Glaswelt – Herr Pless, Sie waren zum ersten Mal auf der LIGNA, wie hat Ihnen die Messe gefallen?
Kai Pless – Die Messe ist anders strukturiert als beispielsweise die BAU oder die FENSTERBAU. Auf der LIGNA sind die Fensterhersteller die Besucher, die dort auf ihre Zulieferer, Werkzeughersteller und Anlagenbauer treffen. Für uns als Verband ist die Messe ebenfalls Anlass, die Fensterhersteller zu treffen.
Wir wollen als Verband weiter wachsen, wir bauen deshalb unsere internen Strukturen weiter aus.
Thu-Ha Nguyen
GW – Der Verband hat mit Ihnen zum ersten Mal in seiner Geschichte einen hauptamtlichen Geschäftsführer, der allerdings die Tätigkeit in Teilzeit erledigen wird.
Pless – Das ist richtig und hat zwei Gründe: Einerseits habe ich selbst nach einer flexiblen Teilzeitstelle gesucht, andererseits möchte der Verband aus Kostengründen keinen Vollzeit-Geschäftsführer anstellen. Das hat also gut gepasst zwischen dem Verband und mir.
GW – Wie sind Sie denn auf den Verband gestoßen – Sie hatten in Ihrer Vergangenheit ja keine Berührungspunkte mit der Branche?
Pless – Ein ehemaliger Studienkollege von Stefan Appelhans, Geschäftsführer von Sorpetaler Fensterbau, und mir hat mich mit Eduard Appelhans und den Verband in Verbindung gebracht. Ich war auf der Suche nach einem neuen Job, der Verband auf der Suche nach einem neuen Mitarbeiter.
GW – Sie kommen nicht aus der Branche. Ist das gut oder schlecht für Ihre Position?
Pless – Beides. Ich möchte dem Verband Impulse geben, die ich als Brancheninsider nicht geben könnte. Auch möchte ich diese Mittlerfunktion ausfüllen zwischen Fensterbranche einerseits und Politik, Endkunden und anderen Verbänden andererseits. Auf der anderen Seite muss ich mir als Neuling in der Branche erstmal den Respekt verschaffen und Vertrauen aufbauen. Bisher bin ich sehr positiv aufgenommen worden, ich fühle mich sehr wohl in dieser mittelständisch geprägter Fensterwelt.
Für mich ist es eine wahnsinnig spannende Herausforderung, sehr abwechslungsreich und vielseitig. Ich freue mich auf die große Gestaltungsfreiheit dieser Position und weiß auch, dass eine gewisse Erwartungshaltung an meine Position geknüpft ist.
GW – Betrachten Sie Ihr Engagement für den Verband als eine zeitlich begrenzte Herausforderung oder freuen Sie sich auf eine längerfristig angelegte Herzensangelegenheit?
Pless – Die Arbeit im Verband ist für mich eine absolute Herzensangelegenheit. Das, was wir jetzt aufbauen, ist Teil eines Langzeitprojekts. Wir wollen die Handlungsfähigkeit und Wirksamkeit des Verbands nachhaltig steigern. Deshalb bauen wir unsere internen Strukturen weiter aus und denken dabei an ein Team mit spezialisierten Rollen – sei es für die Öffentlichkeitsarbeit oder der politischen Kommunikation oder anderen Schwerpunktthemen. Ich sehe mich dabei in meiner Funktion als Generalist, der die Professionalisierung des Verbandes weiter vorantreibt.
GW – Sie sagen, der Verband soll weiter wachsen – in welcher Größenordnung stellen Sie sich das vor?
Pless – Wir erheben den Anspruch, unsere Branche zu repräsentieren. Dafür ist natürlich der Organisationsgrad ausschlaggebend. Hier sehen wir noch Potenzial, weitere Mitglieder zu gewinnen und mit diesen in engeren Austausch zu treten. Aktuell besteht der Verband aus 161 Mitgliedern. Das Potenzial ist größer, der Verband hatte früher schon einmal mehr Mitglieder, da wollen wir wieder hinkommen. Das ist ein Teil meiner Aufgabe, aber auch die des Vorstandes und des Beirates und des gesamten Netzwerkes.
GW – Was sind Ihre persönlichen Schwerpunktthemen für Ihre Verbandsarbeit?
Pless – Wir haben uns bereits auf drei Themenfelder festgelegt: Das erste ist die Nachhaltigkeit, was mich übrigens persönlich auch sehr interessiert und bewegt. Hier wollen wir in Zukunft noch konkreter werden und auf Basis der wissenschaftlichen Studien und Erkenntnissen die Vorteile der Holz- und Holz-Alu-Fenster noch stärker herausarbeiten und in die politische Kommunikation gehen. In der Vergangenheit wurde sich oft zu sehr darauf ausgeruht zu sagen, dass die Verwendung von Holz per se schon nachhaltig ist. Das reicht nicht mehr.
