gewisse Prozesse in uns ablaufen zu lassen, sondern ich brauche jeden Morgen einfach eine gewisse Lichtmenge, damit ich wach werde. Tageslicht ist durch nichts, aber auch durch gar nichts zu ersetzen.

Glaswelt – Lichtmangel kann uns also gesundheitlich schaden?

Prof. Andres – Ja, unser ganzes Körpersystem kommt durcheinander, wenn wir zu wenig Tageslicht abbekommen. Nicht selten treten Schlafstörungen, Vitamin-D-Mangel oder depressive Verstimmungen auf. Leider haben wir kein Schmerzempfinden für Lichtmangel. Und nicht jeder hat einen Arbeitsplatz direkt am Fenster. Dazu kommt, dass die Lichtqualität oft unter der Glasqualität des Fensters leidet. Das heißt, das Licht, das es in den Raum schafft, ist nicht mehr so natürlich, wie es sein sollte. Also versucht man, dieses Defizit mit künstlichem Licht aufzufangen. Es ist zwar hell genug, um zu arbeiten, aber ausreichend natürliches Licht gibt es dann trotzdem nicht.

Glaswelt – Geht es Ihnen als Lichtplaner immer darum, möglichst viel Tageslicht in den Raum zu holen?

Prof. Andres – Ganz genau. Möglichst natürliches Licht. Deswegen wollen wir als Lichtplaner – wir sind ja in der richtigen Reihenfolge Tages- und Kunstlichtplaner – nicht nur Reparaturtruppe sein, wenn irgendwo ein Architekt die Fenster falsch gesetzt oder vergessen hat, sondern wir wollen möglichst früh eingreifen. Natürlich braucht man Kunstlicht, aber nur so wenig wie möglich.

Sonnenlicht sorgt für Wohlfühlatmosphäre. Kann aber – je nach Jahreszeit – das Raumklima ganz schön aufheizen.

Foto: Finstral

Sonnenlicht sorgt für Wohlfühlatmosphäre. Kann aber – je nach Jahreszeit – das Raumklima ganz schön aufheizen.

Glaswelt – Gibt es eine Zahl oder einen Richtwert, der vorgibt, wie viel Tageslicht über den Tag verteilt einen Raum erreichen sollte?

Prof. Andres – Eine gewisse Menge Tageslicht misst man als Menge im Prozentsatz von der Außenhelligkeit, dem sogenannten Tageslicht-Quotienten. Es sind laut Empfehlung der DIN EN 17037 am Arbeitsplatz mindestens 2 Prozent von der jeweiligen Außenhelligkeit. Wenn wir Privatprojekte planen, schauen wir, dass wir in den Aufenthaltsräumen eher 5 bis 8 Prozent der jeweiligen Außenhelligkeit innen zur Verfügung haben.

Glaswelt – Sind eigentlich große Fensteröffnungen immer gut für die Lichtversorgung?

Prof. Andres – Es kommt auch auf die Lage in der Fassade an. Es kann sein, dass ein bis zum Boden gezogenes Fenster weniger Sinn macht als ein Fenster, dessen Oberkante hochgesetzt ist. Zudem haben diese großen Fenster einen hohen Energieeintrag, der mit einer entsprechenden Verglasung kompensiert werden muss, damit nicht so viel Energie hineingelangt. Das bedeutet aber auch, dass dann der Tageslichtquotient im Raum abnimmt.

Glaswelt – Die Art des Glases hat auch Auswirkungen darauf, wie viel Tageslicht in den Raum kommt?

Prof. Andres – Selbstverständlich. Bei qualitativ minderwertigen Dreifachverglasungen zum Beispiel gibt es einen Lichtverlust bis zu 30 Prozent. Da muss man gut aufpassen, dass man am Ende nicht in einem zwar gut isolierten, aber nicht ausreichend hellem Raum sitzt. In diesem Bereich gibt es aber mittlerweile gute Produkte, zum Beispiel Dreifachverglasungen, die fast den Lichttransmissionswert einer Zweifachverglasung erreichen. Damit erreicht man den optimalen Isolierwert und verliert so wenig Licht wie möglich.

Glaswelt – Gibt es, was die Verteilung von Fenstern angeht und was die Wirkung des Lichtes im Raum und die Raumwirkung verursacht Tipps, die man weitergeben kann?

Prof. Andres – Ja, dass man sie klug setzt. Wenn ich eine bestehende Fläche an Fenstern zur Verfügung habe, dann ist die Oberkante des Fensters wichtig. Ein Oberlicht kann bis zu dreimal so viel Licht nach innen bringen, wie das gleich große Seitenlicht. Geht es, wie bei Sanierungen darum, bestehende Fensterflächen optimal zu nutzen, dann wird also die Oberkante des Fensters interessant. Kann ich diese um 10 cm nach oben versetzen, bekomme ich überproportional mehr Licht in den Raum. Geht das nicht, sollte man darauf achten, schmale Rahmen und gutes Glas zu wählen, um durch die Sanierung möglichst ­wenig Licht zu verlieren.

Glaswelt – Auf was kommt es sonst noch an?

Prof. Andres – Man darf natürlich auch den Sonnenschutz nicht vergessen. Es nutzt alles nichts, bei 35 Grad fühlt sich keiner innen wohl. Dabei sind alle Systeme, die ich den verschiedenen Situationen anpassen kann von Vorteil.

Glaswelt – Vielen Dank für die Informationen, Herr Andres!

Bei qualitativ minderwertigen Dreifachverglasungen gibt es einen Lichtverlust von bis zu 30 Prozent.

Foto: Finstral

Bei qualitativ minderwertigen Dreifachverglasungen gibt es einen Lichtverlust von bis zu 30 Prozent.

WEr ist Prof. Peter Andres?

1986 gründete der Österreicher Prof. Peter Andres (*1956) das Lichtplanungsbüro in Hamburg, 2000 kam ein weiterer Standort in Tirol dazu. Seit 2006 lehrt er an der Peter Behrens School of Arts (PBSA) in Düsseldorf. Seit 2006 ist Prof. Andres Sprecher des Lichtbeirates der Freien und Hansestadt Hamburg und seit 2019 Mitglied der Freien Akademie der Künste in Hamburg.

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