Weiter wird uns die baukulturelle Bedeutung des Fensters beschäftigen. Hier suchen wir ganz gezielt die Ansprache mit den Planern und Architekten.
Der dritte Fokus ist das handwerkliche Arbeiten. Das kennzeichnet unsere Branche und wir wollen die Brücke schlagen zwischen den Akteuren. Wir wollen die handwerklichen Werte auch gegenüber Dritten vertreten und aufzeigen, dass es Wert ist, dieses Handwerk lebendig zu gestalten, vernünftige Rahmenbedingungen zu schaffen und zu pflegen. Dazu gehören auch solche Themen wie die Fachkräfteversorgung und die Nachfolgefrage bei familiengeführten Unternehmen.
GW – Werfen wir noch mal einen Blick auf die Nachhaltigkeit. Andere Werkstoffindustrien nutzen zwar weniger nachhaltige Grundstoffe, bieten aber Lösungen für die Kreislaufwirtschaft. Das macht bzw. kann die Holzbranche nicht. Fehlt den Anbietern hier ein Stück in der Argumentationskette?
Pless – Nein, Holz ist und bleibt der nachhaltigste Werkstoff im Fensterbau aus drei Gründen: Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, im Holzfenster bleibt CO2 langfristig gebunden und durch die thermische Verwertung am Lebensende lassen sich damit erneuerbare Energien erzeugen. Zudem kommen immer mehr Lösungen von Anbietern für Oberflächenbeschichtungen auf den Markt, die eine stoffliche Weiterverwendung von alten Holzfenstern möglich machen werden.
GW – Hat es der Verband und die Holzfensterbranche in der Vergangenheit versäumt, dieses Argument stärker in den Vordergrund zu stellen?
Pless – Ja, so ist das. Wir müssen beachten, dass sich die Kreislaufwirtschaft, in dem sich das Holz befindet, anders darstellt als beispielsweise bei PVC oder Alu. Hier sind wir gefordert, Ordnung in die Diskussion zu bringen. Außerdem sind Holzfenster sehr langlebige Produkte im Vergleich zu anderen Werkstoffen. Für Holz-Alu-Fenster gilt dies ganz besonders.
GW – Sind PVC- und Aluminiumfenster nicht genauso langlebig?
Pless – Beim Holzfenster haben wir viele Möglichkeiten für lebensverlängernde Maßnahmen. Außerdem lässt sich ein altes Holzfenster auch relativ einfach energetisch aufwerten.
GW – Wie sehen Sie die Zusammenarbeit mit anderen Branchenverbänden?
Pless – Grundsätzlich pflegen wir partnerschaftliche Beziehungen zu anderen Branchenverbänden – wie beispielsweise dem VFF. Wir nehmen uns zudem die Freiheiten heraus, die Interessen des Holzes noch stärker zu vertreten, wie es der VFF macht. Auch mit der RTG (Anm. d. Red.: Repräsentanz der Gebäudehülle) stehe ich im Austausch mit Tom Drinkuth. Natürlich haben wir aber auch hier eine unterschiedliche Schwerpunktsetzung. Mit der Verlegung unserer Geschäftsstelle in das Haus des Holzes in Berlin haben wir darüber hinaus unsere Verbindung zu diversen Verbänden aus der Holzwirtschaft gestärkt.
GW – Wie kommt der neue Markenauftritt des BPH bei den Mitgliedsunternehmen an?
Pless – Wir haben versucht, neuer, frischer, moderner aufzutreten, aber gleichzeitig auch die Kontinuität nicht außer Acht zu lassen. Das scheint gut anzukommen, ich habe bisher nur positive Stimmen gehört. Jetzt steht auch die neue Website des Verbandes, mit der wir eine noch positivere Ausstrahlung unseres Verband verbinden möchten.
GW – Stichwort Zukunftswerkstatt Holzfenster: Welche Zukunft wird hier angelegt? Wer kann mitmachen?
Pless – Die Zukunftswerkstatt ist eine Plattform für die jüngere Generation im Holzfensterbau, die sich aber ganz offen gestaltet. Sie orientiert sich an geschäftsführenden Gesellschafterinnen und Gesellschaftern, die gerade Verantwortung übernommen haben oder es bald tun werden. Es geht hier um den Austausch und das Vernetzen untereinander. Das gestalten wir durch regelmäßige Präsenztreffen in den Betrieben und auch durch virtuelle Meetings.
GW – Was kommt als nächstes? Welche Projekte beschäftigen Sie gerade?
Pless – Wir stecken schon jetzt tief drin in unserer Planung für unseren Holzfensterkongress nächstes Jahr im April in Essen.
GW – Vielen Dank für die Informationen und viel Erfolg für Ihre Aufgabe.
Das Gespräch führte Chefredakteur Daniel Mund.